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Düstere Wolken aber auch viel Geld auf der hohen Kante

Um die Bundesvorgaben einhalten zu können, trägt der Bündner Grosse Rat die Junisession in die Stadthalle aus. Wie von jeder Session tickern wir auch aus dem Exil für Euch. Auch am zweiten Tag geht es um Covid-19.

Philipp
Wyss
16.06.20 - 17:29 Uhr
Politik

Ticker

Am zweiten Tag der Junisession hat der Grosse Rat:

  • Die Notverordnungen zu Covid-19 genehmigt
  • Sämtliche Fragen der Fragestunde zu Covid-19 behandelt und damit die Beratungen zur Coronakrise beendet
  • Den Geschäftsbericht und die Jahresrechnung 2019 des Kantons genehmigt.

Die Session wird am Mittwoch ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Junisession ist wegen der Verlagerung in die Stadthalle nicht öffentlich. Wie bei jeder Session tickern wir auch von der Junisession für Euch.

Jahresrechnung 2019 genehmigt

Nach einer ganz kurzen Debatte genehmigt das Parlament die Jahresrechnung 2019 des Kantons Graubünden mit 108:0 Stimmen. Ebenso wird die Jahresrechnung 2019 der Arbeitslosenkasse mit 108:0 Stimmen genehmigt.

SP-Grossrat Patrik Degiacomi.
SP-Grossrat Patrik Degiacomi.
SCREENSHOT

«Düstere» Aussichten – «jetzt erst recht»

Die finanziellen Folgen von Covid-19 sind auch für den Kanton nicht absehbar. Finanzdirektor Christian Rathgeb (FDP, Chur) rechnet mit einem Einnahmeausfall in unbekannter Höhe. Rathgeb ist überzeugt, mit der nötigen Budget- und Ausgabedisziplin die besonderen finanziellen Herausforderungen bewältigen zu können. Dafür gibt es auch Licht am Horizont, oder wie es Grossrat Patrik Degiacomi (SP, Chur) sagte: «Es geht uns gut, und die dunklen Wolken, die sie seit Jahren prophezeien, sind noch ein bisschen dunkler geworden.» Darum will Degiacomi «jetzt erst recht» in den Standort Graubünden investieren.

Das Budget 2020 weist im Gesamtergebnis ein Defizit von 33 Millionen aus. Für das laufende Jahr 2020 wurde vor Covid-19 erneut ein gutes operatives Ergebnis vorhergesagt. Dank einer ausserordentlich hohen Gewinnausschüttung der Nationalbank und einer Jubiläumsdividende der Graubündner Kantonalbank im 2020 waren frühzeitig substanzielle Ertragsverbesserungen gegenüber dem Budget bekannt. Belastend werden sich in noch nicht bezifferbarer Höhe die aktuelle Situation mit dem Coronavirus sowie die kantonalen Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft auswirken. Die Mehrbelastungen aufgrund der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform und AHV-Finanzierung in Graubünden und die Ertragsausfälle aufgrund der Anpassungen am Bundesfinanzausgleich werden sich erst ab dem Jahr 2021 auswirken. Das sehr gute Jahresergebnis 2019 und die Zusatzvereinbarung mit der Nationalbank für die Gewinnausschüttungen in den Jahren 2020 und 2021 bieten auch für das Budget 2021 eine gute Basis. Für die weitere Entwicklung zeichnet sich trotzdem ein enger werdender Finanzrahmen ab. Mit der nötigen Ausgabendisziplin und gezielten Massnahmen zur Erhöhung der Budgetqualität werden sich auch in diesen Jahren die Herausforderungen meistern und die finanzpolitischen Richtwerte 2021-2024 des Grossen Rates einhalten lassen.

Grosser Rat
Regierungspräsident Christian Rathgeb auf dem Weg zur Session.
PHILIPP BAER

Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2019

2021 erwartet Regierungspräsident Christian Rathgeb (FDP, Chur) deutliche Steuerausfälle. Für das laufende Jahr rechnet er mit 85 Millionen Franken zusätzlicher Steuerbelastung. Dazu kämen 80 Millionen Franken Solidar-Bürgschaften. Rathgeb fordert das Parlament auf, die Regierung bei den Sparbemühungen zu unterstützen und auf die Debatte um dcen Geschäftsbericht und die Jahresrechnung 2019 des Kantons Graubünden einzutreten.

