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Stemmen gegen die Welle

Bei den explodierenden Infektionszahlen mit der Omikron-Variante des Coronavirus geht schon seit einiger Zeit die Sorge um, dass es in Betrieben wegen Personalausfällen zu Einschränkungen kommen könnte. Erste Davoser Betriebe machen bereits die leidvolle Erfahrung.

Barbara
Gassler
06.01.22 - 17:26 Uhr
Leben & Freizeit
Lieber schliessen als andere gefährden, so lautete das Motto  im Lokal.
Lieber schliessen als andere gefährden, so lautete das Motto  im Lokal.
bg / bg

«Gerade am Vortag hatte ich mit meiner Frau Christine noch diskutiert, auf wen wir im Restaurant Lokal auf keinen Fall verzichten könnten», erinnert sich Inhaber Walter von Ballmoos. Dann kamen der Abend des 28. Dezembers und die Resultate aus der Betriebstestung vom Vortag: Ausgerechnet den Ankerpunkt des ganzen Teams, Küchenchefin Stefanie Hein, hatte es erwischt. Bis zum nächsten Tag war klar, dass die Hälfte der sechsköpfigen Küchencrew infiziert war. Mit einem reduzierten Angebot wurde noch ein Abendservice bewältigt, am30. war Schluss. «Dass trotz des engen Arbeitsumfelds nicht alle fünfzehn Angestellten erkrankten, zeigt mir, dass das Schutzkonzept mit Masken und Handschuhen funktioniert.» Dennoch, um weitere Ansteckungen auszuschliessen, wurde das Lokal geschlossen. «Damit entgehen uns in der touristischen Hochsaison einige der umsatzstärksten Spitzentage», ist von Ballmoos besorgt. Nach einem ohnehin schwierigen Jahr mit langen Schliessungen sei das eine zusätzliche Belastung. «Immerhin machen die Personalkosten rund 40 Prozent unseres Umsatzes aus, Miete und andere Unkosten sind da noch nicht mitgerechnet.» Zuversichtlich stimmt ihn einzig, dass alle Mitarbeitenden nur milde Verläufe haben – «Sie waren alle geimpft.» – und dass mit dem Ende der Isolationszeit am Freitag ,7. Januar, wieder geöffnet werden kann.

Die vorübergehende Schliessung des Steigenberger Hotels Belvédère wurde schweizweit kommentiert.
Die vorübergehende Schliessung des Steigenberger Hotels Belvédère wurde schweizweit kommentiert.
bg

Die Mitarbeitenden schonen

Am Freitag will auch das Belvédère wieder öffnen. Das Steigenberger-Haus hatte am 2. Januar geschlossen, weil ohne eine Überbelastung der Mitarbeitenden der Service eines Fünfsternehotels nicht aufrecht gehalten werden könne, hatten sie bereits vor Silvester wissen lassen. Von seinen 74 Mitarbeitenden seien 40 Prozent wegen einer Infektion oder Quarantäne ausgefallen, erklärt General Manager Hans-Rudolf Rütti auf Nachfrage. «Um sicherzustellen, dass wir alles richtig machen, waren wir von Anfang an im engen Kontakt mit den Gesundheitsbehörden.» Von den Infizierten mussten lediglich drei mit deutlichen Grippesymptomen das Bett hüten. Die saisonale Grippe habe übrigens zu zusätzlichen Ausfällen geführt, berichtet Rütti. «Wir trennten Paare und testen täglich – immer noch.» Abgezeichnet hatte sich das Szenario allmählich. «Im ersten Moment reduzierten wir das Restaurationsan-gebot. Mit dem extremen Ausfall von Mitarbeitenden war es auf Dauer nicht mehr möglich, die Dienstleistung zu erbringen, die der Gast von einem Fünfsternhotel erwartet. Zudem wäre die Belastung für die übrigen Mitarbeitenden viel zu hoch gewesen.» Doch inzwischen ist der General Manager zuversichtlich, am 7. Januar den Betrieb wieder aufnehmen zu können: «Da das Haus nicht sofort voll belegt sein wird, können wir gut mit der Situation umgehen.» Schätzungen bezüglich der durch die Schliessung entstandenen Kosten will er nicht abgeben. «Das lässt sich im Moment nicht beziffern, sicher ist, dass wir in der wichtigsten Jahreszeit neben dem WEF deutlich Umsatz verloren haben. Für uns war letzten Endes aber die Gesundheit und die Sicherheit der Mitarbeitenden und der Gäste wichtiger.»

