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«Ich habe gemerkt, dass mir die Politik in der Exekutive fehlt»

Der ehemalige Gemeinderat Roger Schneider möchte Gemeindepräsident von Glarus Nord werden. Die Bildung ist eines seiner Hauptanliegen geblieben. Und die Gemeindeversammlungen würde er am liebsten am Sonntag abhalten.

Daniel
Fischli
26.01.18 - 04:30 Uhr
Politik
Für den ehemaligen Gemeinderat Roger Schneider wäre die Bildung eines seiner Hauptanliegen als Gemeindepräsident.
Für den ehemaligen Gemeinderat Roger Schneider wäre die Bildung eines seiner Hauptanliegen als Gemeindepräsident.
SASI SUBRAMANIAM

Mit Roger Schneider sprach Daniel Fischli

Herr Schneider, welches ist das wichtigste Problem, das Glarus Nord in den nächsten vier Jahren lösen muss?

Es gibt zwei Probleme, die ganz dringend sind: Erstens die Stärkung des Vertrauens in den Gemeinderat, das offensichtlich ein wenig verloren gegangen ist. Und zweitens die Nutzungsplanung.

Weshalb hat das Vertrauen in den Gemeinderat gelitten?

Das ist eine schwierige Frage. Was ich klarstellen will: Ich bin der Meinung, dass der Gemeinderat in den allermeisten Themen einen guten Job gemacht hat. Aber leider ist jetzt die Rückweisung der Nutzungsplanung der letzte bleibende Eindruck. Und ein guter Teil der Bevölkerung ist der Ansicht, dass zwar der Prozess korrekt abgelaufen sei, aber dass inhaltlich nicht alle Leute abgeholt worden seien. Entstanden ist dann eine Betroffenheitspolitik, die vielleicht sogar gerechtfertigt war, weil der Gemeinderat die Bedürfnisse der Leute zu wenig hat einfliessen lassen.

Was verstehen Sie unter einer Betroffenheitspolitik?

Man kann es an den Gemeindeversammlungen beobachten. Es ist wenig attraktiv, zwei Stunden in einer Versammlung zu sitzen, an der vor allem über Zahlen gesprochen wird. Die Leute kommen aber, wenn sie in ihren persönlichen Bedürfnissen beschnitten werden. Das ist oft so, wenn es ums Bauen geht. Dann entsteht Widerstand. Ich glaube, wir müssen zu einem konstruktiven Miteinander zurückfinden. Der Gemeinderat muss offen und transparent kommunizieren, die Bedürfnisse und Ängste der Bevölkerung aufnehmen und wenn möglich in die Nutzungsplanung einfliessen lassen.

Ist also vom Gemeinderat nicht immer offen kommuniziert worden?

Doch, eigentlich schon. Das Problem waren eher der Zeitpunkt und die Komplexität der Kommunikation. Es ist sehr schwierig, auf das Wesentliche konzentriert zu informieren.

Wenn es aber im Nutzungsplan um Auszonungen geht, wird man bei aller Kommunikation Gegner haben, weil viel Geld im Spiel ist.

Ja, es ist sehr schwierig, diese Interessen unter einen Hut zu bringen. Ich hoffe, dass wir in einem Gespräch mit dem Kanton in irgendeiner Art und Weise eine Etappierung der Bauzonen erreichen können, damit wir weniger auszonen müssen.

Sie haben die nicht immer erfreuliche Beteiligung an den Gemeindeversammlungen angetönt. Wie kann sie verbessert werden?

Ich könnte mir vorstellen, dass die Gemeindeversammlung statt am Freitagabend am Sonntagnachmittag stattfindet. So könnte man mit Kind und Kegel in die Lintharena kommen, in der die Kinder zum Beispiel in der Boulderhalle betreut würden. Und ich würde als Gemeindepräsident die Gemeindeversammlung nur leiten, nicht selber bestreiten: Ich würde also die anderen Gemeinderäte in die Pflicht nehmen, ihre Geschäfte selber zu vertreten.

Was hat Sie an Martin Laupper besonders beeindruckt?