Der Kanton Graubünden weist in der Jahresrechnung 2019 einen hohen operativen Ertragsüberschuss von 115,5 Millionen Franken aus (Vorjahr +105 Millionen Franken). Dazu beigetragen haben gegenüber dem Budget geringere Sach- und Betriebsaufwendungen, wesentlich tiefere Abschreibungen, nicht ausgelöste Beiträge an Dritte und höhere Steuererträge aus Kantons- und Bundesquellen sowie einige grössere nicht planbare Sonderereignisse. Das Gesamtergebnis zeigt ein Plus von 53,6 Millionen Franken (Vorjahr +2,7 Millionen Franken). Das frei verfügbare Eigenkapital wächst von 418 Millionen Franken auf 496 Millionen Franken. Der Kantonshaushalt ist damit für die finanziellen Herausforderungen ab 2021 gut aufgestellt.

Mittagspause

Vor dem Mittag hat der Grosse Rat mit der Fragestunde zum Thema Coronavirus begonnen. Insgesamt beantwortet die Bündner Regierung 18 Fragenkataloge von Parlamentarierinnen und Parlamentariern. Doch bereits nach Beantwortung der ersten Fragen zum Thema «Kontrolle der Finanzmittel» von Martin Bettinaglio (BDP, Klosters) schaltet der Rat eine Mittagspause ein. In diesem Sinne: Guten Appetit!

Spital
ARCHIV

Unterstützung für Spitäler unbestritten

Nach der Pause hat sich der Rat mit der Verordnung zur Unterstützung für die Bündner Spitäler beschäftigt. Hintergrund dieser Unterstützung: Die Anordnung des Bundesrats an die Spitäler, nur dringend medizinisch angezeigte Untersuchungen, Behandlungen und Therapien durchzuführen, hat dazu geführt, dass die Fallzahlen in den Spitälern komplett eingebrochen sind. Die Regierung hat deshalb eine Notverordnung beschlossen. Diese ermöglicht, die Spitäler finanziell zu unterstützen. Der Grosse Rat hat die Notverordnung nun einstimmig legitimiert.

Der Kanton wird deshalb während des laufenden Jahres alle zwei Monate provisorische Auszahlungen an die Spitäler vornehmen. Eine erste Auszahlungstranche wurde im Mai bereits vorgenommen. Dabei wurden 19,1 Millionen Franken für Einnahmeausfälle und 3,7 Millionen Franken für gemeinwirtschaftlichen Leistungen ausbezahlt.

Eine definitive Festsetzung der Beiträge an gemeinwirtschaftliche Leistungen und der Höhe der Übernahme von Einnahmeausfällen wird voraussichtlich gemäss der Bündner Regierung gegen Ende 2021 möglich sein.

Der Grosse Rat tagt in der Stadhalle in Chur.
Der Grosse Rat tagt in der Stadhalle in Chur.
PHILIPP BAER

Kaffeepause

Standespräsident Alessandro Della Vedova (CVP, Poschiavo) hat zur ersten Morgenpause der Junisession gerufen. Die Parlamentarier verpflegen sich im eigens für die Session eingerichteten Kaffee im Erdgeschoss.

Wer bekommt wie viel Geld?

Regierungsrat Marcus Caduff (CVP, Morissen) erklärt, wie während der Coronakrise finanzielle Unterstützung gewährt wurde. Es geht um Solidarbürgschaften und Härtefälle. «Die Regierung wollte nicht nach dem Giesskannenprinzip Geld ausschütten», erklärt Caduff. Er habe sich auch bei anderen Kantonen erkundigt, wie sie das handhaben würden. Es wurden zum Teil Vorwürfe geäussert, dass Unternehmen, die Reserven zur Seite legen konnten, nun einen Nachteil erleiden, so Caduff. Das sei bekannt, so der Regierungsrat weiter. Wie man dieses Problem lösen könne, wisse die Regierung aber nicht. Man werde Härtefälle aber einzeln anschauen, sagte Caduff während der Eintretensdebatte.

