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Wenn die beste Bündner Schwimmerin nicht schwimmen darf

Im Sommer wollte Svenja Stoffel ihrer Schwimm-Karriere mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio die Krone aufsetzen. Derzeit darf die Emserin jedoch nicht einmal im Wasser trainieren.

26.03.20 - 04:30 Uhr
Schwingen
Svenja Stoffel in ihrem Element – leider kein Bild aus diesen Tagen.
Svenja Stoffel in ihrem Element – leider kein Bild aus diesen Tagen.
KEYSTONE

Hätten die Dinge auf der Welt in den vergangenen Wochen und Monaten ihren normalen Lauf genommen, die Bündner Schwimmerin Svenja Stoffel befände sich derzeit in den finalen Vorbereitungen auf die Langbahn-Schweizermeisterschaften in Genf vom 2. bis 5. April. In der Calvinstadt hätte die 22-jährige Emserin über 100m Delfin sowie in der Staffel die Limite von Swiss Olympic für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen zu erreichen versucht. Wäre sie zu langsam geschwommen, hätte sie im Mai an den Europameisterschaften in Budapest eine letzte Gelegenheit erhalten.

Die Realität sieht freilich anders aus. Aufgrund des grassierenden Coronavirus’ sind die Schweizermeisterschaften auf unbestimmte Zeit verschoben, die EM provisorisch vom Mai in den August verlegt, die Olympischen Spiele von diesem auf den nächsten Sommer umterminiert. Statt im Becken trainiert Stoffel an Land. Genauer gesagt zu Hause bei den Eltern in Domat/Ems. «Ich habe im Garten des Elternhauses einen Kraftraum eingerichtet. So kann ich die Wassertrainings durch Landtrainings ersetzen», sagt Stoffel, die sonst in Uster wohnt und dort für den Spitzenklub Uster-Wallisellen schwimmt.

Die Ziele im Kopf und im Herzen halten

Doch die Bestimmungen des Bundes zwecks Schliessung aller Sport- und Freizeitanlagen sehen auch für den Leistungssport keine Ausnahmen vor. Stoffel und ihren Berufskolleginnen- und Kollegen bleibt nichts anderes übrig, als sich ausserhalb des Bassins fit zu halten – einerseits körperlich, anderseits im Kopf. «Das wichtigste ist jetzt, auch mental fit zu bleiben und seine Ziele im Kopf und im Herzen präsent zu haben», sagt Stoffel, die vor vier Jahren als 18-Jährige die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio nur hauchdünn verpasst hatte. Denn nicht zu wissen, wann die Saison beginnt, und wann die nächsten Wettkämpfe stattfinden, sei sehr schwierig.

Wissen tut Stoffel seit Dienstag hingegen, dass die Olympischen Spiele in Tokio, ihr vielleicht grösstes Karriere-Ziel, diesen Sommer ins Wasser fällt. Der japanische Premierminister Shinzo Abe und IOC-Präsident Thomas Bach einigten sich darauf, Olympia um ein Jahr zu verschieben. «In der aktuellen Situation die einzige vertretbare Option», wie Stoffel sagt.

Zukunftsplanung verschoben

Selbst wenn sich die Coronavirus-Situation bis zum geplanten Start der Spiele am 24. Juli beruhigt hätte. Die Qualifikationsabläufe, nicht nur im Schwimmsport, wären wohl zur Farce verkommen. Nirgendwo auf der Welt wären in diesem Frühjahr ordentliche Qualifikationswettkämpfe möglich gewesen.

Stoffel, die mit einem Rücktritt vom Spitzensport nach Tokio 2020 kokettiert hatte, erhält nun etwas mehr Zeit, sich auf die EM im August sowie die SM (Austragungsdatum noch nicht definiert) vorzubereiten. Ein vorzeitiger Rücktritt kommt definitiv nicht in Frage.

«Jetzt werde ich logischerweise noch einmal ein Jahr voll weiterschwimmen», sagt die Schweizermeisterin von 2018 über 50m und 100m Delfin. Dann, im 2021, will sie die Lage neu beurteilen und entscheiden, ob und auf welchem Niveau es weitergeht. Eine wichtige Rolle beim Entscheid über ihre Zukunft werden bestimmt die Resultate spielen, die sie bis dann herausschwimmen kann.

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