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Mühleberg - der Tag danach

Nach Mühleberg: Gehen uns jetzt die Lichter aus?

Am 20. Dezember 2019 um 12.30 Uhr hat die Schweiz ein historisches Ereignis erlebt: Nach über 70 Jahren Forschung, politischen Diskussionen, Planung, Bau und Betrieb von und über Kernenergieanlagen in der Schweiz ist das Kernkraftwerk Mühleberg endgültig abgestellt worden. Was bleibt, sind mindestens zehn Jahre Aufräumen und dann die ungewisse Lagerung des radioaktiven Mülls. Mühleberg hat viel Strom produziert - so viel wie die ganze Schweiz während zwei Jahren braucht.

Jetzt wird viel gesagt und geschrieben, viel Wahres, aber auch viel Halb- oder Unwahres. Haben wir bald eine Stromlücke? Nein. Dank sehr guter Einbindung ins nationale und europäische Hochspannungsnetz haben wir in der Schweiz nach wie vor eine sehr zuverlässige Stromversorgung. Die Schweiz kann kurzfristig mehr Strom importieren, leistet aber auch einen Beitrag an die zu erwartenden Produktionsausfälle. So werden wir ab 2020 allein mit Solarstrom etwa so viel Strom produzieren, wie von Mühleberg ausfällt. Dies genügt allerdings nicht, wenn wir die anderen vier KKWs auch abstellen wollen. Zusätzlich sollten wir den CO2-Ausstoss rasch auf Null setzen, wenn wir nicht wollen, dass das Klima unerträglich wird.

Vier Massnahmen führen zum Ziel: Erstens, Effizienz: Mit besseren Materialien und besseren Technologien können wir den gleichen Nutzen mit weniger Energiebedarf haben, zum Beispiel wurden die alten Glühbirnen durch LED-Lampen ersetzt, eine Stromeinsparung von etwa 90%. Oder dank Gebäudesanierung kann der Energiebedarf fürs Heizen auf einen Drittel oder weniger gesenkt werden.

Zweitens, Suffizienz: Mit viel weniger Energie ein gleich schönes Erlebnis haben. Weshalb muss es X-Mas-Shopping in New York sein und nicht etwa ein feines Mittagessen in Quinten, bequem per Zug und Schiff ganzjährig erreichbar? Spart geschätzt 99% Energie.

Drittens, Ersatz: Nicht erneuerbare Energiequellen werden durch erneuerbare, einheimische Energien ersetzt. Allein mit Sonnenenergie kann gemäss einer Studie des Bundesamtes für Energie in der Schweiz mehr Strom erzeugt werden, als benötigt wird. Da gibt es allerdings einige Hürden. Zum Beispiel ist Solarstrom zwar günstig (günstiger als Atomstrom und etwa gleich günstig wie Strom aus neuen Wasserkraftwerken), aber ich kann meinen überschüssigen Strom nicht dem Nachbarn über die Strasse verkaufen. Die Bundesgesetzgebung verhindert dies (noch).

Viertens, Speicherung: Wir können locker zehnmal so viel Solarstrom produzieren wie heute und haben dennoch keine nennenswerten Speicherprobleme. Wenn aber das gesamte Potential ausgeschöpft werden soll, müssen wir grosse Energiemengen saisonal speichern. Das ist nicht so einfach, aber vielleicht auch gar nicht nötig. Wenn wir die Massnahmen 1 und 2 konsequent anwenden, brauchen wir Massnahmen 3 und 4 nur noch zum Teil. Also: ran ans Werk.

Raimund Hächler
20.12.19 - 11:00 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
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Herr Hächler: das NIE-Konzept (Neue instabile Energie) ist gestorben. Mausetot. Undurchführbar. Eine Spinnerei von technisch ahnungslosen Dilettanten.
Punkt.