Zur Minderung von wirtschaftlichen Härtefällen im Zusammenhang mit dem Covid-19 hat der Kanton Graubünden einen Härtefallfonds im Umfang von 10 Millionen Franken errichtet. Die Hilfe soll kleinen Unternehmen (inklusive Einzelfirmen) mit Sitz in Graubünden mit einem Jahresumsatz von maximal 2,5 Millionen Franken dienen, die besonders schwer von der Krise betroffen sind. Die Unterstützung richtet sich nach dem Umfang der wirtschaftlichen Einbusse des Unternehmens. In der Regel wird nur ein Teil des Schadens oder der Verluste entschädigt. Der Unterstützungsbeitrag ist auf maximal 30'000 Franken pro Unternehmen begrenzt.

Grosser Rat in der Stadthalle
Der Grosse Rat tagt in der Stadhalle in Chur.
PHILIPP BAER

Kritische Stimmen aber klare Zustimmungen zur Notverordnung

Ende April hat die Bündner Regierung mit einer Notverordnung Gemeinden, Bürgergemeinden, Regionen und Gemeindeverbände ermächtigt, für unaufschiebbare Geschäfte anstelle von Gemeindeversammlungen Urnenabstimmungen durchführen zu dürfen. Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Chur) erläuterte den Entscheid. Die Grossräte Philipp Wilhelm (SP, Davos) und Roman Hug (SVP, Trimmis) äussern sich darüber kritisch. Wilhelm hätte sich eine Liveübertragung und das Einbinden von Publikum gewünscht. Andere Institutionen hätten das auch gemacht und geschafft, so Wilhelm. «Ich hätte hier vom Kanton erwartet, dass die Gewährleistung der Öffentlichkeit eingefordert wird», sagte Wilhelm über Sitzungen von Gemeindeparlamenten. Wilhelm plädiert auf Ablehnung der Notverordnungen Covid-19. Und Hug brachte ein Beispiel seiner Gemeinde Trimmis. «Wir haben umstrittene Investitionsprojekte. Es wäre einfach, die Gemeindeversammlung als vorberatende Instanz auszulassen, und Vorlagen direkt an die Urne weiterzuleiten. Bei kritischen Geschäften könnte damit die Chancen auf eine Zustimmung steigen. In Trimmis wurde das laut Hug tunlichst vermieden. «Dieses Recht sollte nur in absoluten Notsituationen angewandt werden», so Hug.

Regierungsrat Rathgeb betont, dass die Notverordnung nur für unaufschiebbare Geschäfte galt. Die Regierung habe immer gesagt, sobald die Notverordnung aufgehoben werden kann, heben wir sie wieder auf, so Rathgeb. Das ist seit dem Bundesratsentscheid vom 6. Juni, wieder Versammlungsverbot mit mehr als 300 Personen durchführen zu dürfen, bereits geschehen. Im Hinblick auf eine zweite Covid-19-Welle, so Rathgeb, werde die Thematik aber noch einmal behandelt.

Bei einer ersten Abstimmung hat der Antrag der SP letztlich keine Chance. Das Parlament folgt mit 95:18 Stimmen bei 0 Enthaltungen der Regierung und genehmigt den ersten Teil der Notverordnung. Auch die weiteren Teile der Notverordnung werden mit jeweils gut 100 Stimmen deutlich angenommen.

Nochmals Corona

Der zweite Tag der Junisession beginnt am Dienstag um 8.15 Uhr mit der Erläuterung der Notverordnung, der Genehmigung von Nachtragskrediten und mit der Fragestunde zu Covid-19.

Die Session ist nicht publikumsöffentlich. Stattdessen gibt es einen Livestream über den Youtube-Account des Kantons Graubünden, welcher auf der Webseite des Grossen Rats zu finden ist.

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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