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Von Männern dominiert

24.05.18 - 17:07 Uhr
MARCO HARTMANN
MARCO HARTMANN

Im Blog «Anpfiff» berichten Journalistinnen und Journalisten jede zweite Woche aus der Südostschweiz-Sportredaktion.

Obwohl unsere Bevölkerung zu über 
50 Prozent weiblich ist, kommen Frauen in nur rund 20 Prozent der Nachrichten in den Medien vor. Dies schreibt die Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann Graubünden. Nach fünf Monaten auf der Sportredaktion von Somedia beziehungsweise von TV Südostschweiz fällt auf: Auch der Sport wird von Männern dominiert. In der täglichen Nachrichtensendung «Südostschweiz Informiert» beispielsweise flimmern im Sportteil rund doppelt so viele männliche wie weibliche Athleten über den Bildschirm. In der Zeitung zeigt sich dieses Bild noch deutlicher: Im letzten Monat liessen sich im Sportteil der «Südostschweiz» rund dreimal so viele Männer- wie Frauenköpfe zählen. 

Genauso wie in den Medien sind Frauen aber auch an diversen Sportanlässen und dazugehörigen Veranstaltungen in der Region zum Teil krass in der Unterzahl. So erlebt etwa an der Pressekonferenz zum kantonalen Schützenfest in der Surselva von vergangener Woche: Um die auf dem Tisch liegenden Gipfeli, Programmhefte und Medienmitteilungen herum sass (ausser der Redaktorin vom TVSO) keine einzige Frau. Nicht auf der Funktionären- beziehungsweise Organisatorenseite, aber auch nicht auf derjenigen der Journalisten.

Dass Sportjournalistinnen in diesem Business auch heutzutage (noch) nicht annähernd in Überzahl sind, zeigt sich nur schon auf der Redaktion von Somedia: Von insgesamt neun Sportverantwortlichen (Zeitung, Radio, TV und Online) sind gerade mal zwei Frauen.

Wieso dominieren Männer die Sportwelt in diesem Ausmass – sowohl als Sportler, als auch als Funktionäre und Journalisten? «Die ‚guten‘ Sportler sind halt Männer», bekam ich kürzlich als Antwort. Ja, ich weiss, Dario Cologna, Nevin Galmarini und Nino Schurter heissen die Stars beispielsweise in Graubünden. Doch wo sind die Frauen? Gibt es keine «guten» Sportlerinnen? Schliesslich werden an Olympischen Spielen fast gleich viele Medaillensätze an Frauen wie an Männer vergeben. Fast. Ausser im Skispringen: Da können Männer in drei verschiedenen Disziplinen Medaillen gewinnen (Normalschanze, Grossschanze, Team), eine Frau hingegen gerade mal in einer. Und in der Nordischen Kombination sind Frauen gar ganz vom Wettkampf ausgeschlossen. Das soll sich in absehbarer Zeit aber ebenfalls ändern, denn das Internationale Olympische Komitee übt in dieser Hinsicht bereits sanften Druck aus: Eine Sportart, die sich nicht für Frauen öffnet, fliegt raus.

Abgesehen vom Skispringen und der Nordischen Kombination gibt es gleich viele olympia- und auch nicht olympiamedaillen-gekrönte Frauen wie Männer. Wieso sind denn Laurien van der Graaff, Selina Gasparin oder auch die Unihockeyanerinnen von 
Piranha Chur weniger Stars als Cologna und Co.? 

Das Problem sind wohl wir selber, die Medien. Berichten wir nur über männliche Athleten, vermitteln wir der «Welt da draussen» ein falsches Bild – nämlich dass die Sportwelt von Männern dominiert wird. Und dem ist nicht so. Nehmen wir uns an der eigenen Nase, um den Frauen im Sport die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen.

Véronique Ruppenthal ist Sportredaktorin bei TV Südostschweiz.

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