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Die Streber von Davos

Am vergangenen Donnerstag führte die Naturforschende Gesellschaft Davos (NGD) ihre GV durch. Online. Die parallel dazu vorgesehene Vorstellung des neuen Säugetieratlas musste abgesagt werden. Dafür durften die Teilnehmenden den Botaniker Christian Rixen digital nach Grönland begleiten.

Barbara
Gassler
07.12.21 - 12:00 Uhr
Leben & Freizeit
Das Diagramm zeigt die Beteiligung an den verschiedenen Online-Anlässen und welche Teilnehmenden mehrfach dabei waren.
Das Diagramm zeigt die Beteiligung an den verschiedenen Online-Anlässen und welche Teilnehmenden mehrfach dabei waren.
zVg

Für die NGD war das Berichtsjahr ein gutes, stellten die Co-Präsidenten Katja Bärenfaller und Stephan Zeiter fest. Angefangen hatte es mit einem gut besuchten Podium zu Covid-19 im Anschluss an die letzte GV. Die dabei geknüpften Kontakte zum kantonalen Krisenstab führten zu einer intensiven Zusammenarbeit bei der Bestimmung der SARS-CoV-2-Virenlast in kantonalen Abwasserreinigungsanstalten und deren Varianten-Bestimmung. Doch im Lauf des Jahres musste auch bei der NGD auf die Durchführung von Anlässen verzichtet werden. Ins Wasser fielen die vor allem auf die Vernetzung der wissenschaftlich Mitarbeitenden an den Instituten ausgerichteten «Davos Science Rally» und die zum ersten Mal angesetzten «Davos Science Olympics». Sie sollen 2022 nachgeholt werden.

Davos weiss wirklich mehr

Andere Formate hingegen erwiesen sich als äusserst erfolgreich. So etwa die kurzfristig zu Online-Veranstaltungen umgewandelte Vortragsreihe «Davos weiss mehr». Mit Befriedigung schaute man zurück auf die vier von Januar bis April angebotenen Themen «Grundlagen Immunsystem und Impfen», «Lawinenbulletin und WhiteRisk», «Wie funktioniert Wissenschaft?» und «Wie funktioniert Weltraumforschung?». Auf das grösste Interesse stiess dabei der Beitrag zur Lawinenprävention, doch auch die anderen Anlässe waren «besser besucht als physische Veranstaltungen», wie Zeiter feststellte. Zusätzlicher Vorteil: unter  https://ngdavos.ch/de/geschichte sind die Vorträge noch immer verfügbar. Ein Angebot, das nach den Anlässen noch über 300 Mal genutzt wurde. Drei Personen hätten an allen Veranstaltungen teilgenommen, liess Zeiter die Versammlung wissen und nannte diese scherzhaft «die Streber von Davos». «Dank des grossen Engagements der Vortragenden und der Moderation, der guten Kommunikation und der regen Beteiligung der Teilnehmenden hat die Veranstaltungsreihe «Davos weiss mehr» eindeutig dazu beigetragen, dass Davos nun mehr weiss», bilanzierte Zeiter.

So ermutigt, plant die NGD bereits die nächste Veranstaltungsreihe. «Davos weiss mehr» wird fortgesetzt am 27. Januar zum Thema Tierversuche, am 24. Februar zur  Genom-Editierung und am 24. März wird auf die Mosaic-Expedition – Meereis zurückgeblickt. Den Abschluss der Reihe macht dann am 21. April das Thema Biodiversität.

Aus Messdaten wird eine Forschungsarbeit

Unerwartete Folgen hatte das in Zusammenarbeit mit der Academia Raetica organisierte Wissenschaftscafé. Das Thema «Feinstaub» stand eigentlich schon im August 2020 in der Agenda, musste aber verschoben werden. Schliesslich entschloss man sich, es im August 2021 online durchzuführen. So kam es, dass in der Vorbereitung zwar schon im Januar 2020 an verschiedenen Orten Messgeräte platziert worden waren, die Messreihe aber bis 2021 mit drei Sensoren weitergeführt und mit weiteren Daten ergänzt wurde. Geplant war, Daten zu erhalten, die es ermöglichten, mögliche Ursachen und Quellen der Feinstaubbelastung zu identifizieren und sie am Wissenschaftscafé präsentieren zu können. Nun etablierte sich während der Vorbereitung eine enge Zusammenarbeit und Diskussion der Daten mit dem kantonalen Amt für Natur und Umwelt (ANU). Schlussendlich flossen die gesammelten Messreihen in eine Studie über den Menschen als Gefährder und gleichzeitig Bewahrer der natürlichen Umwelt ein, und die beiden NGD-Vorstandsmitglieder Katja Bärenfaller und Sonja Wipf werden als Co-Autorinnen genannt.

Auf den Spuren früherer Erkundungen

Wie angekündigt, liess NGD-Mitglied Botaniker Christian Rixen die Anwesenden zum Schluss teilnehmen an seiner im Sommer unternommenen Reise der grönländischen Küste entlang. Er, der zuerst wegen der knapp bemessenen Zeit eigentlich gar nicht an der Expedition hatte teilnehmen wollen, kam zurück mit einem Fundus neuer Erkenntnisse, die die Basis bilden für neue Studien. Auf der zweiwöchigen Rundreise zu den Pflanzen auf der nördlichsten Landmasse der Welt konnte er sich auf Beobachtungen stützen, die der 2018 verstorbene Botaniker Fritz Hans Schwarzenbach bereits 1953 gemacht hatte. Sie bilden die Grundlage für Vergleichsstudien, wie sie das SLF bereits im alpinen Raum gemacht hatte. «Wie in den Alpen fanden sich ähnliche Veränderungen. Pflanzen wandern weiter nördlich und in höhere Lagen», bilanzierte Rixen, der sich nun um Gelder für vertiefte Studien bemüht. Unter den am weitesten nördlich wachsenden Blütenpflanzen gibt es übrigens eine Art, die auch in den Alpen vorkommt: Der gegenblättrige Steinbrech.

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