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Wenn Alkohol die Familie an ihre Grenzen bringt

Gelegentlich ein Feierabendbier oder ein Glas Wein zu geniessen, gilt für viele als gesellschaftliches Ritual und ist in Massen genossen wenig bedenklich. Doch wenn der Alkoholkonsum immer mehr Raum einnimmt und sich negativ auf die Lebensqualität auswirkt, empfiehlt es sich, den eigenen Konsum zu überdenken.

Leben & Freizeit
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25.05.20 - 16:23 Uhr

Schätzungsweise leben in der Schweiz rund 250'000 Personen mit einer Alkoholabhängigkeit. Das sind fast zweimal so viel wie die Stadt Bern Einwohner hat.

Gesellschaftliche Aspekte

Den meisten Betroffenen fällt es anfangs schwer ihre Suchterkrankung zu akzeptieren, Schuld- und Schamgefühle sind ein ständiger Begleiter. Gesellschaftlich erfahren sie häufig Unverständnis und Ausgrenzung, was die Tendenz Probleme zu verschweigen, noch verstärkt. Eine Alkoholabhängigkeit wirkt sich nicht nur auf die eigene Gesundheit aus, sondern bringt schwerwiegende soziale Konsequenzen mit sich. Besonders betroffen sind die eigenen Kinder. «Wenn die Mutter oder der Vater trinkt, dann entsteht oft grosses Leid», sagt die diplomierte Pflegefachfrau Natalie Just, die im PDGR-Suchtzentrum Danis der Klinik Beverin in Cazis arbeitet.

Das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt rücken

Sucht Schweiz geht davon aus, dass etwa 100'000 Kinder mit einem Elternteil leben, der von einem problematischen Konsum von Alkohol oder anderen Suchtmitteln betroffen ist. Vermutlich sind aber weitaus mehr Familien betroffen als angenommen. Kinder aus suchtbelasteten Familien leiden sehr unter der Situation. Die Liebe zu den Eltern ist trotz schwierigem Verhältnissen ungebrochen. Kinder zeigen sich loyal gegenüber ihren Angehörigen und verschweigen deshalb oftmals Probleme und Konflikte gegen aussen. Minderjährige sind abhängig von den Eltern. Sie erhalten meistens nur fachliche Unterstützung, wenn sich Eltern bereit dazu erklären oder externe Behörden involviert sind.

Lösungen finden

«Eltern», so Natalie Just, «möchten in der Regel das Beste für ihre Kinder. Aus gesundheitlichen Gründen ist es aber vielen Betroffenen nicht immer möglich alltäglichen Lebensaufgaben gerecht werden, was sich negativ auf die eigenen Kinder auswirken kann. Hilfe anzunehmen ist ein wichtiger Schritt in der Behandlung einer Abhängigkeitserkrankung. Angehörige sollten, wenn immer möglich, in den Behandlungsverlauf miteinbezogen werden. Man muss vor allem an die Kinder denken.» Es empfiehlt sich sehr, dass Eltern ihre Kinder frühzeitig über ihre Erkrankung aufklären; Fachpersonen können sie dabei unterstützen. 

Betroffene, die abhängig sind, aber auch ihre Angehörigen, erhalten Beratung und Unterstützung bei Fachstellen wie der Erwachsenenpsychiatrie der PDGR, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, dem Blauen Kreuz oder anderen (vgl. Box).

Das soziale Netz einbinden

Grosseltern und Verwandte, auch Freunde, Nachbarn, Kindergarten, Schule oder fachspezifische Betreuungsstätten können Familien, die wegen Abhängigkeitserkrankungen belastet sind, unterstützen.

Die Kindererziehung ist ein sensibles Thema. Häufig ist das nahestehende Umfeld unsicher, wenn es Auffälligkeiten in einer Familie oder bei Kindern beobachtet. Ratsam ist es, Probleme offen anzusprechen, was aber in der Realität eher selten geschieht. Die KESB bietet die Möglichkeit Fälle anonym zu schildern, um zusammen mit Fachpersonen mögliche Massnahmen abzuwägen. 

Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder aus alkoholbelasteten Familien ein bis zu sechsmal höheres Risiko haben, selbst in eine Abhängigkeit zu geraten oder andere psychische Erkrankungen zu entwickeln (Sucht Schweiz). «Auch deshalb ist es so wichtig, rechtzeitig Hilfe und Unterstützung zu holen. Kindern muss man erklären, dass sie nichts für die Situation können, nicht dafür verantwortlich sind, wenn Mutter oder Vater trinken», erklärt die Fachfrau.

Interview zur Alkoholsucht mit Rahul Gupta auf Radio RSO
Interview zur Alkoholsucht mit Rahul Gupta auf Radio RSO
Natalie Just, PDGR-Suchtzentrum Danis, Klinik Beverin
Natalie Just, PDGR-Suchtzentrum Danis, Klinik Beverin

PDGR ist Anlaufstelle

Die Psychiatrischen Dienste Graubünden PDGR bieten für alkoholerkrankte Menschen stationäre Betreuung im Suchtzentrum Danis der Klinik Beverin in Cazis an. Die PDGR arbeiten mit diversen Fachstellen zusammen. Familienangehörige von Alkoholerkrankten können sich direkt an die PDGR wenden oder an folgende Institutionen:

Blaues Kreuz Graubünden: www.blaueskreuz.gr.ch
Gesundheitsamt Graubünden:
www.bischfit/alkohol
Sucht Schweiz: www.suchtschweiz.ch
Pro Juventute: www.projuventute.ch und www.147.ch
Netzwerkangehörigenarbeit Psychiatrie Schweiz: www.angehoerige.ch und www.kinderseele.ch
Elternnotruf: www.elternnotruf.ch

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