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Deutschrocker Klaus Lage schlägt mit 70 sanftere Töne an

Anzeichen von Altersweisheit? «Das wär' schön», sagt Klaus Lage und lacht. Aber er sagt: «Ich will mich nicht künstlich jung machen.» Am 16. Juni wird der Liedermacher und Deutschrocker («1000 und 1 Nacht») 70 Jahre alt.

Agentur
sda
11.06.20 - 10:49 Uhr
Kultur
Deutschrocker Klaus Lage steht an der Weser. Foto: Sina Schuldt/dpa
Deutschrocker Klaus Lage steht an der Weser. Foto: Sina Schuldt/dpa
Keystone/dpa/Sina Schuldt

Zum Gespräch ist er gekommen, wie man das im norddeutschen Bremen so macht: mit dem Fahrrad und einer kurzen Fährfahrt über die Weser.

Eine Feier zu dem Ehrentag wird es für den vierfachen Grossvater wegen Corona nicht geben. Sein Geschenk kommt danach. Ihm sind wegen der Pandemie schon mehrere Studiotermine geplatzt. «Am Tag nach meinem Geburtstag gehen wir ins Studio. Und dann nehmen wir eine Swingplatte auf», sagte Lage der Deutschen Presse-Agentur.

«Das ist vielleicht nicht mehr das, womit ich in den 80er Jahren bekannt geworden bin», sagt er. Damals spielte er erdigen Rock mit deutschen Texten, hatte Hits wie «Mit meinem Augen» oder «Monopoli». Lage schrieb den Song «Faust auf Faust» für den ersten Kino-«Tatort» von 1985 mit Götz George als Kommissar Schimanski im Ruhrpott.

Nun mache er schon seit einigen Jahren andere Musik, damit es ihm nicht langweilig werde, erzählt Lage. Eine erste Swing-Platte seiner Lieder, arrangiert für Big Band, brachte er 2018 heraus. Auf der neuen Platte soll Lounge-Swing erklingen mit kleiner Besetzung: Piano, Bass, Schlagzeug und Gesang. «Man kommt nachts um halb zwölf in eine Bar, und da spielt eine coole Band» - so stellt er sich die Atmosphäre vor.

Auch andere Projekte sind eher ruhig angelegt. Im Duett mit seinem langjährigen Pianisten Bo Heart will Lage im Herbst ein Konzert erst streamen, dann als Live-Platte veröffentlichen und auf Tournee gehen.

Die sanfteren Töne haben für Lage durchaus mit dem Älterwerden zu tun. Den wilden Rock«n»Roller will er nicht mehr geben. «Ich finde das immer ein bisschen lächerlich», sagt er. Ganz aufgeben will er seine Klaus Lage Band zwar nicht, aber er will sich auch nicht eine Ecke mit Oldie-Rock der 80er Jahre drängen lassen.

Einiges ändert sich für den sozialkritischen Musiker nicht. Er kann sich aufregen über den Aufmarsch von Rechtsextremen in Chemnitz, über die rassistischen Anschläge von Halle und Hanau. Und aktuell in den USA: «Wenn man im Fernsehen sieht, wie ein Polizist einen Schwarzen umbringt, ist das schon erschütternd.»

Auch als Verfechter deutscher Songtexte bleibt Lage sich seit Jahrzehnten treu. «Ich finde es gut, wenn Leute in ihrer Sprache singen.» Natürlich sei er wie alle westdeutschen Jugendlichen mit englischsprachigem Rock und Pop aufgewachsen - mit Rockern wie Little Richard («Der war 'ne echte Sirene»), mit den Beatles, den Rolling Stones oder den Animals mit Eric Burdon.

Doch beim Texten hält er sich an die eigene Sprache: «Man kann sich einfach besser und konkreter ausdrücken auf Deutsch.» Zugleich sei das riskanter, man könne sich inhaltlich nicht wegmogeln, wenn das Publikum jedes Wort versteht.

«Ich bin wieder zuhaus» ist eins von Lages bekanntesten Liedern: Ein junger Erwachsener kehrt in die Heimat zurück. Jeder Zuhörer denkt dabei an sein eigenes Provinznest. «Für mich ist das Soltau», sagt Lage. In dem Städtchen in der Lüneburger Heide ist er 1950 geboren. Als junger Mann ging er nach Berlin, war Erzieher und Sozialarbeiter, bevor er zur Musik wechselte. Auch im Rheinland hat Lage gelebt, nur nie im Süden: «Ich bin ein Nordwestostdeutscher».

Seit 2008 lebt er an der Weser. «Ich fühle mich sehr wohl in Bremen.» Die Stadt habe alles, was eine Grossstadt braucht, «aber ohne die Hektik in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Köln». In Bremen engagiert Lage sich als Botschafter für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) und hat den Seenotrettern 2014 die Single «Volle Kraft voraus» gewidmet.

Lage nimmt wieder die Fähre über den Fluss und radelt nach Hause. Was er sich wünscht? Er will die Zeit sinnvoll verbringen, und das bedeutet für ihn: «Mit guten Musikern zu spielen. Solange die Stimme noch hält, mache ich das.»

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