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Das war gestern

Hans Peter
Danuser
17.12.19 - 04:30 Uhr
PRESSEBILD
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Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Ein volles Jahr neigt sich dem Ende zu. Für mich war es ein gutes Jahr, auch wenn Ende November ein übler Aussetzer dafür sorgte, auch im Advent auf dem Boden zu bleiben.

Nachdem ich etwa zehn Jahre brauchte, um den beruflichen Druck und Rhythmus eines gereiften Kurdirektors zu brechen und ein etwas betulicheres Leben zu führen, beschränkt sich mein Geschäftsleben heute auf zwei bis drei Einsatzperioden pro Monat.

Steht ein wichtiger Termin in der Agenda, gruppiere ich weitere solche zeitlich und räumlich dazu, wie das jeder vernünftige Mensch macht. So auch Ende November. Fixtermin war der letzte Freitag des Monats, an dem sich die 60+ Senioren der HSG Alumni/Ehemaligen seit sechs Jahren in Zürich treffen.

Zusammen mit Studienkollegen aus den frühen Siebziger Jahren hatten wir das Senior Chapter seinerzeit gegründet und ein jährliches Treffen jeweils am letzten Freitag im November oder dem ersten im Dezember festgelegt.

Entsprechend voll war heuer meine Agenda für den Tag zuvor, den Donnerstag: Sitzungsleitung in Chur, Essen in Pfäffikon, Besuch im dortigen Tertianum, Treffen mit dem ägyptischen Investor Samih Sawiris und den Schweizer Reise-Journalisten am neuen Hauptsitz von Schweiz Tourismus in Zürich.... Abends war ich richtig platt und freute mich auf das bevorstehende Freitagstreffen mit Studienkollegen, zu dem ich gar nichts beitragen musste.

Mit dem Zweiertram fuhr ich am folgenden Morgen dann quer durch Zürich und rollte mein Köfferchen im strömenden Regen auf der Fröhlichstraße Richtung See hinunter. Punkt 9 Uhr stand ich vor dem 'Lakeside' und freute mich auf meine damaligen OK-Kollegen, Max Becker, den Moderator, Kaffee und Gipfeli.

Nur - alles war geschlossen, kein einziger Wagen auf dem Parkplatz, nichts als nasses Laub und tropfende Bäume. Irritiert rollte ich den Koffer ums Haus herum und traf im Logistikbereich einen Koch, der vor seiner Küche eine Rauchpause genoss. "Findet hier heute nicht das HSG-Treffen statt?" Er schaut mich wie einen Außerirdischen an, überlegt kurz und teilt mir abgeklärt mit: "Das war gestern."

Ich war so baff, dass ich laut herauslachte und meine Einladung hervorklaubte. Tatsächlich: Hier stand klar Donnerstag und das korrekte Datum, das ich als ausgeprägtes Gewohnheitstier nie überprüft hatte, da wir ja vor Jahren einmal den Freitag bestimmt hatten. Klar mea culpa - befreites Lachen und ein geschenkter Tag! Wo früher in solchen Situationen eine Herzbaracke drohte, macht man heute auch hier einfach das Beste draus. Glücklich ist, wer vergisst, was eh nicht zu ändern ist...

In Tiefenbrunnen nehme ich die nächste S-Bahn, rufe Max an und erkläre ihm meine unentschuldigte No show. Und wieder haben wir was zu lachen: 

1973 machten wir zusammen das Lizenziat in St.Gallen und wohnten beide im katholischen Studentenhaus an der Zwinglistraße. Heute gehen wir auf den 73. Geburtstag zu. Dazwischen liegen fast 50 Jahre Management-Erfahrung - und dann passiert so was. Wie lautete der Slogan der legendären  PANAM, als sie Bankrott ging? " You can't beat the experience" / Nichts schlägt die Erfahrung.

Der Koch hatte auch im weiteren Sinne recht: Das alles war gestern. Das trifft bald auch für diesen Blog zu. Spätestens im September 2020 ist Schluss. Zehn Jahre bloggen sind genug. Und wie relativ der Begriff Management seit jeher gewesen ist, zeigt eine kleine Holztafel bei uns im Keller am Comer See , die mir vor 50 Jahren der weise Roy Danuser in Amerika mit auf den Weg gegeben hatte:

«The opinions expressed by the husband in this house are not necessarily those of the management.»

Zu deutsch: «Die Meinungen, die der Ehegatte in diesem Haus äussert, decken sich nicht unbedingt mit jenen der Betriebsleitung/Chefin.»

«Ok, boomer!», kann ich da nur sagen – alles halb so schlimm.

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