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17’463 Fotos und 1 wunderbare Erkenntnis

Oliver
Fischer
05.07.19 - 04:30 Uhr

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Ich weiss nicht wirklich wie viele Fotos ich in den rund vier Jahren und etwa vier Monaten vom Kind gemacht habe. 17'000 sind es nicht, aber dank der fast uneingeschränkten Verfügbarkeit von digitalem Speicherplatz schon einige Tausend.

Ich war mir sicher, ich würde diese Fotos nicht einfach in meinem Archiv digital verstauben lassen, sondern «etwas damit machen». Nicht gerade die klassischen Fotoalben, die meine Mutter früher machte, aber doch zum Beispiel das eine oder andere Fotobuch oder einen Film mit netter Musik unterlegt oder was man sich sonst noch so ausdenken könnte.

Tja, das war vor über vier Jahren. Erfolg bis heute: Null – ausser des bestens gefüllten Archivs.

Nun habe ich mir zum ersten Mal seit ganz langem so offiziell einen Vorsatz genommen. Nämlich endlich mein Fotoarchiv von A bis Z (oder besser von ca. 2007 bis heute) durchzugehen und dafür zu sorgen, dass die zig Tausend Bilder nicht einfach auf einer externen Festplattte rumliegen.

Wie es als teilzeit-berufstätiger Vater und Mann einer teilzeit-berufstätigen Frau aber so ist, ist Zeit ein rares Gut. Neben Arbeit, Haushalt, Einkaufen, Familien- und Vater-Kind-Zeit wird die Zeit für einen selbst ziemlich selten. Meist unter der Woche, abends.

In diesen Abendstunden vor dem Bildschirm, beim Durchklicken alter Fotos, hat sich nun aber eine ganz wunderbare Erkenntnis eingestellt. Wenn ein Tag einmal besonders früh angefangen (und die Nacht davor wegen verschiedener Unterbrüche (Baustelle, Katze, Kind) kurz war) und die Arbeit geschlaucht hat, das Kind nach einem Spiele geladenen Tag in der Krippe von Kopf bis Fuss eingestaubt war und man es zuhause gleich in die Wanne setzen musste, es danach erst keine Lust auf den Znacht hatte und dann fast über dem Teller eingeschlafen ist, das Zu-Bett-Gehen aus diversen Gründen trotzdem eine lockere Stunde gedauert, man irgendwann nach 21 Uhr endlich auch die Küche aufgeräumt und sich vor den Bildschirm gesetzt hat, dann erreicht man halt manchmal den Punkt, an dem man so ausgelaugt ist, dass man das Kind auf den Mond und sich selbst sonst irgendwo weit weg wünscht (Patagonien, Alaska, Sibieren).

Und dann kommt er: der Moment. Du klickst dich durch die alten Fotos und plötzlich lacht dich dieses unendlich fröhliche Kind an. Auf einem Foto, von dem du längst vergessen hast, dass du es einmal gemacht hast. Aber da strahlt so viel Lebensfreude, Schalk und Glück aus diesen Kinderaugen, dem Lachen; und du kannst dich wieder ganz genau erinnern, wann, wo und wie dieses Foto entstanden ist; du weisst, wie ihr an dem Tag zusammen gelacht, Blödsinn gemacht, das Kitzelspiel gespielt und Grimassen geschnitten habt. In diesem Moment kannst du nicht anders, als von einem Ohr zum anderen zu grinsen und jeder Ärger, der dich vor einer Minute noch umgetrieben hat, ist verflogen.

Ich stehe auf, schleiche hinüber ins Kinderzimmer, zum Bett und betrachte minutenlang selig lächelnd den friedlich schlafenden Lockenkopf.

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