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Bei Fridolin Laagers Absturz fliegen die Schutzengel mit

Der 47-jährige Glarner Fridolin Laager stürzt über die Ostflanke des Gämsfairenstocks 300 Meter tief ab und überlebt wie durch ein Wunder.

Martin
Meier
10.05.23 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Erholt sich in der Rehaklinik: Mit über einem Dutzend Knochenbrüchen wird Fridolin Laager von der Rega ins Spital geflogen.
Erholt sich in der Rehaklinik: Mit über einem Dutzend Knochenbrüchen wird Fridolin Laager von der Rega ins Spital geflogen.
Bild Martin Meier

Die Lunge ist gequetscht und angerissen, das linke Schulterblatt drei Mal gebrochen. Gebrochen sind auch beide Brustbeine, nebst insgesamt acht Rippen. Hinzu kommen eine Gehirnblutung und eine Gehirnerschütterung. Ganz zu schweigen von den Prellungen. Und trotzdem lacht Fridolin (Fridli) Laager. Nicht gerne, weil es ihm auch noch zwei Zähne abgeschlagen hat. «Aber eigentlich geht es mir ja gut.» Er habe ein zweites Leben geschenkt bekommen, sagt der Landwirt aus Mollis.

Dass Fridli Laager dem Teufel noch einmal «ab dem Karren» gefallen ist, weiss auch Hans Rauner. Der Bergführer hat ihn schwer verletzt aufgefunden. «Es grenzt an ein Wunder, dass der Fridli überhaupt überlebt hat. Bei seinem Absturz müssen die Schutzengel mitgeflogen sein.» Doch alles der Reihe nach.

Ein Prachtstag Mitte April. Bestes Skitourenwetter. Auf dem Fisetengrad schnallt Laager die Felle an. Zwei Stunden später blickt er vom Gipfel des 2971 hohen Gämsfairenstocks.

«Ich habe ein zweites Leben geschenkt bekommen.»

Fridolin Laager, Absturzopfer

Das Gipfelkreuz ist unter Schnee vergraben. Daran mag sich Laager noch erinnern, bevor er in einer unendlich erscheinenden Schneewüste aus der Ohnmacht wieder aufwacht: ohne Ski, Rucksack und Handy. Mit unglaublichen Schmerzen und nicht ahnend, was überhaupt passiert ist. Aber froh darüber, dass er seine Beine noch bewegen konnte, erzählt Laager. «Ich schrie um Hilfe. Aus der Ferne hörte ich den Hund der Wartin der Claridenhütte bellen.»

Ein Bergführer hört die Hilferufe

Zufall oder Schicksal, dass zum selben Zeitpunkt auch Bergführer Hans Rauner unterwegs ist. Glück im Unglück, dass er seine Kollegin überreden konnte, anstatt direkt zum Urnerboden erst noch zur Claridenhütte abzufahren. «Nur deshalb hörte ich unterhalb des Gämsfairenstocks die Hilferufe», erzählt Rauner. Gesehen habe er allerdings nichts. «Ich konnte mit dem Mann nur sprechen.»

«Ich sagte Rauner, dessen Stimme ich erkannt habe, dass ich auf dem Gämsfairenstock gewesen bin», erzählt Laager. Und Rauner habe geantwortet: «Und jetzt liegst du 300 Höhenmeter darunter.» Der Bergführer vermutet, dass Laager mit einer abgebrochenen Wechte in die Tiefe gestürzt ist. Deshalb sei er auch nicht zum Verletzten hingegangen. «Weil im Gipfelbereich weitere Schneemassen abzubrechen drohten», so Rauner. Die Rega fliegt den Verunfallten deshalb an der Longline aus dem Gefahrengebiet.

Angst hat Laager nie gehabt

«Angst habe ich nie gehabt», sagt Laager. «Weil ich ja den Hund gehört habe.» Beruhigend sei zudem gewesen, dass er alle gekannt habe, die an der Rettung beteiligt gewesen seien. «Hans Rauner von einem Tourenleiterkurs, den Rega-Piloten aus der Schulzeit», sagt Laager. Gekannt habe er aber auch den Flughelfer und den Arzt, der ihn operiert habe.

Fridolin Laager steht auf der Sonnenterrasse des Rehazentrums Walenstadtberg, wo er sich noch ein paar Wochen erholen darf, bevor es wieder ab in den Stall zu seinen Kühen geht. Wohlwissend, dass er ein zweites Leben geschenkt bekommen hat. Dafür dankt er den Rettungskräften. Aber nicht nur ihnen. Ein Dankeschön gilt auch der Hilfsbereitschaft seiner Familie, seiner Kollegen und Nachbarn.

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