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Für sieben Stunden zurück ins eigene Zuhause nach Brienz/Brinzauls

Für Brienz/Brinzauls gilt ab Montag die Phase Orange – das Dorf und die Häuser dürfen tagsüber besucht werden. Mediensprecher Christian Gartmann gibt Auskunft, warum dieser Entscheid gefällt wurde.

23.06.23 - 15:25 Uhr
Ereignisse
Gibt Auskunft: Laut Mediensprecher Christian Gartmann (im Bild) sei es die höchste Priorität der Gemeinde, dass die Evakuierung möglichst rasch aufgehoben werden kann.
Gibt Auskunft: Laut Mediensprecher Christian Gartmann (im Bild) sei es die höchste Priorität der Gemeinde, dass die Evakuierung möglichst rasch aufgehoben werden kann.
Bild Livia Mauerhofer

Am Brienzer Hang kommt es zu einer teilweisen Normalisierung. Deshalb wurde am Donnerstag entschieden, dass ab Montag wieder Phase Orange eingeführt wird. Warum dieser Entscheid getroffen wurde und wie gross die Belastung der Evakuierung für die Brienzerinnen und Brienzer ist, erklärt Christian Gartmann im Interview mit RSO-Redaktor Livio Biondini. 

Christian Gartmann, wie ist man in den letzten Tagen zum Entscheid gekommen, dass wieder Phase Orange gelten soll? 

Die Gefahrenbeurteilung durch die Geologen und Naturgefahrenexperten hat ergeben, dass man ab Montag tagsüber wieder ins Dorf kann, sofern das Wetter gut ist. Ebenfalls geschehen die Besuche am Tag, sodass man den Hang beurteilen kann. Wir sind sehr daran interessiert, dass die Leute zurück ins Dorf können, um sich darauf vorzubereiten, wieder dort zu wohnen. Heute können wir aber noch nicht genau sagen, wann das Wohnen in Brienz wieder möglich sein wird.

Was können oder werden die Bewohnerinnen und Bewohner bei den nächsten Besuchen im Dorf machen? 

Die Bevölkerung darf länger in das Dorf als bei Phase Rot. Sie können jetzt von mittags um 12 Uhr bis abends um 19 Uhr im Dorf bleiben und Dinge im Haus oder Garten erledigen. Sie werden aber keine grossen Mahlzeiten zubereiten können, da es momentan fast kein Wasser im Versorgungssystem gibt. Es gab nämlich ein Rohrbruch in der Versorgungsleitung zwischen Vazerol und Brienz. Die Leitung muss erst neu gebaut werden, bevor man wieder in den Häusern wohnen und Wasser verwenden kann. 

Die fehlende Wasserversorgung ist somit auf den Rohrbruch zurückzuführen und war keine Vorsichtsmassnahme?

Genau, der Rohrbruch in der Versorgungsleitung ist schon vor dem Schuttstrom entstanden. Die Spezialisten des technischen Dienstes der Gemeinde haben das festgestellt. Man konnte dann die Schieber schliessen, sodass nicht viel Wasser verloren gegangen ist. Brienz hat ein zweites Reservoir, das durch eine Quelle oberhalb des Dorfes gespiesen wird. Von dort kommt nicht sehr viel Wasser, es reicht jedoch für eine Grundversorgung im System. Das System soll natürlich nicht ganz entleert werden für den Fall eines Feuerwehreinsatzes. Die Feuerwehr wird ebenfalls eine Versorgungsleitung ziehen, falls es zu einem Einsatz kommen sollte.

«Zum jetzigen Zeitpunkt wollen wir nichts versprechen, was wir dann nicht einhalten können.»

Christian Gartmann, Mediensprecher Gemeinde Albula/Alvra

Die Bewohnerinnen und Bewohner dürfen schon nächsten Montag in ihre Häuser, Personen mit Ferienhäusern aber erst am Freitag. Warum?

Wir wollen den Bewohnerinnen und Bewohner, die fest in Brienz/Brinzauls wohnen, die Möglichkeit geben, sich vorzubereiten. Wir wollen auch nicht allzu viele Menschen gleichzeitig im Dorf. Wenn man das Dorf aus irgendeinem Grund schnell räumen müsste, könnte es so rascher geräumt werden. Ab Freitag haben wir die Möglichkeit freigegeben, dass auch Dauermieter oder Zweitwohnungsbesitzer in das Dorf dürfen. Wie gesagt, wir wollen einfach nicht, dass hunderte Leute gleichzeitig im Dorf sind, sodass wir den Überblick nicht verlieren. Alle Personen, die ins Dorf wollen, müssen sich registrieren und bei der Fahrt aus dem Dorf wieder abmelden. So sind wir sicher, dass das Dorf am Abend menschenleer sind.

Wissen Sie von Menschen, die die Möglichkeit eines Besuches nicht nutzen werden?

Nein, davon weiss ich nichts. 

Kann man schon eine Prognose machen, wann die Bevölkerung wieder ganz nach Brienz/Brinzauls kann? 

Das können wir momentan nicht sagen. Die Gemeinde und der Gemeindeführungsstab setzen aber alles daran, dass die Evakuierung möglichst rasch aufgehoben werden kann. Die Evakuierung ist eine grosse Belastung für die Evakuierten. Wir möchten, dass sie möglichst schnell in ihren Häusern zurück sind. Zum jetzigen Zeitpunkt wollen wir nichts versprechen, was wir dann nicht einhalten können. 

Neues Frühwarnsystem und Beruhigung am Hang 

Nach dem Schuttstrom in der vergangenen Woche wurden neue Messgeräte für das Frühwarnsystem am Brienzer Hang installiert. Neue Erkenntnisse gibt es laut Christian Gartmann noch keine. Bei den neu installierten Geräten handelt es sich um sogenannte Prismaspiegel, welche von einem Lasertachymeter eingelesen werden. Diese Distanzmessgeräte sind auch oft auf Baustellen zu sehen. Das Gerät misst ständig die Distanz zwischen dem Dorf und dem Punkten in der Rutschung. Die Rutschung vom letzten Donnerstag hat viele dieser Spiegel mitgerissen, weshalb neue nachgesetzt wurden. Auch der neu entstandene Schuttkegel hinter dem Dorf wird mit dieser Methode überwacht. Aktuell sei eine Beruhigung am Hang zu beobachten, so Gartmann. Die Geschwindigkeiten sind zwar höher als vor dem Schuttstrom, würden sich aber nicht weiter steigern. Eine weitere gute Nachricht seien die wenig verzeichneten Block- und Steinschläge. (nua)

Anna Nüesch ist freie Mitarbeiterin und arbeitet neben ihrem Multimedia-Production-Studium bei der Südostschweiz in den Redaktionen von Online/Zeitung und TV. Zuvor hatte sie ein Praktikum bei diesen Kanälen absolviert. Mehr Infos

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