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Ein Monat danach

Ein Monat ist es her, seit am 23. August der grösste Bergsturz Graubündens seit Jahrhunderten ins Tal donnerte. Insgesamt drei Murgänge haben seit dem Bergsturz Zerstörungen in noch unbekanntem Ausmass ausgelöst. Wir schauen zurück auf die letzten Tage und Wochen.

23.09.17 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Der Bergsturz bei Bondo ist der grösste Bergsturz in Graubünden seit Jahrzehnten.
Der Bergsturz bei Bondo ist der grösste Bergsturz in Graubünden seit Jahrzehnten.
ROLF CANAL

23. August 2017

Um 9.30 Uhr stürzten drei Millionen Kubikmeter Gestein vom Piz Cengalo im Val Bondasca ins Tal. Ein unmittelbarer Murgang entlang der Bondasca führte dazu, dass das Dorf Bondo mit seinen rund 200 Einwohnern vollständig evakuiert werden musste. Die Hauptstrasse wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt, zahlreiche Ställe, Maiensässe und Wohnhäuser wurden von dem Murgang erfasst und stark beschädigt.

Aus der Val Bondasca wurden einige Personen mit Helikoptern der Air Bernina und der Rega aus dem Gefahrengebiet ausgeflogen. Die SAC-Hütten Sciora und Sasc Furä wurden ebenfalls mit Helikoptern evakuiert.

24. August 2017

Insgesamt wurden bis zu 14 Personen vermisst. Eine Gruppe mit fünf bis sechs Personen ist am Tag nach dem ersten Murgang in Italien aufgetaucht. Die Suche nach den verbleibenden acht Vermissten war in der Nacht auf Donnerstag intensiviert worden. Auch ein Helikopter der Armee kam zum Einsatz. Am Donnerstag waren auch Suchhunde im Gelände.

Am Tag nach dem Bergsturz besuchten Bundesrätin Doris Leuthard und die Bündner Regierungsrätin Barbara Janom Steiner das Dorf Bondo.

25. August 2017

Während die Aufräumarbeiten angelaufen und in vollem Gang waren kam es am Freitag um 16.27 Uhr zu einem erneuten Murgang. Das Material wurde laut der Kantonspolizei Graubünden wie beim ersten Bergsturz am Mittwoch bis vor das Dorf geschoben. Die am Freitagmittag teilweise in ihre Häuser zurückgekehrten Personen mussten vorübergehend erneut evakuiert werden.

26. August 2017

Nach dem erneuten Murgang ist die Suche nach den acht vermissten Personen eingestellt worden. Laut Roman Rüegg, Mediensprecher der Kantonspolizei Graubünden, habe sich «im Laufe der Ermittlungen die Vermutung verdichtet, dass die Personen im hinteren Teil der Val Bondasca erfasst wurden». Bei den Vermissten handelt es sich um vier Deutsche aus Baden-Württemberg, zwei Personen aus der Steiermark in Österreich und zwei Berggänger aus dem Kanton Solothurn.

27. August 2017

Der Schock bei den Einwohnern von Bondo ist gross. RSO-Reporterin Nadja Simmen traf sich mit Vittorio Scartazzini, der am Mittwoch während des Bergsturzes in Bondo auf der Hinterseite des Badile klettern war. Die ganze Zerstörung so vor sich zu sehen habe sehr weh getan, sagte der Einheimische im Interview.

Vittorio Scartazzini im Interview mit RSO-Reporterin Nadja Simmen.

28. August 2017

Nun wurde der Bergsturz auch von der Polizei untersucht. Es sollte herausgefunden werden, wie gut Berggänger vor Gefahren gewarnt wurden.  «Wir gehen unter anderem der Frage nach, ob auf die Naturgefahren in der Val Bondasca ausreichend hingewiesen wurde.» Die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet worden, sagt Roman Rüegg, Mediensprecher der Kantonspolizei Graubünden.

 

Mediensprecher Roman Rüegg stand im Dauereinsatz.
Mediensprecher Roman Rüegg stand im Dauereinsatz.

29. August 2017

Nicht nur das Medieninteresse war riesig. Auch die Online-Community reagierte auf digitalem Wege auf das Geschehen in den sozialen Netzwerken.

Am Dienstagabend fand zudem für die Bevölkerung Bregaglias in der Turnhalle in Vicosoprano eine Informationsveranstaltung statt. Nebst dem Führungsstab unter Gemeindepräsidentin Anna Giacometti waren auch die Regierungsräte Christian Rathgeb und Mario Cavigelli vertreten. Die nachfolgende Fragerunde für die betroffene Bevölkerung war den Einwohnern der Gemeinde Bregaglia vorbehalten. Das Fazit: Bondo wird nach dem grossen Bergsturz nicht so rasch zur Normalität zurückkehren können. Die Aufräumarbeiten werden mehrere Jahre dauern.

30. August 2017

Eine Delegation der Glückskette und der Caritas weilte am Mittwoch in der Val Bregaglia. Für Bondo gebe es voraussichtlich keine nationale Sammelaktion, hiess es. Der Fonds für die Unwetterhilfe in der Schweiz (rund drei Millionen Franken) für die Sofort- und Überbrückungshilfe nach dem verheerenden Bergsturz würde ausreichen.