Dank Betriebstestungen wurde auch in der Ex Bar eine Infektion rechtzeitig erkannt.
Dank Betriebstestungen wurde auch in der Ex Bar eine Infektion rechtzeitig erkannt.
bg

Schnelle Entscheidung nötig

In der Ex-Bar lief der Betrieb am frühen Abend des Berchtoldstags wie gewohnt, als einer der Mitarbeiter das Resultat aus der Betriebstestung erhielt: Positiv. Sofort beschloss die Geschäftsführung, die Gäste zu informieren und den Betriebvorübergehend zu schliessen. Dass diese Entscheidung die einzig richtige war, zeigte sich, als in den folgenden Tagen noch weitere Mitarbeitende positiv getestet wurden. «Das Wichtigste ist, dass es allen gut geht und weitere Ansteckungen verhindert werden konnten. Alle positiv getesteten Mitarbeiter haben leichte Verläufe oder gar keine Symptome», sagt Laurent Weller, Mitglied der Geschäftsführung. Ausserdem blieben genügend der rund zwanzig Mitarbeitenden gesund, sodass der Betrieb am Montag ,10. Januar, wieder aufgenommen werden kann. «Im Verlauf der nächsten Woche werden dann die Genesenen wieder zum Team stossen.» Und obwohl Weller noch keine Schätzungen zum Verlust machen will, weiss er, dass die Schliessung zur Hochsaison in einer ohnehin schwierigen Zeit schmerzen wird.

Wer ist Nächster?

Aktuell ist die Situation sehr volatil, und die meisten Betriebe schlagen sich mit einer angespannten Personalsituation herum. So etwa die Bergbahnen Davos Klosters, wie sich auf Anfrage zeigt: «Bisher hatten wir Glück, und wir konnten etwaige Personalknappheiten über die regulären Ruhetage abdecken. Einzig ein kleines Bergrestaurant auf Parsenn ist aktuell geschlossen. Die Situation ist und bleibt aber – auch aufgrund der sonst schon sehr angespannten Personalsituation im Gastro- und Hotelbereich in diesem Winter – sehr angespannt. Weitere kurzfristige Schliessungen oder Angebotsreduktionen in unseren Restaurants können nicht ausgeschlossen werden», erklärt deren Medienverantwortliche Martina Walsoe. Ähnlich sieht es im Sporthotel Central aus, wo Direktorin Patricia Guyan erklärt: «Wir beobachten die Situation mit Argusaugen und sind erschüttert, dass es im Hotel Steigenberger soweit gekommen ist, dass sogar nationale Medien über die Hotelschliessung berichten mussten. Dies ist sicherlich keine gute Werbung für die Feriendestination Davos. Im Central Sporthotelhaben wir bis heute zum Glück keine nennenswerten Krankheitsfälle, sodass unser Betrieb problemlos am Weiterlaufen ist. Aber in Sicherheit wägen wir uns nicht. Ein ungutes Gefühl. Wir führen nach wie vor Betriebstestungen durch und appellieren an alle, sich impfen und boostern zu lassen.»

Mit Corona-bedingten Ausfällen kämpft auch das Hotel Ameron, wo Direktor Ingo Schlösser zeitweise hinter dem Bartresen stand. Da sie jedoch von innerhalb der Hotelgruppe kurzfristig Personal rekrutieren konnten, läuft der Betrieb ansonsten weitgehend normal. Von gar keinen Ansteckungsfällen berichtet das Hotel Schatzalp. «Vielleicht auch wegen der guten Luft», meint Direktor Paulo Bernardo mit einem Augenzwinkern.

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