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Die Frage, die mich ein halbes Jahr Sex kostete

Single
Bock
16.07.18 - 04:30 Uhr
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Bau ein Haus, pflanz einen Baum, mach ein Kind – dass dieser Lebensentwurf nicht zwangsläufig auf jeden Menschen zugeschnitten ist, beweisen die anonymen Liebesbriefe ans wunderschöne, elende Single-Leben. Ein Hoch auf Selbstgespräche, Dosen-Ravioli und Liebeleien.

Gleich vorweg: Folgender Text könnte Euer Sexualverhalten – sprich das Bewusstsein über das, was Ihr im Bett tut und lasst – nachhaltig verändern. Falls Ihr also davon überzeugt seid, der Stecher vom Dienst respektive die Liebesgöttin der Stadt zu sein und diesem Gefühl ungetrübt weiterhin geniessen möchtet, würde ich Euch davon abraten jetzt weiterzulesen. Solltet Ihr aber damit klarkommen, in den nächsten Minuten mit einer Frage konfrontiert zu werden, die interessant, verstörend und irgendwie unglaublich falsch ist, dann gebührt Euch mein Respekt und ihr habt wirklich eine grosse Portion Eier(stöcke)!

Singles (aber natürlich auch Liebespaare) kennen die Situation nur zu gut. Man ist gemeinsam im Bett zugange oder begehrt sich alternativ auf dem Sofa, im Auto, einer Umkleide oder irgendwo im Wald. Erotik liegt in der Luft, alles um einen herum scheint zu verschwimmen und man geniesst den Moment, als wäre es der letzte, den man hat. Man kennt sich und seine Vorlieben – bestenfalls natürlich auch die des Gegenübers und kann sich somit voll und ganz aufeinander einlassen. Und dann geschieht etwas Unwiderrufliches.

Liebe Leserin, lieber Leser, das ist übrigens die LETZTE CHANCE, mit dem Lesen aufzuhören und eigene Welt so zu belassen, wie sie ist! Einfach, damit ich Euch nochmal gewarnt habe.

Nach einem langen Kuss auf die weichen Lippen seines Gegenübers macht man(n) sich auf den Weg, um ein Stockwerk weiter unten weiterzumachen. Ihre zarten Hände krallen sich in Deinen Hinterkopf, ziehen Deinen Kopf näher an ihren Schoss, sie atmet schneller und tiefer und flüstert Worte, die an Dir vorbeiziehen, weil Du selbst es gerade unglaublich geniesst und alles um Dich herum vergisst. Und dann, gerade als sich ihre Lust dem Gipfel nähert, schiesst Dir aus dem Nichts folgende Frage durch den Kopf: Sind sexuelle Skills vererbbar? Habe ich gewisse Fertigkeiten von meinem Vater? Und wenn das so ist, dann hat sie… JÄS - SES - MA - RIA !!!

Diese Frage ist falscher als falsch und hat sich im Bruchteil einer Sekunde in mein Bewusstsein eingebrannt. Und plötzlich schmerzt mein Hinterkopf wegen ihrer Fingernägel, die sich ihren Weg in meine Kopfhaut gegraben haben. Plötzlich merke ich, dass ich mir jetzt verdammt nochmal nichts anmerken lassen darf. Plötzlich ist die Welt eine völlig andere.

Ja, genau das ist mir passiert. Und ich habe mich, meinen Vater, ihre Mutter (die ich nicht mal kannte) und die ganze Welt gehasst – und zwar abgrundtief. Wieso schenkte uns die Evolution nur ein Hirn, welches sich ungefragt mit Fragen meldet, für die der passende Moment nie erfunden wurde? Und wieso schiesst genau mir, jungem Mann, der die traute Zweisamkeit liebt, so ein Gedanke durch den Kopf und blockiert mich danach etwa ein halbes Jahr lang in Sachen Sex? 

Hat mir mein Hirn einfach einen Streich gespielt oder war es gar die Natur, die sich nur kurz melden wollte, um mir klarzumachen, dass ich besser nie Kinder in die Welt setzen sollte? Falls dem so ist, werde ich gerne einen Leserbrief an Mutter Natur verfassen – mit einer nicht abschliessenden Liste von Namen, die so ein «Erlebnis» wirklich verdient hätten…

In diesem Sinn bleibt mir Euch nur noch eines zu sagen: Sich auf seinen Stammbaum zu besinnen, ist oftmals äusserst bereichernd – kann sich in gewissen Situationen aber nachhaltig auf den Baumstamm auswirken, wenn Ihr wisst was ich meine…

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