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Zahlreiche Frauenstreik-Aktionen in Schweizer Städten

Ein Jahr nach dem historischen Frauenstreik haben am Sonntag in zahlreichen Schweizer Städten Kundgebungen stattgefunden. Hunderte von Frauen demonstrierten in Zürich, Bern, Basel, Lausanne und Bellinzona. In Zürich und Basel kam es zu Besetzungen.

Agentur
sda
14.06.20 - 21:10 Uhr
Politik

Wegen der Corona-Massnahmen wurden dieses Jahr keine offiziellen Kundgebungen organisiert, sondern verschiedene Aktionen den ganzen Tag hindurch geplant. In Zürich starteten die Teilnehmerinnen in kleinen Gruppen von verschiedenen Orten aus. Daraus hat sich eine Kundgebung von über 1000 Menschen in der Langstrasse gebildet.

Die Teilnehmerinnen sperrten die Strasse mit einer Wäscheleine und sammelten daran Forderungen und Aufrufe. «Nie mehr unpaid work», war etwa als Forderung zu lesen.

Die Langstrasse zwischen Helvetiaplatz und Limmatplatz musste vorübergehend für den Verkehr gesperrt werden, wie die Polizei in Zürich auf Twitter mitteilte. Die Stadtpolizei forderte die Teilnehmerinnen mit Dialogteams und auf Twitter auf, den Bereich Langstrasse zu verlassen. Im Verlaufe des frühen Abends löste sich die Kundgebung auf Forderung der Polizei auf, und die Langstrasse wurde wieder für den Verkehr freigegeben.

Tanzen auf der Brücke in Basel

In Basel blockierten kurz vor 15.30 Uhr etwa rund 500 Frauen die Mittlere Brücke, um dort zu demonstrieren und zu tanzen. Die Polizei war mit einem grösseren Aufgebot vor Ort. Zweimal forderten die Demonstrantinnen die Polizisten auf, von der Mittleren Brücke «abzuhauen». Nach rund 45 Minuten rief die Polizei die Demonstrantinnen dazu auf, die Brücke innert 10 Minuten zu verlassen - ansonsten fänden Personenkontrollen statt.

Der Demonstrationszug bewegte sich dann zum Universitätsspital, um dem Pflegepersonal «solidarische und kämpferische Grüsse» zu senden. Um etwa 16.45 Uhr sperrte die Polizei die Johanniterbrücke ab und kontrollierte gegen Abend nach eigenen Angaben rund 300 Personen der unbewilligten Kundgebung. Den Kontrollierten drohe «ein Rapport an die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt», liess Mediensprecher Martin Schütz verbreiten.

Zuvor hatten in Basel auf mehreren Plätzen Aktionen stattgefunden. So versammelten sich um 14 Uhr rund 300 Personen auf dem Theaterplatz, um gemeinsam zu picknicken und zu tanzen. Im St.-Johanns-Park wurde zudem ein feministisches Kickboxen veranstaltet.

Feministischer Postenlauf in Bern

In Bern konnten Interessentinnen und Interessenten einen «feministischen Postenlauf» absolvieren - dies auf der Route der grossen Kundgebung von 2019.

Themen waren beispielsweise Lohnunterschiede, die Situation von Migrantinnen und der Beschluss des Kantonsparlaments von dieser Woche, die Sonntagsverkäufe zu verdoppeln. Die Stadt Bern hatte den Anlass bewilligt. Mehrere Hundert Personen dürften den Postenlauf absolviert haben - jedenfalls sagte eine Organisatorin auf Anfrage, alle 300 Startnummern seien abgegeben worden.

Viele Absolventinnen des Postenlaufs waren zu zweit oder in Kleingruppen unterwegs und trugen mindestens ein lilafarbenes Kleidungsstück. Im Verlauf des Nachmittags bildete sich in der Innenstadt ein Kundgebungszug, der zum Bundesplatz zog. Etwas über hundert Personen beteiligten sich daran.

Lausanne startete um Mitternacht

Auch in der Westschweiz wurde an verschiedenen Orten demonstriert. In Lausanne startete der Aktionstag schon kurz nach Mitternacht mit einer Versammlung. Am Nachmittag demonstrierten nach Polizeiangaben über 3000 Personen in der Stadt. Mehrere Hundert waren am See.

Der Tag endete mit einer «purple critical mass» auf dem Velo, die den Verkehr im Lausanner Stadtzentrum störte. Die Polizei kontrollierte Personalien und erstattete gegen vier Personen Anzeige.

In Genf nahmen mehr als 2000 Menschen an der Kundgebung teil. Nach dem Verlesen verschiedener Forderungen, liess die Menge um 15.24 Uhr gemeinsam einen lauten Schrei von sich - das ist der Zeitpunkt, an dem Frauen laut Statistik des geschlechtsspezifischen Lohnunterschieds nicht mehr bezahlt werden.

Verschiedene Aktionen fanden auch in Biel, Freiburg, Neuenburg, Vevey und Nyon statt. Im Tessin und im Wallis war der Frauenstreik mit je etwa 300 Menschen in Bellinzona und Sitten im Gange.

Gewerkschaften wollen Taten sehen

Die Gewerkschaften kritisierten am Sonntag, dass trotz einem «überwältigenden» Frauenstreik im letzten Jahr, sich in Sachen Gleichstellung in der Schweiz kaum etwas verbessert habe. Die Frauen würden immer noch tiefere Löhne und Renten bekommen als Männer und mehr Betreuungsarbeit übernehmen, teilte der Schweizerische Gewerkschaftsbund mit.

Die Gewerkschaft Unia prangerte die Lohndiskriminierung, Doppel- und Dreifachbelastung sowie die Respektlosigkeiten im Alltag der Frauen in der Schweiz an.

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