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Hier wird das Unfall-Postauto geborgen

Am Montagabend haben rund 40 Einsatzkräfte das am Vorabend verunfallte Postauto bei Sagogn geborgen. Das Wrack stürzte 40 Meter die Böschung hinunter und kam auf der Seite liegend zum Stillstand. Nach einem über fünfstündigen Einsatz ist es den Verantwortlichen gelungen, das Postauto Zentimeter für Zentimeter hochzuziehen und zu bergen.

05.08.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Hautnah bei der Bergung dabei. BERNHARD AEBERSOLD

Am Sonntagabend fuhr ein Postautochauffeur auf der Oberalpstrasse von Laax in Richtung Schluein. Aus bisher ungeklärten Gründen hat das ansonsten leere Postauto in einer Linkskurve oberhalb von Sagogn die Leitplanken durchbrochen und stürzte 40 Meter die Böschung hinunter. Der Chauffeur wurde dabei mittelschwer verletzt. Nun haben sich Einsatzkräfte der Feuerwehr, Polizei und Ziviler Sicherheit zusammen mit der auf Bergungen spezialisierten Autoservice Tondini AG daran gemacht, das Wrack aus dem Gebüsch zu bergen. 

Zuerst den Diesel abpumpen

Montag, 03. August, 19 Uhr. Die Oberalpstrasse ist gesperrt und der Verkehr via Sagogn umgeleitet. Es regnet. Bevor das Postauto an mehreren Seilwinden angebracht wird, müssen die Leitplanken oder das was von ihnen übrig geblieben ist, abmontiert werden. Danach ist die Feuerwehr Ilanz/Glion um Kommandant Gion Casaulta an der Reihe. Zusammen mit elf Feuerwehrmännern hat er den Auftrag, die Betriebsstoffe aus dem Tank des Postautos zu pumpen. Eine zeitaufwändige Arbeit. Ein Kran hebt anschliessend die vollgepumpten Dieselfässer vom Unfallfahrzeug auf die Oberalpstrasse, wo sie auf ein Auto der Feuerwehr verladen werden.

40 Meter, 15 Tonnen, 5 Stunden 

Bei der Bergung hat Giovanni Tondini den Lead. Mit drei mit Seilwinden ausgestatteten Lastwagen fixieren er und sein Team das Postauto und ziehen es Zentimeter für Zentimeter aus der Böschung. «Wir wollen das Fahrzeug zunächst wieder auf die Räder hieven und es dann die Böschung hochziehen», sagt Giovanni Tondini während den Vorbereitungsarbeiten der Bergung. Trotz jahrelanger Erfahrung sei jeder Einsatz anders, betont Tondini. «Theorie und Praxis sind zwei Paar Schuhe und auch ich lerne bei jedem Einsatz noch Neues dazu.»

Die Karosserie des Postautos knarrt jeweils, wenn es sich Stück für Stück durch die Erde in Richtung Oberalpstrasse bewegt. Stolze 15 Tonnen wiegt das Postauto. Das schätzt zumindest Giovanni Tondini. «Aber da kommen schnell noch ein paar Kilos oben drauf, wenn sich die Karosserie in der Erde eingräbt, ist die Last oft deutlich höher.»

Schutzengel als Passagier

Mittlerweile ist der Himmel dunkel. Das Postauto und die Autos der Einsatzkräfte leuchten im Scheinwerferlicht der Schadensplatzbeleuchtung heller als zu Beginn der Bergungsarbeiten. Der Regen hat nicht nachgelassen. Giovanni Tondini und sein Team sind auch gegen 23 Uhr noch immer damit beschäftigt, das Postauto langsam aber kontinuierlich nach oben zu ziehen. Immer wieder müssen die Stahlseile neu am Postauto fixiert werden und die Spannung unter den drei ziehenden Seilwinden ausgeglichen werden.

Gegen 24 Uhr ist es dann geschafft. Alle vier «Räder» des Postautos stehen auf der Oberalpstrasse. Die Beschädigungen am Fahrzeug können nun aus der Nähe betrachtet werden. Die Frontscheibe ist zersplittert und die Türen in der Fahrzeugmitte hängen wie Milchzähne eines Kindes in den Türangeln. Höhnisch mutet der Schriftzug «Der Weg ist das Ziel» auf dem Chassis des Postautos an. Welch Glück im Unglück der Chauffeur gehabt haben muss, wird dem Betrachter nun aus der Nähe bewusst.

Für das Bergungsteam ist die Arbeit damit noch nicht getan. Das Postauto wird nun für den Abtransport nach Ilanz vorbereitet und dann dorthin gebracht. Nach über fünf Stunden im Regen von Sagogn zieht Giovanni Tondini seine Arbeitskleidung aus und fasst den Einsatz zusammen. «Keine Zwischenfälle, keine Unfälle – was wollen wir mehr?»

SO Informiert Beitrag zur Postauto-Bergung

Beitrag von TV Südostschweiz vom 03. August 2020 / BERNHARD AEBERSOLD & FABIO THEUS
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