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Bericht zeigt: Piloten sind zu riskant geflogen

Menschliches Versagen hat zum Absturz der historischen Ju-52 in den Flimser Bergen vor zwei Jahren geführt. Dies geht aus dem vorläufigen Untersuchungsbericht hervor. Neben dem Verhalten der Piloten wird auch die mangelnde Kontrolle des Bundes kritisiert.

Südostschweiz
30.08.20 - 11:03 Uhr
Ereignisse
Die Unfallstelle beim Piz Segnas vor rund zwei Jahren.
Die Unfallstelle beim Piz Segnas vor rund zwei Jahren.
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Laut dem vorläufigen Schlussbericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) sind weder Mängel am Material noch an der Technik am Absturz der Ju-52-Maschine am Piz Segnas schuld. Vielmehr sei das Oldtimer-Flugzeug vor zwei Jahren oberhalb von Flims abgestürzt, weil die Piloten zu riskant unterwegs waren und zu tief geflogen seien. Dies schreibt der «Sonntagszeitung» auf dem Onlineportal «tagesanzeiger.ch», dem der vorläufige Bericht vorliegt.

Die zwei Captains hätten die Kontrolle über die «Tante-Ju» selbst verschuldet verloren. Die Höhenmesser des Flugzeuges haben die korrekten Werte angezeigt und auch die Fluginstrumente waren richtig eingestellt. Wie es heisst, ist die Maschine von den Piloten aber «hochriskant» geflogen worden. Die zwei Thurgauer hätten auf dem Weg von Locarno nach Dübendorf bewusst eine spektakuläre Route gewählt. Eine Route, auf der bei Problemen nicht mehr genügend Raum zum Manövrieren vorhanden war und nicht jederzeit einen Ausweg gefunden werden konnte. So sei die Maschine schliesslich zu tief in den Talkessel geflogen und sie habe keine Umkehrkurve mehr fliegen können. Das Flugzeug stürzte senkrecht beim Piz Segnes ab.

Insgesamt 20 Personen verloren an diesem Nachmittag des 4. August 2018 ihr Leben. Darunter drei Besatzungsmitglieder und 17 Passagiere.

Simon Lechmann und Marco Hartmann haben damals rund vier Monate nach dem Unglück mit Involvierten und Augenzeugen gesprochen:

Die beiden über 60-jährigen Piloten seien erfahren gewesen, hätten aber bereits in der Vergangenheit «risikoreiches Verhalten» an den Tag gelegt, schreibt «tagesanzeiger.ch» weiter. Mehrere Male hätten sie die vorgeschriebene Mindesthöhe nicht eingehalten. Im Unfallbericht heisst es, sie seien der Meinung gewesen, unverwundbar zu sein. Das Umfeld des Piloten, der am Unglückstag die Maschine steuerte, gab zu Protokoll, dass der Mann immer wieder riskante Manöver geflogen sei. Ausserdem sei es in der Vergangenheit bereits mehrfach zu Vorfällen gekommen, bei denen Maschinen der Ju-Air zu tief geflogen seien.

Konsequenzen hatten die riskanten Manöver nie, weshalb Angehörige der Absturzopfer dem Bundesamt für Zivilluftfahrt vorwerfen, den Piloten und die Ju-Air nicht genügend kontrolliert zu haben. Wie es heisst, flog der vom Amt designierte Prüfer gar oftmals für die gleiche Firma wie der Unglückspilot.

Wie die «Sonntagszeitung» Anfang August berichtet hatte, will der Bund die Aufsicht des Bundesamts für Zivilluftfahrt untersuchen und startete eine externe Untersuchung.

Schlussbericht wird noch veröffentlicht

Der Schlussbericht der Sust befindet sich noch in der Vernehmlassung und wird frühestens Ende Oktober veröffentlicht. Er umfasst mehrere Hundert Seiten. Bereits eine Stunde nach dem Unglück vor zwei Jahren hatte die Sust die Arbeit aufgenommen. Einen Zwischenbericht hat sie erst Anfang dieses Monats veröffentlicht.

Die ersten Abklärungen hatten im November 2018 «gewisse systemische Sicherheitsdefizite» gezeigt. Die Sust hatte deswegen eine Sicherheitsempfehlung ausgesprochen und das Bundesamt für Zivilluftfahrt dazu aufgefordert, die Schwesternflugzeuge auf Korrosionsschäden und Mängel an Systemkomponenten zu überprüfen. Betont wurde in diesem Bericht aber auch bereits, dass die gefundenen Mängel als Unfallursache ausgeschlossen werden. (rac)

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