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Die Insta-Mama

Kristina
Schmid
28.06.19 - 04:30 Uhr

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Hab ich was verpasst? Hat Instagram einen neuen Filter namens «perfekte Mama» kreiert? Anders kann ich mir die Fotos nicht erklären, sehen sie doch aus wie der ideale Traum. Vielleicht war es auch VSCO? Keine Ahnung, was das ist. Aber ich habe inzwischen genug #Hashtags gelesen, um zu wissen, dass es so ne Sache gibt. 

Es muss so sein. Da war dieses wunderschöne, leicht verschwommene Foto einer Frau. Sie lag in einem gut Dutzend kuscheliger, beigefarbener Kissen in ihrem Bett und auf ihrer Brust wiegte sie ein neugeborenes Baby. Darunter stand: «Ich denke so gerne an die gemütlichen Tage im Bett zurück, die ich kuschelnd mit meinem Baby verbracht habe.» Ernsthaft jetzt?

Ich muss hier kurz einige Träume platzen lassen: Diese perfekte Mama, die gibt es. Aber nur auf Instagram. Die Realität sieht anders aus. Da gibt es mehr Sabber, Tränen und Essensreste auf dem T-Shirt. Und am Anfang ist Duschen Luxus. Perfekte Fotos ohne grossen Aufwand? Fehlanzeige.

Vielleicht ist es ja meine Schuld. Schliesslich wandere ich nicht mit meinem Baby durch Sonnenblumen-Felder. Und ich lege mein Baby auch nicht in die Schublade einer uralten Holzkommode, die ich zuvor mit Lavendel-Blüten gefüllt habe. Und ich habe garantiert noch nie ein Milch-Rosen-Bad für mich und mein Baby eingelassen. Vielleicht habe ich auch einfach kein Glück. Ich meine: Wann sind ich und mein Ehemann jemals über ein lilafarbenes Sofa in einer Seitengasse gestolpert, die wir spontan für eine Familien-Session genutzt haben? Niemals! 

Ok. Ich denke, Ihr versteht, was ich meine. 

Die Realität ist: Mama-Sein ist wundervoll, erfüllend und freudig. Aber Mama-Sein ist auch chaotisch, beschwerlich und überwältigend. Mama-Sein ist gleichermassen schön wie schwierig. Doch auf Instagram findet sich nur Ersteres.

Versteht mich nicht falsch: Ich bekenne mich schuldig. Auch ich möchte schöne Fotos mit meinem Kind. Und auch ich möchte die perfekten Momente für die Ewigkeit festhalten. Und ja: Ich mag Instagram. Ich mag schöne Bilder, weil ich schöne Sachen mag. Aber die Madonna-mit-Kind-Bilder sind nur ein Fragment eines Augenblicks. Sie zeigen nicht das Gesamtbild. 

Wir Mamas dürfen uns also nicht verrückt machen, wenn wir plötzlich anfangen zu glauben, wir würden irgendwas falsch machen, weil unser Leben nicht so aussieht wie in diesen Bildern. Dieses Gefühl kriegen gewisse Mamas tatsächlich bei Instagram. Diese Angst ist Realität – und längst bekannt. Deshalb rate ich, die Bilder mit einer Portion Skepsis zu betrachten. Und wenn das nichts nützt: Dann stellt Euch ein lilafarbenes Sofa in die Garage. Wenn Ihr dann eines morgens mit perfekter Frisur aufwacht, zerrt Ihr einfach Euren Mann und das Baby vor die Kamera für das perfekte Mama-Bild. 

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