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Die Regierung will die Mischung

Graubünden braucht ein neues Wahlsystem für den Grossen Rat. Nach einer umfassenden Auslegeordnung und nachdem sich zahlreiche Parteien, Regionen und Gemeinden zu Wort gemeldet haben, hat die Bündner Regierung nun beschlossen, ein gemischtes System zu unterstützen.

Südostschweiz
22.09.20 - 11:05 Uhr
Politik
Die Bündner Regierung spricht sich für ein gemischtes Wahlsystem aus. Hier zu sehen Peter Peyer, Mario Cavigelli, Christian Rathgeb und Marcus Caduff (von links).
Die Bündner Regierung spricht sich für ein gemischtes Wahlsystem aus. Hier zu sehen Peter Peyer, Mario Cavigelli, Christian Rathgeb und Marcus Caduff (von links).
PHILIPP BAER

Die Bündner Regierung hat die Botschaft betreffend Anpassung des Wahlsystems des Grossen Rats verabschiedet. Das System muss geändert werden, weil laut Bundesgericht die Hälfte aller Sitze bisher nicht verfassungsmässig verteilt wurden. Dies hatte das Gericht aufgrund einer Stimmrechtsbeschwerde entschieden. Bis zu den nächsten Grossratswahlen im Mai 2022 muss deshalb ein neues System her.

Bisher wurde in Graubünden im Majorz-System gewählt. Bei dieser Mehrheitswahl werden die Kandidaten gewählt, die am meisten Stimmen erhalten. Sie soll mit einem gemischten System ersetzt werden. Wie es in einer Medienmitteilung der Standeskanzlei Graubünden heisst, unterbreitet die Regierung dem Grossen Rat eine Vorlage zur Umsetzung des sogenannten Wahlsystem-Modells E.

Beim Majorz, auch Majorzwahl oder Mehrheitswahl, werden die Kandidaten gewählt, die am meisten Stimmen erhalten.

Beim Proporz, auch Proporzwahl oder Verhältniswahl, werden nicht Kandidierende direkt gewählt, sondern in erster Linie die Partei und erst dann die Kandidaten.

Heute wird in Graubünden im Majorzsystem gewählt. Das Majorzsystem ist in der Schweiz ein Auslaufmodell. Neben Graubünden wird der Majorz für Parlamentswahlen nur noch in Appenzell Innerrhoden angewendet und Appenzell Ausserrhoden kennt eine Mischform aus Majorz und Proporz. In Graubünden ist das Majorzsystem seit Jahrzehnten umstritten. Seit 1937 wurden acht Proporzmodelle zur Volksabstimmung vorgeschlagen. Ein einziges Mal, 2003, siegten die Befürworter des Proporzes. Die Abstimmung wurde jedoch wiederholt, und es gewannen wieder die Verfechter des Majorzes. Das letzte Mal wurde der Wechsel zum Proporz im März 2013 an der Urne abgelehnt – mit 56 Prozent der Stimmen.

Im neuen Wahlsystem ist der Kanton in 43 Wahlkreise eingeteilt, wie es heisst. Davon entsprechen 34 Wahlkreise den bisherigen Kreisen. Die Wahlkreise Ilanz, Rhäzüns, Oberengadin und Davos müssen in neun neue Wahlkreise aufgeteilt werden. Der Kreis Avers würde in den Wahlkreis Rheinwald integriert werden.

«In 41 Wahlkreisen soll nach dem Majorzverfahren und in zwei Wahlkreisen nach dem Proporzverfahren gewählt werden.»

In 41 Wahlkreisen soll nach dem Majorzverfahren und in den zwei Wahlkreisen Chur und Fünf Dörfer nach dem Proporzverfahren gewählt werden. Letzteres soll ähnlich wie bei den Nationalratswahlen aufgebaut sein. Damit die Wähler mehr Transparenz haben, soll jedoch auf Listenverbindungen verzichtet werden.

Breite Akzeptanz

Grundsätzlich erachtete die Regierung im Vorfeld drei Wahlsystem-Modelle als geeignet, wie es weiter heisst. Ein Majorz-System, ein Doppelproporz-System und das gemischte Modell. Sie habe eigentlich das Doppelproporz-System favorisiert, während der Vernehmlassung habe sich jedoch gezeigt, dass drei Parteien, die im Grossen Rat die Mehrheit haben, dieses Modell ablehnen würden. Sie befürworten zusammen mit einer Mehrheit der Gemeinden das gemischte Wahlsystem. Deshalb unterbreitet die Regierung dem Grossen Rat dieses System.

Läuft alles nach Plan, wird der Grosse Rat die Vorlage in der Dezembersession beraten. Die Volksabstimmung wird am 13. Juni 2021 folgen. (rac)

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