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Testtouris

Christian
Ruch
13.06.20 - 04:30 Uhr
© Rhätische Bahn, Peter Fuchs
© Rhätische Bahn, Peter Fuchs

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Nun soll also der Tourismus wieder in Gang kommen. Doch ich fürchte, das dauert. Im Moment sind noch nicht einmal die Rentnerreisli zu sehen. Die Ausflüge also jener Damen und Herren, die sogar dann noch frohgemut unterwegs waren, als unsereins schon downgelockt in Quarantäne sass. Ehrlich gesagt vermisse ich sie! Niemand mehr im Zug, der lautstark jedes neue Bauwerk entlang der Strecke kommentiert (die Herren) oder sich fachmedizinisch kompetent über die anstehenden Operationen unpässlicher Abwesender auslässt (die Damen).

Doch Tourismus ist natürlich weitaus mehr als Rentnerreisli. Und es stellt sich die Frage, ob das alles pandemiegerecht funktioniert. Auf Malle, einer deutschen Insel im Mittelmeer, von der einige Spanier irrtümlicherweise annehmen, sie gehöre ihnen, sollen jetzt mehrere tausend deutsche Testtouristen gucken, wie das so läuft. So eine Aktion braucht Graubünden auch, und zwar dringend! Nehmen Sie zum Beispiel die Sperrgutabfuhr im Rheinwald: Da wird, wie ich unlängst erfuhr, einmal im Jahr eine Mulde aufgestellt und schon eilt das ganze Dorf herbei, um seinen Krempel loszuwerden, dies in der Angst, die Mulde könnte schnell voll sein. Ein schöner alter Brauch und Riesenspass für Gross und Klein, der auch unsere Gäste begeistert. Was am Inn der Chalandamarz, ist am Hinterrhein die Sperrgutabfuhr. Nur: Beachten die Einheimischen dabei den Sicherheitsabstand? Desinfizieren sie sich und das Sperrgut? Und wenn die Gäste auch mal was in die Mulde werfen möchten – weicht man dann respektvoll zurück, um die berühmten zwei Meter zu wahren? Graubünden Ferien hat darauf keine Antwort, und das ist grob fahrlässig. Schliesslich geht es auch um die Gesundheit der Menschen im Rheinwald. Wenn irgend so ein virenlastiger Super-Spreader lauthals seine Freude über die Sperrgutmulde kundtut, ist ruckzuck von Hinterrhein bis Sufers das ganze Tal in Quarantäne, es wird die A13 gesperrt und wir kommen nicht mehr ins Tessin – so gehts ja auch nicht!

Also: Her mit den Testtouris! Kommen Sie, liebe Gäste, und erleben Sie altes Brauchtum unter zeitgemässen Bedingungen und das freundlichste Lächeln hinter der Schutzmaske. Willkomma bin ünsch an der Sperrgutmulde!

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