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All die Ersten Male

Oliver
Fischer
19.07.19 - 04:30 Uhr

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Mit der Geburt eines Kindes beginnt für die Familie die Zeit der ersten Male. Der schönen und der eher – man verzeihe mir die Wortwahl, aber es ist buchstäblich so – verschissenen.

Wobei, eigentlich beginnt sie ja schon in der Schwangerschaft. An eines der ersten ersten Male, das ich mit dem Kind erleben durfte und an das ich mich ins kleinste Detail erinnern kann, geschah im Dezember 2014, mitten in der Nacht.

Ich hatte einen Spätdienst gearbeitet und kam nach Mitternacht nach Hause und ins Bett. Meine Frau schlief tief und fest und wie ich es mir in jener Zeit angewöhnt hatte, legte ich meine Hand unter der Decke auf ihren Bauch zum Einschlafen. Und da, nachdem sie eine Weile da gelegen hat, drückte es plötzlich deutlich spürbar dagegen. Kein Treten oder eine beliebige Bewegung, sondern ein konstanter Druck, genau in meine Handfläche. Das erste High-Five mit meinem Kind.

Diese allererste gezielte Reaktion auf mein Da-Sein ist ein Moment, eine Erinnerung, die mich jedes Mal, wenn ich daran denke, unglaublich rührt. Es war nicht das erste Mal, dass ich das Kind im Bauch spürte, aber wohl das erste Mal, dass es mich wahrnahm. Es war ein unglaublich intimer Moment zwischen uns, den ich aber letztlich ganz für mich allein habe. Und auch das macht dieses erste Mal so besonders, dass ich diese Erinnerung mit niemandem teilen muss, denn meine Frau hat davon, tief schlafend, nichts mitbekommen.

Nach der Geburt häuften sich die ersten Male dann natürlich in hoher Frequenz:

  • das erste Mal weinend nicht einschlafen wollen (nicht schön),
  • das erste Mal während des Wickelns vollgekackt werden (NICHT SCHÖN)
  • das erste echte, laute Lachen (wunderschön; ich muss heute immer noch lachen, wenn ich daran denke. Davon gibt’s zum Glück ein Foto),
  • das erste Mal Brei essen (Tipp: in der Badewanne machen; und nackt; also das Kind),
  • das erste Mal impfen (überraschend locker weggesteckt),
  • das erste Mal sich an etwas hochziehen und stehen (oh dieser Stolz, aber oh diese Fussstellung),
  • das erste Wort (weiss ich beim besten Willen nicht mehr),
  • die ersten wackligen Schritte (zum Schreien),
  • der erste Sturz (vom Kinderwagen runter)
  • die daraus folgende erste Beule (an der Stirn, wir hatten danach einen kleinen Preisboxer zuhause).

Neben diesen wichtigen, lebensverändernden (zumindest fürs Kind) ersten Malen gab es natürlich täglich auch ganz viele kleine, unscheinbare, die wir alle kaum als solche wahrgenommen haben. Das Schöne ist, dass es gar nicht immer ein spezielles erstes Mal sein muss, das einem als besonders in Erinnerung bleibt.

So wie dieses Kürzliche, das ich aber ganz sicher immer im Herzen tragen werde, als das Kind zum ersten Mal im Zirkus war. Wir hatten letzten Monat ein Zirkus-Buch aus der Bibliothek zu Hause und das Kind war fasziniert von Artisten, Clowns und Tieren. Als es zusammen mit Mama dann bald darauf in der Badi war und auf dem Heimweg gesehen hat, wie auf der Oberen Au ein Zirkuszelt aufgebaut wurde, brannte sein Wunsch, in den Zirkus zu gehen, heiss. Nie werde ich die spontane und ehrliche kindliche Begeisterung vergessen, mit der das Kind mir am Abend um den Hals gefallen ist, als ich verkündete, dass wir die Zirkus-Billete bereits gekauft haben.

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