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Russischer Menschenrechtler Dmitrijew zu Straflager verurteilt

Ein russisches Gericht hat den Historiker und Menschenrechtler Juri Dmitrijew in einem umstrittenen Prozess zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt. Das teilte der Anwalt Viktor Anufrijew am Mittwoch russischen Medien zufolge mit.

Agentur
sda
22.07.20 - 16:19 Uhr
Politik
ARCHIV - Juri Dmitrijew, Menschenrechtler und Historiker aus Russland, spricht zu Journalisten vor einem Gerichtsraum. In einem umstrittenen Prozess gegen den russischen Historiker und Menschenrechtler Juri Dmitrijew will ein Gericht in Petrosawodsk im…
ARCHIV - Juri Dmitrijew, Menschenrechtler und Historiker aus Russland, spricht zu Journalisten vor einem Gerichtsraum. In einem umstrittenen Prozess gegen den russischen Historiker und Menschenrechtler Juri Dmitrijew will ein Gericht in Petrosawodsk im…
Keystone/AP/Vladimir Larionov

Der Richter in Petrosawodsk im Norden Russlands sah es demnach als erwiesen an, dass der 64-Jährige seine Adoptivtochter sexuell missbrauchte. Für erfunden halten die Vorwürfe Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch (HRW) und Memorial. Sie kritisieren das Verfahren als politisch motiviert.

Der Historiker hatte Verbrechen unter Sowjetdiktator Josef Stalin öffentlich und sich selbst damit Feinde im Machtapparat gemacht. Weil Dmitrijew bereits die meiste Zeit in Untersuchungshaft verbracht hat, wird eine Anrechnung der bisherigen Haftzeit und dadurch seine Freilassung Mitte November erwartet, wie sein Anwalt sagte. Er habe zwar auf einen Freispruch gehofft, sagte Anufrijew. Der Richter sei aber zum Glück deutlich hinter den von der Staatsanwaltschaft geforderten 15 Jahren Haft geblieben.

Dmitrijew, ein angesehener Wissenschaftler, hält die Anklage für einen Vorwand, um seinen Einsatz für ein Gedenken an die Stalin-Verbrechen zu verhindern. Die Behörden der Region hatten Dmitrijews Arbeit als «schädlich für den internationalen Ruf Russlands» bezeichnet.

Für den Wissenschaftler hatten sich auch die Literaturnobelpreisträgerinnen Herta Müller aus Deutschland und Swetlana Alexijewitsch aus Belarus eingesetzt. In einem früheren Verfahren war Dmitrijew von den Vorwürfen freigesprochen worden. Allerdings kassierte das Oberste Gericht der Republik Karelien 2018 den Freispruch und ordnete ein neues Verfahren an.

Russlands Sicherheitsbehörden gehen seit Jahren massiv gegen Andersdenkende vor. Kritiker werfen dem Kreml eine Zunahme von Repressionen vor.

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