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«Wir sind digital persönlich»

In den vergangenen Wochen hat der Unterricht an der Fachhochschule Graubünden wegen der Coronakrise nur noch digital stattgefunden. Obwohl das Lernen auf Distanz anfänglich für manche Betroffene Neuland war, zieht der Rektor rückblickend ein gutes Fazit. Nun stellt sich die Frage, wie digital sich die Zukunft der FHGR gestaltet.

Anna
Panier
06.06.20 - 10:45 Uhr
Leben & Freizeit
Der Unterricht an der Fachhochschule Graubünden findet seit dem 16.März digital statt.
Der Unterricht an der Fachhochschule Graubünden findet seit dem 16.März digital statt.
PHILIPP BAER

Seit den beschlossenen Lockerungen des Bundesrats kehrt in vielen Bereichen der normale Alltag ein, die Restaurants begrüssen wieder hungrige Gäste und die Lehrpersonen unterrichten ihre Klassen nicht mehr von Bildschirm zu Bildschirm. Auch an der Fachhochschule Graubünden (FHGR) sind die Lockerungen bemerkbar. Dennoch verlieren die vergangenen Wochen nicht an Bedeutung. Jürg Kessler, Rektor FHGR, betont: «Ich habe während der letzten Wochen eine sehr aktive Hochschulgemeinschaft erlebt.» Zwischen den Studierenden, Dozierenden und anderen Mitarbeitenden habe es eine rege Zusammenarbeit gegeben. Die sachliche und persönliche Kommunikation sei darum während der ganzen Krise das A und O gewesen. «Wir sind digital persönlich», so Kessler.

Vom Schulzimmer in die eigenen vier Wände

Aber kehren wir an den Anfang zurück. Der 16. März, ein für die FHGR und andere Schweizer Hochschulen bedeutungsvoller Tag. Denn ab diesem Montag wurde der Präsenzunterricht aufgrund des Coronavirus und der ausserordentlichen Lage schweizweit untersagt. Kessler erinnert sich zurück: «Einen Tag bevor der Bundesrat die Schliessung mitgeteilt hat, besprach ich persönlich die Phasen der Einführung der ‹virtuellen FHGR› als Eventualplanung mit allen Studienleitungen und gab den Auftrag, bereit für eine mögliche virtuelle FHGR zu sein.»

Damit, dass die Schliessung bereits am nächsten Tag beschlossen wurde, habe Kessler aber doch nicht gerechnet. Trotzdem bereitete der Übergang zum Distance-Learning kaum Probleme. «Wir haben schon früh ein Konzept in Zusammenarbeit mit dem Krisenstab ausgearbeitet», erklärt Kessler und fügt hinzu: «Wir haben uns also direkt von einer Präsenzhochschule zu einer Fernhochschule entwickelt.» 

Rund sechs Wochen wurde die virtuelle FHGR weiterentwickelt. Während dieser Zeit wurden einige Anpassungen vorgenommen. Wie Kessler erklärt, mussten die Dozierenden bei den Vorlesungen umdenken und mit Plattformen und Videokonferenzen arbeiten. Lernmaterial wie Bilder, Links oder Videos erhielten die Studierenden für das selbstständige Erarbeiten virtuell. Anschliessend wurde das erarbeitete Wissen in Videokonferenzen besprochen und über die Inhalte in virtuellen Gruppenräumen diskutiert. Ebenfalls konnten sich die Studierenden in den eigenen vier Wänden praktisch weiterbilden. In gewissen Studiengängen wurden dafür per Post Pakete mit verschiedenen Bestandteilen verschickt. So wurde manches zu Hause in ein Labor umgewandelt.

Obwohl das Lernen und Unterrichten auf Distanz anfangs für viele Betroffene eine Umstellung bedeutete, seien dennoch positive Aspekte bemerkbar. Kessler sagt: «Auch wenn die Umstände tragisch sind, so ist es doch wichtig, die Chancen der Digitalisierung und einer virtuellen Schule zu erkennen. Wir haben nämlich viel dazu gelernt und lernen auch immer noch.»

Erkenntnisse für die Zukunft und der Weiterentwicklung der FHGR werden darum im Rahmen der Task Force Futura gesammelt. So können beispielsweise die virtuellen Lehr-und Lernformen in der ganzen FHGR umgesetzt werden, wie Kessler fest stellt. «Wir halten an unserem Ziel, in den nächsten drei Jahren zu den führenden Schweizer Fachhochschulen im innovativen Lehren und Lernen zu gehören, weiterhin fest», betont Kessler und ergänzt: «Aber wir möchten immer eine Präsenzschule bleiben. Ganz im Sinne einer Fachhochschule: Wissenschaft basiert aber Praxis orientiert.»

Zwei mögliche Rückkehr-Szenarien

Wie sieht nun aber der Weg zurück in die Klassenräume aus? Wie Jürg Kessler erwähnt, wird mehrheitlich auf die gleiche Art und Weise weitergemacht wie bisher. «In den Bachelor- und Masterstudiengängen werden die kommenden Prüfungen wie bereits geplant nur zu 25 Prozent vor Ort durchgeführt. Grösstenteils läuft also weiterhin alles auf Distanz.» Lediglich bei Weiterbildungen, welche meist am Wochenende stattfinden, werde Präsenzunterricht unter Beachtung aller Vorschriften und Massnahmen durchgeführt.

Generell befolge man die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Darum blieben die restlichen Mitarbeitenden auch weiterhin im Homeoffice. Kessler betont aber: «Falls es eine Situation gibt, in der sich ein Team dringend persönlich treffen muss, ist dies möglich. Jedoch muss in solchen Fällen ‹Contact Tracing› durch den Vorgesetzten sichergestellt werden.»

Der Weg zurück in die Normalität ist also weiterhin von Herausforderungen und einer Ungewissheit gezeichnet. Das bestätigen auch Jürg Kesslers Worte: «Es wäre natürlich schön, wenn der reguläre Betrieb ab dem Herbstsemester also im September wieder möglich ist. Aber die Wahrscheinlichkeit ist auch gross, dass zu diesem Zeitpunkt noch verschiedene Schutzmassnahmen gelten.»

Aufgrund dieser Unsicherheit habe sich die FHGR auf zwei verschiedene Szenarien vorbereitet. Zu einem gebe es einen Plan für den normalen Präsenzunterricht, wie vor der Coronakrise. Zum anderen sei das Vorgehen entsprechend durchdacht, wenn auch im September noch eine besondere Lage herrsche. «Wir haben beide Varianten geplant, damit es uns nicht auf dem linken Fuss erwischt. Sprich, wir sind bereit für das, was kommt», so Kessler.

Anna Panier arbeitet als Redaktorin bei Online/Zeitung. Sie absolvierte ein Praktikum in der Medienfamilie Südostschweiz und studiert aktuell Multimedia Production im Bachelor an der Fachhochschule Graubünden in Chur. Mehr Infos

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