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Als Sportler im Zenit, als Unternehmer am Anfang

Markus Ryffel liefert an den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles die sportlich wertvollste Leistung der helvetischen Delegation mit ihren acht Medaillen.

Agentur
sda
21.07.20 - 05:00 Uhr
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Der 5000-m-Läufer gewann in der noch heute gültigen Schweizer Rekordzeit von 13:07,54 Minuten Silber.

Markus Ryffel hatte das Glück, das nur wenigen Sportlern gewährt wird. Die beste Leistung seiner Karriere stellte er beim wichtigsten Rennen seiner Karriere auf - Podium und Rekord in einem Streich. Und dies erst noch in einem 5000-m-Rennen, das an grossen Meisterschaften in der Regel taktisch gelaufen wird. 1984 aber war dies anders. Nach einem Tempolauf attackierte der kleine Ryffel in der Schlussrunde sogar den grossen Said Aouita aus Marokko. Dieser liess sich aber nicht beeindrucken und jubelte schon eingangs der Zielgeraden, obwohl Ryffel nur ein paar Meter zurück lag.

Der Zürcher Oberländer stand bei seiner dritten Olympia-Teilnahme und einer bereits erfolgreichen Karriere im Zenit. Sein Palmarès hatte er schon 1978 mit Gold an den Hallen-EM über 3000 m in Mailand und EM-Silber über 5000 m in Prag verziert. Dies trug ihm im Dezember den Titel als Schweizer Sportler des Jahres ein. 1984 hingegen erhielt der Brustschwimmer Etienne Dagon die prestigeträchtige Auszeichnung für Olympia-Bronze.

Den Appetit für Olympia-Grosstaten holte sich Ryffel bereits an den Olympischen Spielen 1976 in Montreal. Als 21-Jähriger zahlte er jedoch Lehrgeld und musste mit Platz 28 vorliebnehmen. Vier Jahre später in Moskau 1980 galt er als Medaillenkandidat. Er wurde Fünfter. «Reif für die Medaille war ich erst 1984 in Los Angeles. Körperlich war ich in Moskau zwar genauso fit. Aber um sportliche Höchstleistungen zu erbringen, braucht es nicht nur die körperlichen Fähigkeiten, sondern auch die mentalen. Ich liess mich von den Gegnern nicht mehr so leicht beeindrucken und agierte viel abgeklärter», sollte er später immer wieder sagen.

Sportlich und beruflich erfolgreich

Das Olympia-Silber machte Ryffel nicht nur endgültig zu einem erfolgreichen Sportler, sondern gab ihm auch den letzten Schub zum erfolgreichen Organisator und Unternehmer. Wer in der Schweiz Ausdauersport betreibt, begegnet noch heute früher oder später dem Namen Ryffel. Er war einer, der die Menschenmassen zuerst mit seinen Läufen begeisterte und dann zum Laufen brachte. Ryffel durfte seine Leidenschaft zum Beruf machen, war erfolgreich und die Gesundheit erlaubt es dem 65-Jährigen, immer noch dem Laufsport zu frönen. Irgendwann 2018 legte er nach eigenen Angaben den 200'000sten Kilometer zurück.

Ryffel, aufgewachsen am Greifensee, lernte früh, dass man anpacken und zielstrebig auf etwas hinarbeiten muss, um ein Ziel zu erreichen. Seinen Ursprung als Sportler schilderte er einst so: «Meine Eltern hatten ein Restaurant und eine Metzgerei, wir hatten einen Hauslieferdienst. Ohne diesen wäre ich nie ein solch guter Läufer geworden. Und weil das Herz nicht unterscheidet, ob du Velo fährst oder läufst, prägten mich die Kilometer auf dem Rad. Ich machte schon in der Primarschule 20, 30 Kilometer pro Tag, hatte meine 17 Kunden, die ich mit Cordon bleu und Bündnerfleisch belieferte.» Für die Lehre als Schriftsetzer zog Ryffel dann zu seinem Förderer Heinz Schild nach Bern und lief im Dress des Stadtturnvereins.

Als Unternehmer legte der Spitzensportler eine ebenso erfolgreiche Karriere hin. Schon während der Aktivzeit veranstaltete er mit seinem sportlich und beruflich ebenfalls erfolgreichen Freund, dem deutschen Arzt Thomas Wessinghage, in St. Moritz Laufseminare. Der weltoffene Ryffel erkannte früh das im Laufsport schlummernde Potenzial. Er setzte seine Ideen, die er dank Erkenntnissen und Informationen aus dem Ausland verfeinerte, erfolgreich um: Sportgeschäft eröffnet, einen Versandhandel aufbaut, Wettkampfreisen organisiert, Laufseminare angeboten, Events lanciert - und einiges mehr.

Einleitung:

Titel, Tränen, Triumphe - normalerweise würden sich die besten Schweizer Sommersportler aktuell im Endspurt der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Tokio befinden. Wegen der Corona-Pandemie müssen sie sich jedoch ein Jahr gedulden. Keystone-SDA nutzt die Gelegenheit und blickt während sieben Wochen bis Ende Juli in einer Serie dreimal wöchentlich auf besondere Schweizer Olympia-Momente zurück. Im Fokus stehen Triumphe, aber auch bittere Niederlagen und spezielle Geschichten von Schweizer Sportgrössen.

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