ROLF CANAL

31. August 2017

Bereits am Tag darauf korrigierte die Glückskette Schweiz ihren Entscheid, keine nationale Sammelaktion für Bondo zu starten. «Die Glückskette eröffnet ein Sammelkonto für Bondo. Dieser Entscheid fiel nach einem Treffen zwischen der Gemeindepräsidentin von Bregaglia und einer Delegation der Glückskette», hiess es in einer Mitteilung der Glückskette.

ALADIN KLIEBER

1. September 2017

Die Behörden hatten vor einem erneuten Murgang gewarnt und so kam es dann auch: Der starke Regen der vergangenen Tage löste in der Nacht von Donnerstag auf Freitag einen dritten Murgang in Bondo aus.  Die Geröllmassen sollen sich gegen 21.30 Uhr gelöst haben. Die Auffangbecken hätten sich schnell gefüllt und das Material sei in Richtung Bondo geflossen. Mehrere Personen hätten ihre Häuser in der Folge freiwillig verlassen.

In Spino wurden mehrere Häuser beschädigt und in Sottoponte (Promontogno) und Bondo wurden mehrere Gebäude gar total zerstört. Einige bisher verschonte Strassen von Bondo wurden ausserdem mit Schlamm überflutet. In der Folge gab es auf gewissen Strassenabschnitten kein Durchkommen mehr.

KEYSTONE

2. September 2017

Drei Murgänge in knapp eineinhalb Wochen. Das Bergell wurde arg gebeutelt. «Wir fangen nach dem dritten Murgang praktisch wieder bei null an», sagte Christian Gartmann, Mediensprecher der Gemeinde Bregaglia.

Ganze Strassen sind unter dem Schlamm begraben.
Ganze Strassen sind unter dem Schlamm begraben.
GIANCARLO CATTANEO

3. September 2017

Aus dem Helikopter ist das ganze Ausmass der Katastrophe sichtbar. Martin Keiser vom Bündner Amt für Wald und Naturgefahren spricht über das Bergsturzgebiet im Bergell und versucht die Lage zu beurteilen.

11. September 2017

Die Verkehrslage im Bergell normalisierte sich langsam wieder. Die Strasse von Castasegna nach Soglio wurde auch nachts wieder geöffnet und die Luftraumsperre wurde aufgehoben, wie der Gemeindeführungsstab von Bregaglia am mitteilte.

Einzig die Nachtsperrung der Malojastrasse zwischen Spino und Promontogno musste noch aufrechterhalten werden.
Einzig die Nachtsperrung der Malojastrasse zwischen Spino und Promontogno musste noch aufrechterhalten werden.
KEYSTONE

12. September 2017

Die Gebäudeversicherung Graubünden (GVG) zeigte sich «tief bewegt und voller Verständnis». Um den Bewohnern die Angst vor den Umbau-, Reparatur- oder gar Neubauarbeiten zu nehmen, informierte die GVG vor Ort, dass die Versicherung die Schäden übernehme.

RSO-Reporterin Nadja Simmen sprach mit Markus Feltscher, GVG-Direktor.

Markus Feltscher im Interview mit RSO-Reporterin Nadja Simmen.

Die GVG informierte nicht nur, sondern beantwortete auch die zahlreichen Fragen der Bewohner.

13. September 2017

Drei Wochen nach dem Berg Bergsturz besuchte auch Bundesrat Guy Parmelin das Dorf Bondo und machte sich selbst ein Bild der Zerstörung. Als Vorsteher des VBS interessierte Parmelin sich vor allem für die Arbeit der rund 50 Einsatzkräfte der Armee, die für die Sicherheit und Überwachung rund um Bondo verantwortlich sind. Zusammen mit dem Bündner Regierungsrat Christian Rathgeb flog Parmelin mit der Heli Bernina unter anderem auf die Sciora-Hütte, wo die Armee rund um die Uhr die Bewegungen am Pizzo Cengalo beobachten.

Guy Parmelin versicherte Gemeindepräsidentin Anna Giacometti vor den Medien, dass sie auf seine Unterstützung zählen könne.

15. September 2017

Bregaglia Engadin Turismo haben die Kampagne #Forzabregaglia gestartet. Diese soll nach dem Felssturz die bergeller Vielfalt wieder in den Vordergrund rücken. Das Tal sei bis auf die gesperrte Val Bondasca und Bondo ohne Bedenken zugänglich und biete Kastanienwälder, Museen, Kulinarik und verwinkelte Dörfer, hiess es in einer Mitteilung.

Der Bergsturz und die Murgänge hätten das Leben in der Val Bregaglia zwar verändert, dennoch müsse auch die Schönheit und Vielfalt der Val Bregaglia wieder in die Welt hinausgetragen werden, sagte Michael Kirchner, Direktor von Bregaglia Engadin Turismo. Er selbst gehört zu jenen 60 Einwohnern, die für mindestens zwei Monate nicht nach Hause dürfen, während die Lage weiterhin angespannt bleibt.

#Forzabregaglia - eine Kampagne von Bregaglia Engadin Turismo.
#Forzabregaglia - eine Kampagne von Bregaglia Engadin Turismo.
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