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Vereinatunnel bringt mehr Gäste in das Unterengadin

Der Bau des Vereina-Bahntunnels hat dem Unterengadiner Tourismus in den letzten zehn Jahren einen deutlichen Wachstumsschub beschert. Nachteile seien, so sagt eine Studie des Bundesamts für Raumentwicklung, ausgeblieben.

Südostschweiz
03.11.09 - 01:00 Uhr
Vereinatunnel bringt mehr Gäste in das Unterengadin

Der Bau des Vereina-Bahntunnels hat dem Unterengadiner Tourismus in den letzten zehn Jahren einen deutlichen Wachstumsschub beschert. Nachteile seien, so sagt eine Studie des Bundesamts für Raumentwicklung, ausgeblieben.

Von Reto Furter

Scuol. – Als vor zehn Jahren der erste Zug der Rhätischen Bahn durch den Vereinatunnel zwischen Klosters und Sagliains fuhr, hofften die Befürworter der neuen Eisenbahnverbindung auf neue wirtschaftliche Impulse für das Unterengadin, das vom Rest der Schweiz aus in deutlich kürzerer Zeit erreicht und dadurch erstmals zum Zielort vom Tagestourismus werden konnte. Ebenfalls war es dank der schnellen Verbindung möglich, im Unterengadin zu wohnen und in Davos zu arbeiten.Gegner des Vereinatunnels warnten vor einer Überflutung des Unterengadins durch den erwünschten Tourismus und den weniger erwünschten Neuwohnungsbau mit Bevölkerungszunahme und einer hohen Zahl kalter Betten in der Zwischensaison. Wer hatte Recht? Welche Entwicklung trat im Unterengadin ein?2006 liess das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) in Zusammenarbeit mit dem Bündner Amt für Raumentwicklung genau diese Fragen untersuchen und verglich dabei die Entwicklung im Unterengadin mit jener im Kreis Disentis, einem «Vergleichsgebiet mit ähnlichem touristischem Potenzial», das aber von keiner vergleichbaren Verbesserung der Erreichbarkeit profitieren konnte wie das Unterengadin, wie es in der abschliessenden Studie des Bundes heisst. Drei Bereiche stehen darin im Zentrum: der Verkehr, die Umwelt und Siedlungen und schliesslich die Wirtschaftsentwicklung.

Der Tourismus hat profitiert

Klarer Gewinner des Vereinatunnels ist laut Studie der Tourismus im Unterengadin. Ablesen lässt sich das etwa anhand der Logiernächtezahlen – ein zwar oft kritisierter, aber immerhin über lange Zeiträume hinweg vergleichbarer Indikator (siehe Grafik). Einzig 2004 wurden keine Daten erhoben, seit 2005 hat sich zudem der Berechnungsmodus leicht verändert. 1999 registrierte man in den Kreisen Ramosch, Suot Tasna und Sur Tasna fast 540 000 Logiernächte – 2000, im ersten Jahr mit dem Vereinatunnel, waren es fast 610 000. Lediglich 2002 wurde diese Zahl markant unterschritten, ansonsten gelingt es dem Unterengadiner Tourismus, die Verbesserung durch die neue Bahnverbindung zu nutzen.Ganz anders verlief die Entwicklung in der obersten Surselva im Kreis Disentis. 1993 wurden dort gut 236 000 Logiernächte gezählt, seither sank diese Zahl bis 2002/2003 mehr oder weniger kontinuierlich. 2008 stieg zwar die Zahl der Logiernächte an, aber deutlich schwächer als im gleichen Zeitraum im Unterengadin.

Befürchtungen nicht eingetreten

Auch im Verkehrsbereich hält der Vereina laut der Studie, was man sich von ihm versprochen hat. So habe der Vereinatunnel «zu keiner feststellbaren Zunahme beim Strassenverkehr geführt». Ein relevanter Verlagerungseffekt von der Strasse auf die Schiene sei aber ebenso wenig festzustellen, wie festgehalten wird. Verlagert hat sich allerdings der Bahngüterverkehr selbst, und zwar von der Albula- auf die Vereinalinie.Auch hinsichtlich Umwelt und Siedlung im Unterengadin sind die «Befürchtungen nicht eingetreten», wie die Studie aus 2006 festhält. Es hätten keine «bleibenden Verunstaltungen» stattgefunden, auch die Nachfrage nach Zweitwohnungen habe sich nicht verändert.Ebenfalls keine Auswirkungen scheint der Tunnel auf die Bevölkerungsentwicklung im Unterengadin zu haben. Eine Aufwertung als Wohnstandort für Wegpendler habe dort jedenfalls nicht stattgefunden, so die Studie. Eher im Gegenteil, wie die Statistik suggeriert. Zwar leben heute mehr Menschen im Unterengadin als vor zehn Jahren. Noch stärker war die Zunahme aber im Kreis Disentis.

Zehn Jahre Vereina

Am 19. November 1999 konnte das Netz der Rhätischen Bahn, erstmals seit 1914, um rund 22 Kilometer verlängert werden: An diesem Tag nahm der 19,1 Kilometer lange Vereinatunnel seinen offiziellen Betrieb auf und verbindet seither wintersicher das Prättigau mit dem Unterengadin. In einer Artikelreihe zum 10-Jahre-Jubiläum setzt sich die «Südostschweiz» mit verschiedenen Folgen dieses Tunnelbaus auseinander. (so)

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