Weshalb es mehr Genossenschaftswohnungen braucht
Am 9. Februar 2020 kommt die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» vors Volk. Sie will den gemeinnützigen Wohnungsbau stärken. Konkret sollen Bund und Kantone dafür sorgen, dass gesamtschweizerisch mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Wohnbauträger sind. Doch ist das realistisch?
Am 9. Februar 2020 kommt die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» vors Volk. Sie will den gemeinnützigen Wohnungsbau stärken. Konkret sollen Bund und Kantone dafür sorgen, dass gesamtschweizerisch mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Wohnbauträger sind. Doch ist das realistisch?
von Lea Gerber, Bereichsleiterin Politik und Grundlagen Wohnbaugenossenschaften Schweiz
Obwohl die Nachfrage nach Genossenschaftswohnungen sehr hoch ist, sinkt der Marktanteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus seit Jahren. Heute sind gesamtschweizerisch nur noch fünf Prozent der Wohnungen gemeinnützig. Denn das Marktumfeld wird immer schwieriger: Gemeinnützige Bauträger können bei den hohen Bodenpreisen nicht mehr mithalten und haben kaum Zugang zu geeigneten Arealen. Deshalb fordert die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» Massnahmen, damit künftig mehr gemeinnützige Wohnungen entstehen.
Die Gemeinnützigen im Hintertreffen
Kernforderung der Initiative ist, dass gesamtschweizerisch mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Wohnbauträger sind. Dies entspräche ungefähr einer Verdoppelung der heutigen Bautätigkeit der Gemeinnützigen. Im Jahr 2017 wurden gut 50 000 Wohnungen neu erstellt. Davon gehören circa sechs Prozent gemeinnützigen Bauträgern – also Wohnbaugenossenschaften, Stiftungen, gemeinnützigen Aktiengesellschaften sowie kommunalen Bauträgern. Eine knappe Verdoppelung ist realistisch. Die gemeinnützigen Bauträger haben viel gebaut in den letzten Jahren, konnten aber mit der intensiven Bautätigkeit institutioneller Anleger nicht mithalten. Sie sind bereit, mehr zu bauen, wenn die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.
Steigende Mieten, angespannte Märkte
Wohnungen gemeinnütziger Bauträger sind deutlich günstiger als andere Mietwohnungen. Der Grund dafür ist, dass sie zur Kostenmiete vermietet werden. Das heisst: die Miete ist nur so hoch, dass sie den Aufwand des Bauträgers deckt. Für eine gute Versorgung aller Bevölkerungskreise mit Wohnraum und eine ausgewogene soziale Durchmischung müsste es jedoch viel mehr gemeinnützige Wohnungen geben. Gesamtschweizerisch gesehen steigt zwar der Leerwohnungsbestand. Doch die Mieten steigen weiter an. In den Agglomerationen und Zentren sowie in Tourismusregionen ist der Wohnungsmarkt nach wie vor sehr angespannt.
Nutzen für die ganze Gesellschaft
Genossenschaften bieten aber noch viel mehr als preisgünstige Wohnungen. Viele von ihnen stellen Infrastrukturen wie beispielsweise Gemeinschaftsräume, Kindertagesstätten, Kindergärten oder Mittagstische bereit, die vom ganzen Ortsteil genutzt werden können. Nicht nur für die Bevölkerung, auch für die öffentliche Hand lohnen sich darum Investitionen in den gemeinnützigen Wohnungsbau. Dank tieferen Mieten, ausgeprägter Freiwilligenarbeit und teilweise genossenschaftsinternen Sozialdiensten werden die Kantone und Gemeinden in der Sozialhilfe und der Gemeinwesenarbeit entlastet. Davon profitieren letztlich die Steuerzahlenden.
Gemeinnütziges Bauen erwünscht
Gemäss einer repräsentativen Befragung findet eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung, dass es mehr Genossenschaftswohnungen in der Schweiz geben sollte. In den letzten Jahren hat sich das Stimmvolk in verschiedenen Gemeinden und Kantonen für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau ausgesprochen. Ob das auch auf nationaler Ebene so ist, wird sich im nächsten Februar zeigen. Weitere Informationen zur Initiative finden Interessierte hier.
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