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Die Jäger sind sensible Menschen

Die Fotografin Monique Coulin war im vergangenen Jahr hautnah bei der Jagd dabei. Im Safiental hat sie festgestellt, dass Jäger sensible Männer sind. Und dass die Jagd ein emotionales und anstrengendes Hobby ist.

Südostschweiz
01.09.17 - 18:09 Uhr
Leben & Freizeit

Für Monique Coulin ist nach Abschluss ihres Projekts klar: Jagen ist eine Beschäftigung, die viel Hingabe, Ausdauer und körperliche Anstrengung voraussetzt. Die Zürcher Fotografin hat im vergangenen Jahr Bündner Jäger im Safiental begleitet und ging dabei selbst auf die Pirsch – mit der Fotokamera. Wegen ihres persönlichen Bezugs zum Safiental habe sie Jäger angefragt, ob sie sie auf der Hochjagd für ein Fotoprojekt begleiten dürfe. Die entstandenen Fotos waren im Januar an der photo17 in Zürich ausgestellt. Demnächst kommt ein Bildband im Eigenverlag der Fotografin heraus.

Aller Anfang ist schwer

Es sei nicht einfach gewesen, Jäger von ihrem Projekt zu überzeugen, so Coulin. «Ich bin auf viel Misstrauen und Zurückhaltung gestossen. Die Jagd ist ein umstrittenes Thema in der Schweizer Bevölkerung». Ihr gelang es, das Vertrauen der Jäger zu gewinnen, indem sie betonte, dass sie das Projekt ‚neutral‘ und wertfrei angehen wolle. Sie selbst sah sich als unvoreingenommene Beobachterin. Darum wollte sie keine inszenierten Bilder schiessen, sondern authentische und stimmungsvolle Momente festhalten.

Insgesamt war Monique Coulin eine Woche mit den Jägern unterwegs. Sie habe sich dabei sehr diskret verhalten. So konnte sie jegliche Skepsis aus dem Weg räumen, denn zu Beginn empfanden die Jäger ihre Anwesenheit irritierend: «Ich musste aufpassen, dass ich das Wild nicht verscheuchte, denn allein das Klicken beim Auslösen der Kamera reichte aus, um die äusserst wachsamen Tiere in Alarmbereitschaft zu versetzen». Deshalb legte sie Wert auf eine klare Kommunikation wie nahe sie sich bei den Jägern befinden darf, wann sie fotografieren kann und wann sie es lassen soll: «Ich habe zum Beispiel dann aufs Fotografieren verzichtet, wenn ein Tier in der Nähe war oder wenn die Jäger am Zielen waren».

Grundsätzlich hält sie aber fest, dass sie sehr herzlich von den Jägern behandelt wurde. Mehrmals, nach Wanderungen in steilen und unwegsamen Gelände und stundenlangem Warten auf Beute, durfte sie sich zu ihnen an den Tisch setzen: «Die Jäger haben mich bewirtet und bekocht».

Die Hochjagd kostet viel Schweiss

Monique Coulin hat die Jäger nicht nur auf der Jagd fotografisch begleitet, sie dokumentierte ebenfalls die Nachsuche mit Schweisshund und seinem Führer, die Rolle des Jagdaufsehers sowie die Verarbeitung des Wildbretts in der Metzgerei. So hat sie einen umfassenden Eindruck von dieser Passion Jagd erhalten. «Ich habe festgestellt, dass vor allem die Hochjagd mit einer grossen körperlichen Anstrengung verbunden ist. Man muss deutlich fitter sein als bei der Niederjagd», sagte Coulin und spricht dabei die Bergung der Hirsche aus den steilen Bergtobel an. Sie war beeindruckt, wie viel Gewicht die Jäger auf ihren Schultern tragen und wie viel Kraft und Schweiss es kostet, ein Tier zu bergen. «Die Jäger waren sehr verschwitzt, das sieht man auf einigen Bildern».

Zudem hat Coulin festgestellt, dass die Jagd Teamarbeit ist. Sie sah enge Männerfreundschaften und tiefe Verbundenheit. Nicht nur das, die Jäger, die sie begleitet hat, seien sensible Menschen mit einem engen Bezug zum Tier. Sie erinnert sich an eine Situation, in der ein Jäger andächtig mit der Hand über das Fell eines erlegten Tiers streichelt.

All diese Eindrücke führen dazu, dass Monique Coulin in Bezug auf den Fleischkonsum die Meinung vertritt, dass die Jagd weitaus ökologischer und ethisch vertretbarer ist als die Massentierhaltung: «Wildfleisch ist biologisch und kommt nicht in Massen vor. Die Tiere leben in der freien Natur». Ausserdem ist das Essen des Fleisches nach der Jagd mit einem Erlebnis verbunden. Wenn die Jäger dann das selbst erlegte Fleisch essen, werden die Erinnerungen wach, das Jagderlebnis wirkt nach. «Und man isst bewusster.» Aus diesem Grund küren ein paar Wildrezepte von renommierten Köchinnen den Bildband.

 

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