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«Mach as Poppi»

Single
Böckin
04.09.19 - 16:30 Uhr
PIXABAY
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Bau ein Haus, pflanz einen Baum, mach ein Kind – dass dieser Lebensentwurf nicht zwangsläufig auf jeden Menschen zugeschnitten ist, beweisen die anonymen Liebesbriefe ans wunderschöne, elende Single-Leben. Ein Hoch auf Selbstgespräche, Dosen-Ravioli und Liebeleien.

Heute machen wir einen kurzen Abstecher in die Vergangenheit. In die Vergangenheit meiner Eltern. Ihre Generation hatte meist zwischen 18 und 25 Jahren die Nachwuchsplanung abgeschlossen. Sie befasste sich dabei weder mit dem Einfrieren von Eizellen, geschweige denn mit der Lagerung von Eierstockgewebe, um die Wechseljahre hinauszuzögern. Ja, daran arbeiten aktuell Forscher, wie eine «Sonntagszeitung» erst am vergangenen Wochenende berichtete. Nein, unsere Mütter und Väter wuchsen wohl mehrheitlich im Glauben auf, dass das mit dem Nachwuchs schon klappt und der Vermutung, dass die Eierstöcke ab Mitte dreissig wie die Sahara aussehen würden – mehrheitlich ausgetrocknet und nur noch mässig fruchtbar.

Rund 30 Jahre später sieht die Welt jedoch anders aus. Mit anfangs Zwanzig wurde studiert, seit dem 25. Lebensjahr wird in die Karriere investiert und seit dem 30. Geburtstag schaut man sich um und merkt: Ich bin Single, kann mir (fast) alles leisten und vom Windeln wechseln bin ich noch weiter entfernt, als Tesla-Chef Elon Musk vom Mars. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, aber es bedarf wohl noch mehr als ein paar Monaten Entwicklung.

Für die betroffene Single-Frau ist dieser Ausblick kein Problem – anders jedoch für die Familie. Insbesondere für Mutter und Grossmutter. Rund ein Jahr vor dem 30. Geburtstag fing bei der Grossmutter – selbst zweifache Mutter – die ständige Frage nach einem potentiellen Freund der Enkeltochter an. Seit der 30. Geburtstag Geschichte ist, wird mal mehr, mal weniger dezent darauf hingewiesen, dass man sich ins Zeug legen müsse, wenn man noch Kinder bekommen möchte. Autsch!

Ich habe nachgeschaut: Meine Gebärmutter scheint immer noch im Saft zu sein! Mein Frauenarzt hat bisher noch keine Sorgenfalten bekommen und Hitzewallungen bekomme ich nur bei 35 Grad im Schatten. Meine biologische Uhr tickt noch nicht. Anders tickt die Uhr jedoch bei meiner Mutter. Eine Frau kurz vor der Sechzig, berufstätig, liebt ihre Kinder über alles und drängt langsam auf ihre Altersvorsorge. Anders kann ich mir ihre kürzlich erhaltene Whatsapp-Meldung nicht erklären.

Ich, knapp über dreissig, verliebt in alle Kinder meiner Freunde, schickte ihr gedankenlos ein Foto mit einem Baby im Arm. Ihre Reaktion: «Suach dr an liaba Maa und mach as Poppi. As stoht dr so guat.» Ähm, ja. Wie genau, und wieso jetzt? Ich musste zwar herzhaft lachen und doch muss ich ihr jetzt etwas sagen.

Liebe Mama, auch wenn ich in Deinen Augen die schönste und klügste Tochter der Welt bin: Einen Mann zu finden und mich schwängern zu lassen, ist nicht ganz so einfach, wie einen Laptop für dich aufzusetzen oder dein neues Smartphone einzurichten. Aber sollte ich diesen einmal finden, und tatsächlich den Wunsch nach einem Kind verspüren, dann bist du die Erste, der ich sagen werde: «Mumma, i han a netta Maa kennaglernt und jetzt gits a Poppi.»

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