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Nächste Hürde für Churer Spargeln

Churer Spargeln könnten diesen Frühling Mangelware sein: Familie Gisler kämpft gegen die Auswirkungen der Coronakrise und hofft auf Leute aus der Region.

Südostschweiz
22.03.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Gabriela Gisler
Gabriela Gisler in ihrem Spargelfeld in Chur.
PHILIPP BAER / Philipp Baer

Familie Gisler hat ein Problem. Die Spargelsaison naht und die Erntehelfer aus Polen können wegen der aktuellen Lage rund um das Coronavirus vielleicht nicht anreisen. 16 Saisonniers stechen normalerweise den Spargel auf den Feldern der Familie Gisler. Zehn Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche. «Das sind eine Menge Erntestunden, die wir abdecken müssen», sagt Gabriela Gisler. Sie hatte sich am Donnerstag in einem Facebook-Video an ihre Community gewandt. Das Coronavirus stelle den Betrieb vor grosse Herausforderungen, sagt sie dort. «Unsere einzige Hoffnung ist die Solidarität der Bevölkerung und die unserer Kundschaft. Wir brauchen dringend Unterstützung. Jede Hilfe ist willkommen.»

Am liebsten würde Gisler auf Leute aus der Region zurückgreifen. In der Vergangenheit war es für den Hof aber schwierig, lokales Personal zu finden. Die Arbeit ist anstrengend, die Entlöhnung auch alles andere als motivierend: 15 Franken pro Stunde zahlen die Gislers ihren Helfern, das ist der branchenübliche Mindestlohn. Mehr gehe aus marktwirtschaftlichen Gründen nicht.

In der Zwischenzeit hat Gabriela Gisler für ihre polnischen Arbeiter beim Kanton Gesuche für Arbeitsbewilligungen eingereicht. Denn mit gültigem Arbeitsvertrag ist die Einreise in die Schweiz weiterhin möglich. Das bestätigt auch der Bündner Bauernpräsident Thomas Roffler. Er spüre die grosse Verunsicherung der Bauern, sagt er. «Vor allem das Churer Rheintal ist für den Gemüsebau im Frühling und den Obst- und Weinbau im Herbst auf Erntehelfer angewiesen.»

Auch das Wetter spiele eine Rolle: Wird es jetzt schnell warm, steht die Ernte quasi schon vor der Tür und Erntehelfer sind gefragt. Kühlt es nochmals ab, rückt dieser Zeitpunkt nach hinten. Ein Spiel auf Zeit also, wenn es denn mit den Arbeitsgesuchen klappt. Wie wäre es alternativ mit Helfern aus anderen Branchen, aus der momentan krisengeschüttelten Gastronomie zum Beispiel? Das sei eine Möglichkeit, sagt Roffler. «Noch sind wir aber nicht im Kontakt mit anderen Branchen. Die Frage ist ja dann auch, wie das mit Kurzarbeit zu vereinbaren wäre. Das müssen Bund und Kantone anschauen.»

Für Gabriela Gisler ist klar: Findet sie nicht genügend Erntehelfer, kann sie nicht alle Felder bewirtschaften. Ältere Felder, deren Ertrag nicht mehr so hoch ist, will sie dann dieses Jahr einfach gar nicht stechen. Wenig Helfer, wenig Spargeln also. Und sowieso, sagt Gisler. «Wer kauft dann überhaupt noch? Wir wissen nicht, wie die Situation im Mai sein wird.» Denn die Pandemie treffe nicht nur die Ernte, sondern auch den Verkauf. Hier gehen die Gislers aber proaktiv vor: Ein Heimlieferservice aus dem Hofladen direkt zur Risikogruppe steht ist angedacht. Wenn denn die personellen Ressourcen reichen.

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