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Die Val Bregaglia besteht nicht nur aus Bondo

Seit dem Bergsturz vom 23. August kommen nur noch Bilder der Zerstörung aus der Val Bregaglia. Die Touristen sind verunsichert. Deshalb gibt es jetzt die Kampagne #Forzabregaglia.

19.09.17 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Die Val Bregaglia besteht nicht nur aus Bondo.
Die Val Bregaglia besteht nicht nur aus Bondo.
ZVG

Michael Kirchner ist Direktor von Bregaglia Engadin Turismo. Er lebt mit seiner Familie in Bondo und gehört somit zu den Evakuierten nach dem Bergsturz am Piz Cengalo. Der Bergsturz und die Murgänge haben das Leben in der Val Bregaglia verändert. Drei Millionen Kubikmeter Erdmaterial sind bis ins Tal gelangt. Rund 60 Einwohner dürften für mindestens zwei Monate nicht nach Hause und die Lage bleibt angespannt.

Für Kirchner sind die Folgen der Murgänge sehr real, dennoch setzt er sich dafür ein, dass auch die Schönheit und Vielfalt der Val Bregaglia wieder in die Welt hinausgetragen wird. «Die Val Bregaglia besteht nicht nur aus der Val Bondasca und Bondo», betont der Touristiker. Auf die Frage: «Soll und darf man das Bergell jetzt besuchen?», antwortet Kirchner mit einem klaren Ja.

Massive Einbrüche für Hotels

Die Bilder und Berichte in den Medien über die Katastrophe von Bondo geben laut Kirchner ein falsches Bild der Realität. Die Folge dieser einseitigen Wahrnehmung sind massive Einbrüche der Logiernächte für den Monat September. Auch für den Oktober gibt es momentan nicht viele neue Buchungen.

Dabei ist der Monat Oktober für das Kastaniental eigentlich Hochsaison. Einzelne Hotels und zwei SAC-Hütten mussten sogar bereits schliessen. «Es liegt im Interesse der einheimischen Wirtschaft, dass wir den Tourismus wieder ankurbeln», meint der Direktor. Und deswegen ist die Kampagne #Forzabregaglia ins Leben gerufen worden – als Sinnbild der Solidarität.

Bis zum Bergsturz hatte die Val Bregaglia einen guten touristischen Sommer. Kirchner spricht von einem Plus von 13 Prozent bei den Logiernächten. «Jetzt versuchen wir, wenigstens einen guten Saisonabschluss zu machen. Auch für die Einheimischen ist das wichtig, denn diese möchten wieder aufstehen und zeigen, dass die Val Bregaglia lebt», meint Kirchner.

Grosse Vielfalt auf engem Raum

Das Tal ist, bis auf die gesperrte Val Bondasca und Bondo, ohne Bedenken zugänglich. Es gibt Kastanienwälder, Museen, Kulinarik, verwinkelte Dörfer, bereits entdeckte und noch versteckte Orte. «Es gibt viele Orte der Inspiration – schon seit jeher», betont Kirchner.

Diese Vielfalt, diese zweite Realität der Val Bregaglia soll wieder in den Vordergrund rücken. Die Kampagne #Forzabregaglia ist am Freitag gestartet und dauert rund einen Monat.

In einem Film werben Einheimische für ihre Heimat, im digitalen Bereich werden mit dem Hashtag die schönsten Seiten der Ferienregion gezeigt. Worte, Bilder und Taten sollen die Touristen zurückholen. «Nicht zuletzt hilft jeder Besuch dem Tal», meint Kirchner. Ein guter Anlass dazu wäre das Kastanienfestival vom 1. bis 22. Oktober, welches bereits zum 13. Mal stattfindet und sich immer grosser Beliebtheit erfreut.

Mehr Informationen www.forzabregaglia.ch

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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Ganz genau auch meine Meinung, genau wie Tourist schreibt: Dieser Bergsturz kam nicht aus dem Nichts und nicht überraschend - es gab klare Warnzeichen und die Maiensässe waren doch kurz vorher auch genau deshalb gesperrt worden - nur der HüttenNORMALweg, der auch durch dieses Gelände führt eben gerade nicht! Das wirft schon massive Fragen auf, was sich die Verantwortlichen hier gedacht haben. Ich habe nicht alle Fakten und kann es nicht abschließend beurteilen und kann insofern hier nur auf die staatlichen Ermittlungen setzen. Interessant auch, dass gemäss Bericht die beiden Hütten für mehr als 10% der Talübernachtungen sorgten. Hoffentlich unterblieb nicht deshalb die Schliessung des Hüttenweges!

"zwei SAC-Hütten mussten sogar bereits schliessen":
Meinen Sie hier die Capanna di Sciora und die Sac Furä im Katastrophengebiet?
Die wären wohl schon besser nach den neuen Messungen/warnungen vor einem kommenden Felsturz Anfang August geschlossen worden.
Stattdessen: KEIN Hinweis, keinerlei Verweis auf die neue Gefahrensituation auf den Homepages der Hütten, auch nicht bei der Reservierung von Übernachtungen auf der Sciora!!!

In der Pdf Beschreibung des Sentiero Alpino Bregaglia (download gestern von Homepage der Albigna Hütte ) steht gar bei der Etappe Capanna di Sciora zur Capanna Sasc Furä:

"Auf dem Hüttenweg der Capanna di Sciora steigt man gemütlich bis nach Laret hinab (1377m): Der Weg gestattet faszinierende Einblicke ins immer noch aktive Bergsturzgebiet des Pizzo Cengalo. Zum Glück befindet man sich in sicherer Distanz - nicht so wäre dies auf der Viäl-Route, die ebenfalls zur Capanna Sasc Furä führen würde, zurzeit aber gesperrt ist."

Der blanke Hohn! Die 8 Verschütteten haben nun wahrlich "faszinierende Einblicke" bekommen...leider nicht aus "sicherer Distanz".

Es scheint als wären hier finanzielle Interessen wichtiger als die Sicherheit von Menschen.

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