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Two fast, two furious

Kristina
Schmid
07.02.20 - 04:30 Uhr
FREESTOCKS-PHOTOS / PIXABAY

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Wo ist die Zeit nur hin?

Er rückt immer näher: der zweite Geburtstag meines Sohnes. Noch zwei Monate und der kleine Racker ist zwei Jahre alt. Unweigerlich muss ich dann immer an die ersten Tage mit ihm denken. Ganz bestimmt gehöre ich dabei zu jener Sorte von Müttern, die ganz nostalgisch an jene Tage zurückdenken, in denen das Kind noch ein kleines Häufchen war, eingewickelt in eine Decke. Ganz bestimmt gehöre ich aber nicht zu jener Sorte von Müttern, die das Ende dieser Baby-Phase beweinen und sich wehmütig diese Zeit wieder zurückwünschen. Ich für meinen Teil bin grösstenteils erleichtert, die Neugeborenen-Phase ohne sichtbare Narben überlebt zu haben.

Der erste Geburtstag meines Sohnes machte mich unglaublich glücklich. Ich trauerte diesem vergangenen Baby-Jahr keine Sekunde nach. Vor allem deshalb nicht, weil das erste Jahr gefühlsmässig für mich nicht wie im Fluge vergangen war. Also hatte ich auch keinen Grund, diesem Jahr in Wehmut nachzutrauern. Vielmehr war ich freudig bereit. Bereit für ein Kleinkind. Bereit für einen laufenden, sprechenden kleinen Jungen. Bereit fürs zweite Lebensjahr. Auch wenn uns alle anderen Eltern vor diesem Jahr immer warnen.

Noch bevor wir Eltern sind, werden wir bereits vor der «Trotzphase mit zwei» gewarnt. Vor diesem Kleinkindalter, das sinnlose Wutausbrüche und Chaos mit sich bringt. Und alles, was ich von anderen Müttern und Mama-Blogs wusste: Die Baby-Phase muss ein Kuchenstück verglichen mit der Kleinkind-Phase sein. Und ganz ehrlich: Nun, da ich das «Kuchenstück» dieses ersten Jahres hinter mir hatte, glaubte ich, bald von einer Lawine überrollt zu werden.

Und das wurde ich. Aber nicht von einer Lawine voller Schwierigkeiten, sondern von der Zeit. Verglichen mit dem ersten Lebensjahr ging dieses zweite Jahr so schnell vorbei, dass ich mir wirklich nicht sicher bin, wohin die Zeit nur rennt.

Zu meiner Überraschung habe ich aber herausgefunden, dass ich mit einem fast zwei Jahre alten Kind nicht nur deutlich besser zurechtkomme; ich finde es sogar richtig angenehm und amüsant, mit meinem Sohn Zeit zu verbringen. Denn er zeigt mir nun jeden Tag mit seiner Art und seinen Taten, welch unglaublich neugieriger, netter und lustiger kleiner Mensch er doch ist. Natürlich hat auch er seine Wutausbrüche. Und hat er einen schlechten Tag, kann das Leben anstrengend sein. An den meisten Tagen ist er aber ein ganz normales, humanes Kleinkind, das gerne spielt, Bücher liest, brabbelt und lacht.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sind weitergezogen. Weg von der anspruchsvollen Baby-Phase (ich bin dankbar dafür, sie erlebt zu haben.) Hin zum Jetzt, in dem wir es so richtig geniessen, eine Familie zu sein, die gemeinsam neue Sachen erlebt, neue Orte besucht, neue Dinge sieht, – und diese wundervolle Welt durch die Augen meines Sohnes zu betrachten. 

Also her mit den gar nicht so furchtbaren zwei. Ich bin bereit für das dritte Lebensjahr.

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Aus dem Internet:
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Vgl. meinen K-tipp-Leserbrief: «Auf Grabsteinen steht RUHE IN FRIEDEN, warum nicht bereits zu Lebzeiten?» und meine Kommentare:
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https://www.suedostschweiz.ch/blogs/ja-und/2020-02-07/ein-spital-in-zeh…