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Wie sich Niederreiter bei 40 Grad auf die Playoffs vorbereitet

In Raleigh bereitet sich Nino Niederreiter mit den Carolina Hurricanes auf die NHL-Playoffs vor. Im ausführlichen Interview spricht der Churer Stürmer über die so ungewöhnliche Playoff-Vorbereitung, seinen speziellen Rückflug in die USA sowie die Chance, den Stanley Cup zu gewinnen.

Südostschweiz
23.07.20 - 12:00 Uhr
Eishockey
Nino Niederreiter versucht im Training, an Teamkollege Joel Edmundson vorbeizugehen.
Nino Niederreiter versucht im Training, an Teamkollege Joel Edmundson vorbeizugehen.
KEYSTONE

Nino Niederreiter, am Sonntag fliegen Du und Dein Team nach Toronto, wo die Playoffs ausgetragen werden. Wie sehr bist Du bereits im Playoff-Modus?

Die aktuelle Situation ist sehr speziell, auch hier in Carolina sind wir mehr oder weniger in einer «Bubble» drin. Hier versuchen wir als Team, uns bestmöglich vorzubereiten, um dann topmotiviert nach Toronto zu fliegen.

Bei Euch in Carolina ist es sehr heiss, und dadurch, dass die Playoffs erst jetzt starten, ist Euer Rhythmus aus den Fugen geraten. Ist es schwierig, sich jetzt «auf die schönste Zeit des Jahres» vorzubereiten?

Es ist wirklich extrem heiss bei uns. Meist gehen wir jetzt morgens aufs Eis. Das Eis ist jedoch nicht das beste, da es draussen in den letzten Tagen so 36 bis 40 Grad heiss war. Aber wir sind definitiv alle sehr motiviert, nach Toronto zu gehen. Spannend wird es sein, ohne Fans zu spielen. Wie das genau sein wird, wissen wir nämlich nicht.

«Der Plan sieht vor, dass wir etwa jeden zweiten Tag ein Spiel haben.»

Bestimmt wird es herausfordernd: Keine Fans, keine Heimspiele und viel «tote Zeit», da Ihr praktisch in Isolation lebt. Hast Du auch Respekt vor dieser Situation?

Nein, eigentlich überhaupt nicht – und viel Zeit bleibt uns auch überhaupt nicht. Der Plan sieht vor, dass wir etwa jeden zweiten Tag ein Spiel haben. Nach dem Start am 1. August haben wir einen Tag Pause und dann gleich «back-to-back» Spiele am 3. und 4. August. Wir wollen diese drei Spiele gewinnen, um dann in den richtigen Playoffs dabei zu sein.

In einer Qualifiers-Runde (Best-of-5) spielt Carolina in Toronto gegen die New York Rangers. Im Anschluss beginnnen dann die regulären Playoffs mit den übrigen 16 Teams. Zum Zeitpunkt des Saisonunterbruchs lagen die Hurricanes auf Rang 6 der Eastern Conference. Nino Niederreiter realisierte bis dahin 29 Skorerpunkte (11 Tore/18 Assists).

Dein Kondi-Trainer Michi Bont hat berichtet, dass Du während des Shutdowns in Chur sehr hart trainiert hast, obwohl Du gar nicht wusstest, ob die Saison fortgesetzt wird. Wieso warst Du in dieser Zeit derart motiviert?

Einerseits, weil meine Saison nicht so gut war, wie ich es mir vorgestellt habe. Andererseits wussten wir nicht, ob die Saison irgendwann noch zu Ende gespielt wird. Ich habe die Zeit einfach so gut wie möglich dazu genutzt, fit zu bleiben – vor dem Hintergrund, dass ich dann runterfahren kann, wenn der «Break» dann kommen sollte.

Du hast jedoch nicht auf einen «Break» hintrainiert, sondern auf die Playoffs. Wie sehr hast Du damit gerechnet, dass es weitergeht?

Das ist im Nachhinein schwierig zu sagen. Wir haben natürlich gesehen, dass die Sportligen auf der ganzen Welt abgebrochen oder unterbrochen wurden. So blieb die Frage, wann sie abbrechen oder wann sie weitermachen. Ausserdem war das ganze CBA ( Anm. d. Red.: Collective Bargaining Agreement, deutsch: Gesamtarbeitsvertrag der NHL), das bis 2026 verlängert wurde. Es ist vieles im Hintergrund passiert, bis definitiv entschieden wurde, dass die Saison fortgesetzt wird.

Als der Entscheid da war, bist Du zurück nach Carolina geflogen. War die Rückkehr ins Mannschaftstraining auch mit Unsicherheit verbunden?

Es war schon eine spezielle Situation. Wir kamen an einem Freitag an und hatten dann Samstag und Sonntag Zeit, um uns an die Zeitumstellung und ans Wetter zu gewöhnen. Am Montag habe ich die Jungs dann wieder gesehen. Es war irgendwie ein komisches Gefühl, denn alle benötigten etwas Zeit, um sich an das Eis und die Situation zu gewöhnen. Wir wussten aber, dass wir nur zwei Wochen Vorbereitungszeit haben. So versuchen wir nun jeden Tag, uns so gut wie möglich auf die Playoffs vorzubereiten.

Ungewöhnlich war vor allem der Weg, auf dem Du nach Raleigh zurückgekehrt bist. Zusammen mit tschechischen Spielern hast du einen Privatjet gemietet, um die Quarantäne zu umgehen.

Das war eigentlich recht lustig. Ein paar Jungs und ich haben uns dazu entschieden, in Europa zu bleiben, so lange nicht klar ist, ob es wirklich weitergeht. Der Privatjet ermöglichte es uns, erst ein paar Tage vor Trainingsstart zurückkehren. So habe ich dann meine tschechischen Freunde in Prag getroffen, wir haben am Abend zusammen gegessen und sind am nächsten Tag geflogen. Es war ein ziemlich cooler Flug.

«Du weisst nicht, wann du die nächste Chance erhältst, den Stanley Cup zu gewinnen.»

In einem von den Carolina Hurricanes publizierten Interview hast Du gesagt, dass es zwar schön sei, wieder zu trainieren, Du jedoch nichts lieber tun würdest, als endlich Playoffs zu spielen.

So ist es. Als die Saison nach 67 Spielen unterbrochen wurde, waren wir sehr nahe an den Playoffs dran. Der härteste Kampf ist immer, es überhaupt in die Playoffs zu schaffen. Wären die Playoffs gestrichen worden, obwohl wir eigentlich dabei gewesen wären, wäre das bitter gewesen. Du weisst nicht, wann du die nächste Chance erhältst, den Stanley Cup zu gewinnen. Denn wenn du erst Mal in den Playoffs bist, ist alles möglich. Das hat man letztes Jahr gesehen, als wir es bis in den Conference Final geschafft haben. Dieses Jahr haben wir eine gute Mannschaft und ich denke, dieses Jahr können alle Teams weit kommen, die von Corona verschont bleiben (lacht).

Morgen Freitag ab 12 Uhr: In Teil 2 des Interviews spricht Nino Niederreiter über die anstehende Serie gegen die New York Rangers, darüber, was er von sicher selber in den Playoffs erwartet sowie über sein fast fertig gebautes Haus in Chur.

(zuj/krt)

Nino Niederreiter – Interview Teil 1

TV Südostschweiz, 23.07.2020.
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