Er strahlte Ruhe aus. Wenn man eine Frage hat, kann man zu ihm gehen, die Tür ist immer offen. Ich hatte als Gemeinderat das Heu nicht immer auf derselben Bühne wie er, aber wir haben uns nach einem Konflikt immer wieder gefunden.

Sie haben bei Ihrer Kandidatur die Bildung als einen Ihrer Schwerpunkte genannt. Wo besteht Handlungsbedarf?

Es gibt ein grosses Bedürfnis nach zusätzlichem und erneuertem Schulraum aufgrund des Wachstums der Gemeinde.

Das heisst, es braucht dafür mehr Geld.

Wir müssen Prioritäten setzen. Man kann nicht alles gleichzeitig machen, aber wenn man etwas macht, soll man es richtig machen. Über kurz oder lang werden wir auch im Raum Näfels-Mollis neuen Schulraum brauchen. Mir wäre es wichtig, dieses Projekt so weit voranzutreiben, dass man es, drei Jahre bevor man das Schulhaus braucht, nur noch aus der Schublade ziehen kann.

Wie kommen die Gemeindefinanzen ins Lot?

Ich glaube nicht, dass das grosse Heil in Optimierungen innerhalb der Gemeinde liegt. Man wird sich also darüber unterhalten müssen, wo und wie ein Leistungsabbau erfolgen kann.

Also: Zuerst verzichten, erst dann allenfalls die Steuern erhöhen?

Eine Steuererhöhung ist für mich das allerletzte Mittel.

Wo könnten Sie sich einen Leistungsabbau vorstellen?

Das weiss ich heute nicht. Ich möchte die Bevölkerung befragen und mit ihr diese Sache ausdiskutieren. Vielleicht kommt man zum Schluss, dass man auf nichts verzichten kann oder will. Und dann ist der Bevölkerung auch klar, dass die Gemeinde zusätzliche Einkünfte braucht, und das geht kurzfristig nur über höhere Einnahmen.

Die Gemeindeschreiberin von Glarus Nord ist Ihre Partnerin. Kann es sein, dass der Präsident mit der Gemeindeschreiberin liiert ist?

Es ist mir ein Anliegen, in dieser Frage transparent zu sein. Die Leute können mich wählen oder nicht wählen, im vollen Wissen um meine privaten Umstände. Wichtig ist dabei auch die Kenntnis der rechtlichen Situation. Diese habe ich durch die zuständige kantonale Stelle prüfen lassen, bevor ich mich für meine Kandidatur entschied: Gesetzlich steht nichts im Weg. Die Gemeinde ist heute so organisiert: Der Gemeindepräsident führt den Gemeinderat und fungiert als Bindeglied zur Geschäftsleitung. Diese setzt sich aus den acht Bereichsleitern zusammen. Die Gemeindeschreiberin ist nur eine davon und hat keine Sonderrechte.

Die Gemeindeschreiberin ist nicht mehr wie früher die achte Gemeinderätin?

Nein. Das einzige, worin sich ihre Aufgaben von denjenigen der anderen Bereichsleiter unterscheiden, ist die Protokollierung der Sitzungen des Gemeinderates. Natürlich wäre ich operativ ihr Vorgesetzter, und da gibt es Aspekte, die man beachten muss. So wären zum Beispiel bei Qualifikationsgesprächen auch die Bereichsleiterin Personal und allenfalls der Gemeindevizepräsident dabei. Und ich würde niemals ihren Lohn festlegen.

Besteht nicht die Gefahr der Machtballung?

Nein. Die Gemeindeschreiberin hat keinerlei Machtposition. Beschlüsse werden vom Gemeinderat gefasst, die Gemeindeschreiberin hat im Rat keine Kompetenzen.

Sie sind vor einem Jahr zurückgetreten. Weshalb das Comeback?

Ich bin zurückgetreten, weil ich mich voll auf ein bereits laufendes berufliches Projekt konzentrieren musste. Das Amt hätte darunter gelitten. Im Oktober ist das Projekt abgeschlossen worden, und ich habe gemerkt, dass mir die Politik in der Exekutive fehlt.

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert. Mehr Infos

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