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Verlängerte Aufenthaltsbewilligung für ein Opfer häuslicher Gewalt

Das Verwaltungsgericht Glarus verlängert die Aufenthaltsbewilligung einer Frau, die als Familiennachzug in die Schweiz kam und sich nach weniger als drei Jahren von ihrem Mann trennte. Sie habe unter der Gewalt ihres Mannes gelitten, hält das Gericht fest.

08.08.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Bis zu sichtbaren Blessuren geschlagen: Die Klägerin sagt, sie habe unter häuslicher Gewalt gelitten. Bild: Symbolbild: Keystone
Bis zu sichtbaren Blessuren geschlagen: Die Klägerin sagt, sie habe unter häuslicher Gewalt gelitten. Bild: Symbolbild: Keystone

Amalia* und David P.* heirateten im Sommer 2015. Er besass den Schweizer Pass, sie nicht. Im Rahmen des Familiennachzugverfahrens reiste Amalia P. im Winter 2015 in die Schweiz.

Damals bekam sie eine Aufenthaltsbewilligung für zwei Jahre, welche nochmals um ein Jahr verlängert wurde. Amalia P. arbeitete, wohnte mit ihrem Ehemann zusammen – alles in Ordnung und normal soweit. Auf den ersten Blick. Denn innerhalb ihrer vier Wände hat David P. seiner Ehefrau Gewalt zugefügt, sagt Amalia P. aus.

Onkel schreitet ein

Im Frühling 2018 erstattete der Onkel von Amalia P. bei der Kantonspolizei eine Meldung, wonach David P. gewalttätig gegen dessen Frau geworden sei. Einen Tag nach dieser Meldung begab sich Amalia P. mit Verletzungen ins Spital und wurde ärztlich untersucht. Die Polizei griff ein und stellte unter anderem einen Schlagring bei David P. sicher. Amalia P. erstattete Anzeige gegen ihren Ehemann. Daraufhin wies die Polizei David P. von der gemeinsamen Wohnung weg. Der Kantonsgerichtspräsident berechtigte die beiden kurz darauf zum Getrenntleben und erklärte sie offiziell für getrennt.

Verlängerungsregelung

Grundsätzlich haben ausländische Ehegatten das Recht auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, auch nach der Auflösung der Ehe. Voraussetzung: Die Ehe bestand für mindestens drei Jahre und Integrationskriterien sind erfüllt. Alternativ können «wichtige persönliche Gründe» geltend gemacht werden, so steht es im Ausländer- und Integrationsgesetz. Zu diesen persönlichen Gründen zählt, wenn ein Ehepartner Opfer ehelicher Gewalt geworden ist. Damit würde man als sogenannter Härtefall behandelt.

Verlängerung nicht gewährt

Im Herbst 2018 bemühte sich Amalia P. – weniger als drei Jahre verheiratet, aber nach Eigenaussagen Opfer von häuslicher Gewalt – um die Verlängerung ihrer auslaufenden Aufenthaltsbewilligung. Dieses Gesuch wurde von der kantonalen Abteilung für Migration abgewiesen, denn Amalia P. habe ihr angeblich erlittenes Martyrium nie glaubhaft schildern können. Ihre Aussagen seien widersprüchlich.

Amalia P. legte gegen diesen Bescheid eine Beschwerde beim Departement für Sicherheit und Justiz (DSJ) ein. Das DSJ lehnte die Beschwerde von Amalia P., wie zuvor die Abteilung für Migration, im Herbst 2019 ab.

Amalia P. legte erneut Beschwerde ein und gelangte an das kantonale Verwaltungsgericht. Das DSJ sowie die kantonale Abteilung für Migration beantragten beide beim Verwaltungsgericht, nicht auf die Beschwerde von Amalia P. einzutreten.

Amalia P. macht geltend, sie habe durch ihren Mann systematisch physische und psychische Gewalt erfahren und sei an der Integration durch ihn aktiv gehindert worden. Dies gab sie bei ihrer Anhörung vor dem Glarner Verwaltungsgericht im Frühling dieses Jahres an.

Hätte sie keine häusliche Gewalt erfahren, würde sie nach wie vor mit ihrem Mann zusammenleben und hätte nun dank der über drei Jahren Ehe Anspruch auf eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.

Verlängerung wurde nun bewilligt

Das Glarner Verwaltungsgericht glaubt nun den Aussagen von Amalia P. Es sei glaubhaft, dass gegen die Frau mehrfach Gewalt angewendet worden sei. Widersprüche in den Aussagen von Amalia P. könnten darauf zurückgeführt werden, dass Amalia P. emotional stark aufgewühlt gewesen sei. Ihre eigenen und auch die stimmigen Aussagen von ihrer Chefin und ihrer Nachbarin seien zu Unrecht als unglaubhaft eingestuft worden.

Zudem habe sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut in der Schweiz integriert. Es dürfe nicht erwartetet werden, «dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt», steht im Urteil. Das Gericht kommt zum Schluss, die Aufenthaltsbewilligung von Amalia P. müsse verlängert werden.

Da es sich beim Fall von Amalia P. um einen sogenannten Härtefall handelt, liegt es noch am Staatssekretariat für Migration, die Aufenthaltsverlängerung von einem Jahr für Amalia P. zu überprüfen und zu bestätigen.

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