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Olympischer Laufsteg

Die Spiele in Tokio sind auch eine Modeschau. Wir haben genau hingesehen. 

Roman
Michel
05.08.21 - 04:30 Uhr
Nicht zu übersehen: Shally-Ann Fraser Price sorgt für einen olympischen Farbtupfer mit ihren Haaren.
Nicht zu übersehen: Shally-Ann Fraser Price sorgt für einen olympischen Farbtupfer mit ihren Haaren.
FRANCISCO SECO/KEYSTONE

Im Blog «Anpfiff» berichten Journalistinnen und Journalisten jede zweite Woche aus der Südostschweiz-Sportredaktion.

Shally-Ann Fraser-Price ist eine schnelle Frau. Eine brutal schnelle Frau. 10,74 Sekunden brauchte die Jamaikanerin am vergangenen Wochenende an den Olympischen Spielen in Tokio für die 100 Meter. Das reichte der vierfachen Weltmeisterin in dieser Disziplin für Platz 2, Silber. Nicht überliefert ist hingegen, wie lange Fraser-Price vor ihrem Auftritt im weiten Rund des Olympiastadions im Coiffeursalon sass. Es dürfte dabei kaum um Sekunden und Hundertstel gegangen sein. Gelb-golden gefärbte Haare, die im hinteren Bereich in einen Orangeton und später ins Pinke übergehen. Dazu ein knallroter Haarreif. Das Ganze während dem Laufen so zusammengebunden, dass es scheint, als würde Fraser-Price einen bunten Turban auf ihrem Kopf tragen. Als die 34-Jährige kürzlich gefragt wurde, wie sie es schafft, mit einem solchen Haar-Styling zu sprinten, ohne dabei an Aerodynamik zu verlieren, antwortete sie: «Wenn die Haare bunt und hübsch sind, fühle ich mich gut.» 2015 gewann sie mit einer grün-schwarz geflochtenen Mähne inklusive Blumenkranz im Haar (!) WM-Gold. In blau-weissem Haarlook wiederholte sie vor zwei Jahren den Triumph in Doha.

Bella Italia

Doch zurück auf die rote Tartanbahn von Tokio, die in diesen Tagen auch ein bisschen roter Teppich ist. Die amerikanische Hürdenläuferin Christina Clemons fällt mit einem Haarstyling à la Mickey Mouse auf. Landsfrau Raven Saunders hält ihr kurzes Haar in den Farben Violett-Grün – zusammen mit ihrer Horror-Clown-Maske irgendwie gruselig. Doch längst nicht nur in der Leichtathletik-Arena werden modische Akzente gesetzt. Das Schweizer Beachduo Anouk Vergé-Dépré/Joana Heidrich spielt mit olympischen Ringen auf den Fingernägeln. Belinda Bencic hat sich an gleicher Stelle ein Schweizerkreuz aufgemalt.

Die Nummer 1 in Sachen Mode ist aber – wen wunderts – einmal mehr Italien. Seit 2012 ist Stardesigner Giorgio Armani für das Outfit unserer südlichen Nachbarn verantwortlich. Da kann eigentlich kaum was schiefgehen. Ein grosser Name steckt auch hinter der US-Ausrüstung: Die Unterwäsche wurde von Schauspielerin und Unternehmerin Kim Kardashian entworfen.

Der strickende Olympiasieger

Am anderen Ende der Modeskala: Kanada. Jeans-Jacke mit aufgesprayten Graffitis und aufgenähte Patches. Sieht irgendwie mehr nach Country-Gruppe denn nach Olympia-delegation aus. Wobei wir Schweizer uns seit Sidney 2002 (Stichwort Harry Potter) mit Schadenfreude zurückhalten sollten. Auch die mintgrüne Ausrüstung Deutschlands sorgt in Tokio für Gespött – in den eigenen Reihen. «Wer denkt sich so was aus?», fragte Basketball-Nationalspieler Maodo Lo auf Instagram.

Vielleicht sollten es Lo und Co. einfach wie Tom Daley machen. Tom wer? Tom Daley! Olympiasieger im Turmspringen, mehrfacher Weltmeister. Der Brite war bei der Entscheidung der Frauen vom 3-m-Brett als Zaungast auf der Tribüne – mit Nadel und Faden am Stricken (wie er das Set bloss an der Sicherheitskontrolle durchgeschmuggelt hat?). «Inestäche, umeschlah, dürezieh und abelah.» In den Sozialen Medien verriet Daley denn auch, was da Flauschiges am Entstehen ist: ein Etui für die Goldmedaille, damit diese nicht zerkratzt. Ja, daran haben wohl auch Giorgio Armani und Kim Kardashian bei ihren Kollektionen nicht gedacht. Aber da gibts noch mehr: Auf Instagram zeigt Daley, dass er auch das Stricken von Pullovern drauf hat. Vielleicht gibts ja bald eine gestrickte Kleidergarnitur auf dem olympischen Laufsteg.

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