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Im Glarnerland wird lautstark gegrillt

Es wird gesungen, geflirtet, vor den Wohnungen aufgeräumt und ab und zu gestritten. Das schöne Wetter lockt alle nach draussen. Die Rede ist von den Feldgrillen.

Südostschweiz
08.06.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Bereit für die «Grillparty»: Grillen wirken mit ihrem glänzend schwarzen Körper, den goldenen Haaren und hübschen Flügeln stets festlich gekleidet.
Bereit für die «Grillparty»: Grillen wirken mit ihrem glänzend schwarzen Körper, den goldenen Haaren und hübschen Flügeln stets festlich gekleidet.
FRIDLI MARTI

Öffnen wir die Fenster, flutet sommerliches Zirpen unsere Häuser. Die Partnersuche der Feldgrillen ist in vollem Gange. Da bei dieser Art die bereits weit entwickelten Larven überwintern, sind Feldgrillen früher im Jahr geschlechtsreif als andere Heuschrecken. Diesen Frühling vernahm man sie bereits im April. Bis hundert Meter weit hört man die lautstarken Lockrufe der Männchen. Die Grillen sind aber scheu und verziehen sich bei Gefahr in ihre Erdröhren. Da man sie kaum sieht, wissen nur wenige, wie viel Leidenschaft hinter dem allgegenwärtigen Zirpen steckt.

Feldgrillen bauen ihre Wohnröhren auf lückigen Wiesen in den Boden. Da sie es warm und trocken mögen, lieben sie sonnenexponierte Hänge. Auch solche mitten im Dorf. Ihre Röhren erkennt man an den kahlgeräumten Vorplätzen: Von diesen Balzarenen entfernen sie sorgfältig Steine und Pflanzen. Obwohl Feldgrillen ihre Verstecke wechseln, bewachen Männchen den jeweils besetzten Erdbau. Rivalen vertreiben sie mit schrillem Gesang. Nützt das nichts, verteidigen sie ihr Zuhause unzimperlich mit Fühler-Schlägen, Schubsern und Bissen.

Damenbesuch begrüssen sie indes mit Fühler-Streicheleinheiten und einem zärtlichen, kaum hörbaren Werbe-Gesang. Wobei Gesang nicht ganz zutrifft: Feldgrillen zirpen mit Flügelbewegungen. Weibchen bekommen dennoch weiche Beine: Ihre «Ohren» sitzen nämlich unterhalb der Kniegelenke. Gefällt ihnen der Sänger, findet die Paarung vor dessen Höhleneingang statt. Danach überredet das Männchen seine Partnerin mit Antennen-Zittern und einem ruckartigen «Tanz» zum Bleiben. Diese Nachbalz kann zwei Stunden dauern.

Auch später zeigen sich die Herren von ihrer besten Seite: Bei einem Feindangriff lassen sie die Weibchen zuerst in die schützende Höhle. Damit riskieren sie häufiger ihr Leben als unverpaarte Geschlechtsgenossen. So viel Freud und Leid steckt hinter dem Grillen-Gesang. Wer aufmerksam lauscht, merkt, dass Feldgrillen nicht immer zirpen. Ihre Aktivität hängt unter anderem vom Wetter ab: Ist es sehr heiss oder kalt, machen sie Pause. Ansonsten zirpen die Männchen vom späten Vormittag bis tief in die Nacht. Schlafgestörte sollten sich darüber nicht ärgern. Besser sie drücken den kleinen Minnesängern die Daumen. Denn nun wissen sie ja: Haben die Männchen eine Partnerin gefunden, wechseln sie sofort vom lauten Lockgesang zu leisen Balztönen.

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