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Das Förderprogramm für die Generation der Zahler

Andrea
Masüger
21.09.19 - 04:30 Uhr
OLIVIA AEBLI-ITEM

In seiner Kolumne «Masüger sagts» widmet sich Andrea Masüger aktuellen Themen, welche die Schweiz und die Welt bewegen (oder bewegen sollten). Der heutige Publizist arbeitete über 40 Jahre bei Somedia, zuerst als Journalist, dann als Chefredaktor, Publizistischer Direktor und zuletzt als CEO.

Letzte Woche hat der Nationalrat einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub beschlossen. Künftig sollen Väter bei der Geburt ihrer Kinder statt eines lausigen Freitages wie heute neu zwei Wochen Ferien beziehen können. Diese Regelung ist aber bloss der kleinste gemeinsame Nenner, das Thema ist noch lange nicht abgehakt: Im Raum steht eine sogenannte Elternzeit, die verschiedenste Kreise von der SP bis zu den Grünen fordern. Diese soll je nach Modell für Vater und Mutter 14 oder 15 Wochen dauern, eine Initiative im Kanton Zürich verlangt gar zwei Mal 18 Wochen pro Elternteil. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Bloss ein paar Tage später hat der Ständerat höhere Kinderabzüge bei der Bundessteuer mit nur einer Stimme Differenz ganz knapp abgelehnt. Das Thema wird in der grossen Kammer aber wieder auf den Tisch kommen und dort Erfolg haben. Der Nationalrat hat sich nämlich in der Vergangenheit schon zweimal dafür ausgesprochen, dass die Abzüge von heute 6500 Franken pro Kind auf 10 000 Franken steigen.

Es ist eine Plattitüde, dass in Zeiten des Wahlkampfes gerne Geld verteilt wird. In Italien beispielsweise haben die Rechten vor nicht allzulanger Zeit mit dem Versprechen eines Bürgergeldes, das einer Art bedingungslosem Grundeinkommen gleichkommt, die Wahlen gewonnen. Doch die neue Mitte-links-Regierung wird dieses wieder abschaffen oder stark modifizieren müssen, weil es schlicht unbezahlbar ist. Auch die Schweizer Elternurlaubspläne könnten die Staatskasse in der Extremvariante vier Milliarden Franken pro Jahr kosten. In den letzten Jahren brachten hierzulande massive Steuersenkungen für Familien bei Bund und Kantonen bereits Finanzausfälle in Milliardenhöhe. Und ein Ende der Forderungen ist noch nicht abzusehen.

Familienpolitiker jubeln jetzt natürlich: Noch nie war es so günstig, Kinder zu bekommen und aufzuziehen. Der gegenwärtige Wahlkampf erweist sich als Füllhorn und Verteilmaschine.

Doch bei Lichte betrachtet nützt dieser Geldsegen bloss der gegenwärtigen Elterngeneration. Sie wird massiv entlastet und bevorzugt, doch genau jene, die man in den nächsten Jahren mit allen Segnungen versehen in die Wiege legt, werden in einigen Jahrzehnten die Gelackmeierten sein! Denn jene Generationen, die jetzt dank bester Rahmenbedingungen herangezüchtet werden, müssen dereinst die Zeche der Altvorderen bezahlen.

Die marode AHV soll nach den vorliegenden Plänen vor allem durch Mehreinnahmen saniert werden. Dadurch werden die gegenwärtigen Rentner entlastet, aber die künftigen ebenso stark belastet. Dasselbe bei den Pensionskassen: Die berufliche Vorsorge steckt in Schwierigkeiten, und man will diese lösen, indem man die Prämien erhöht und zusätzliche Lohnprozente einführt. Auch da: Zur Kasse kommen vor allem die Jungen. Und sie müssen irgendwann auch den Papi-Urlaub ihrer Väter bezahlen, wahrscheinlich via Steuererhöhungen. Doch die Parteien kümmerts nicht, weil ein Zweijähriger noch nicht wählen kann und an der Urne die über 50-Jährigen den Ton angeben.

Und doch gäbe es eine einfache Lösung: Eine Erhöhung des Rentenalters nicht nur für die Frauen (wie geplant), sondern auch für die Männer würde die gesamte Altersvorsorge entlasten. Das sehen die Politiker durchaus ein: Gemäss einer Umfrage von Economiesuisse bei Kandidierenden für die nationalen Wahlen stösst ein höheres Rentenalter für beide Geschlechter bei den bürgerlichen Parteien auf eine Zustimmung von 64 bis 96 Prozent.

Man müsste also meinen, dafür wäre in einem künftigen Parlament locker eine Mehrheit zu erzielen. Doch man vermeidet im gegenwärtigen Wahlkampf das Thema wie der Teufel das Weihwasser. Lieber redet man darüber, wie man die Erzeugung jener fördert, die später die Suppe auszulöffeln haben.

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