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Gemeinde Fläsch vom Gericht zurückgepfiffen

Weil die Gemeinde Fläsch zwei Lehrerinnen grundlos gekündet hat, ist sie vom Bündner Verwaltungsgericht verurteilt worden. Nun droht eine Entschädigungszahlung von maximaler Höhe.

09.12.19 - 04:30 Uhr
Politik
Hier unterrichteten die beiden Lehrpersonen, denen in gesetzeswidriger Weise das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden ist.
Hier unterrichteten die beiden Lehrpersonen, denen in gesetzeswidriger Weise das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden ist.
PHILIPP BAER

Der neu eingesetzte Fläscher Schulrat hatte seine Arbeit zu Beginn des Jahres 2018 gerade erst begonnen, als er mit einem Paukenschlag aufwartete. Er kündigte das unbefristete Arbeitsverhältnis von zwei Lehrerinnen und verlängerte ein befristetes einer dritten weiblichen Lehrperson nicht.

Die beiden Gekündeten akzeptierten die Entlassung nicht, sie stellten sich auf den Standpunkt, ihnen sei missbräuchlich gekündigt worden. Diese Haltung nahm auch der Verband Lehrpersonen Graubünden (Legr) ein, nachdem sich die zwei Lehrerinnen beim Legr über ihre Rechte erkundigt hatten. «Auch uns war unklar, warum die Gemeinde Fläsch die Kündigungen ausgesprochen hatte», sagte Legr-Geschäftsstellenleiter Jöri Schwärzel dazu auf Anfrage.

Doch die Gemeinde zeigte selbst nach der Vorsprache des Legr keine Lust, anstelle einer sich abzeichnenden juristischen Auseinandersetzung zuerst das Gespräch mit den Lehrerinnen zu suchen. Was die Gemeinde laut Schwärzel schon zuvor nicht getan hatte: «Die Kündigungen wurden ohne vorherige Anhörung der Lehrerinnen ausgesprochen. Die Gemeinde suchte dann nur noch nach Gründen für die Kündigung», so Schwärzel.

So begründete die Gemeinde die Auflösung der beiden Arbeitsverhältnisse unter anderem mit Zweifeln an der fachlichen Tätigkeit der Lehrerinnen, qualitativ schlechter Arbeit, fehlender Loyalität, zerstörter Vertrauensbasis und verweigerter Gesprächsbereitschaft.

Alle Gründe für nichtig erklärt

Da die Vermittlungsversuche des Legr ohne Erfolg blieben, riefen die Lehrerinnen mithilfe des Legr das Verwaltungsgericht an. Auch dort gelang es der Gemeinde nicht, ihre aufgeführten Begründungen zu belegen. Schwärzel: «Alle vor Gericht vorgetragenen Gründe, die zur Entlassung der Lehrerinnen geführt haben, wurden vom Gericht als nichtig erklärt.» Kein einziger Kündigungsgrund entspreche damit der Wahrheit.

Schwärzel erläutert ein Beispiel, mit dem die Kündigung begründet wurde: «Weil die eine Lehrerin einen Film zeigte, anstatt Sportunterricht zu erteilen.» Sie habe dies getan, weil die Turnhalle besetzt gewesen sei.

«Im Raum steht eine Entschädigung von je sechs Monatslöhnen für die beiden Lehrerinnen.»

Die Kündigung der Lehrerinnen ist zwar missbräuchlich, nach Fläsch zurückkehren werden sie aber nicht. Beide sind inzwischen in anderen Gemeinden als Lehrpersonen tätig – und werden dort geschätzt, wie Schwärzel sagte.

Anstelle einer Wiedereinstellung dürften die Lehrerinnen jedoch eine Entschädigung erhalten. Im Raum steht gemäss Schwärzel das gesetzliche Maximum von je sechs Monatslöhnen. Bezahlen wird die Entschädigung die Gemeinde aus der Gemeindekasse – zusätzlich zu den Anwaltskosten der Lehrerinnen. Sobald dem Urteil Rechtskraft erwachsen ist, werden die entsprechenden Forderungen an die Gemeinde gestellt.

Die Gemeinde Fläsch äusserte sich noch nicht zum Urteil des Verwaltungsgerichts. Die Gemeindekanzlei begründete dies am vergangenen Freitag mit der Abwesenheit von Gemeindepräsident René Pahud. Darum ist unklar, ob die Gemeinde das Urteil akzeptieren oder in Berufung gehen wird.

Hans Peter Putzi ist Redaktor. Er spricht für Radio Südostschweiz, manchmal schreibt er auch für die Zeitung «Südostschweiz» und «suedostschweiz.ch». Besonders gerne recherchiert er, mit Vorliebe in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Sicherheit, Umwelt und Sport. Er ist im hinteren Prättigau aufgewachsen und wohnt seit vielen Jahren im Bündner Rheintal. Mehr Infos

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