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Unesco-Gedanken an der Agrischa in Zernez

Hans Peter
Danuser
30.04.19 - 04:30 Uhr
MAYK WENDT

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Die Agrischa 2019 am vergangenen Wochenende in Zernez war eine Wucht. Sie zelebrierte das Erlebnis Landwirtschaft Graubünden virtuos mit einem vielseitigen und dichten Programm und allem, was dazugehört: Ausstellungen, Tierschauen, Wettbewerbe, Konzerte, Festzeltstimmung und Umzug.

Das OK um Präsident Gian Peter Niggli hat ganze Arbeite geleistet und das Ziel der Agrischa erreicht: «Brücken zu schlagen zwischen Landwirtschaft und Konsumenten, zwischen Einheimischen und Gästen. Das Hauptthema «Brauchtum und Tradition» kam im Engadin mit seinen Nachbartälern Samnaun, Münstertal, Puschlav und Bergell besonders gut zum Tragen.

Als Touristiker ist mir wieder einmal klar geworden, wie wichtig unsere Landwirte für das positive Gesamterlebnis unserer Feriengäste sind. Sie pflegen zusammen mit den Förstern und Mitarbeitern der Bauämter unsere Landschaft, erzeugen authentische Nahrungsmittel und sind bedeutender Teil unserer Talkultur. Das kam in Zernez, dem Hauptsitz des Schweizer Nationalparks besonders gut zur Geltung. Hier sind intakte Natur und Landschaft seit über 100 Jahren erstes Gebot. Nicht nur im Park selbst, sondern auch in seiner Nachbarschaft. Und das ist im harten Tourismusgeschäft gerade in peripheren Randlagen entscheidend. Unser Nationalpark ist zwar der älteste, aber heute auch einer der kleineren Nationalparks Europas. Für ganz Südbünden ist er aber eine wichtige und zugkräftige Marke im Sommerangebot.

Dass das Landschaftspotenzial noch nicht überall erkannt und wirksam kommuniziert wird, zeigt mir ein zufälliges Tischgespräch mit einem Münstertaler an der Agrischa. Wenn schon Zernez für viele Schweizer und Süddeutsche weit weg ist, trifft dies für Müstair hinter dem Ofenpass an der Grenze zum italienischen Südtirol erst recht zu. Das Tal wirbt als «Biosphäre und Naturpark Müstair Engiadina», was kein klares Profil ergibt. Viele Leute wissen nicht, was eine Biosphäre ist und Naturpärke gibt es heute jede Menge. Wenn Müstair aber UNESCO-Biosphäre schreiben würde, wäre das ein klares Alleinstellungsmerkmal, gibt es in der Schweiz doch nur gerade zwei Regionen, die dieses international bekannte und anerkannte Label führen dürfen: Die «UNESCO Biosphäre Entlebuch Luzern Schweiz» und eben Müstair Engiadina. 

Entlebuch ist ein schönes Voralpen-Tal ohne prominente Leuchttürme wie Nationalpark, St. Moritz oder Matterhorn. Aber Theo Schnider, der dortige Direktor und Alphornbläser hat es fertiggebracht, sein Tal mit dem UNESCO Gütesiegel erfolgreich auf die touristische Landkarte zu setzen. Natürlich liegt Entlebuch zentraler in der Schweiz, aber das Münstertal ist wahrscheinlich die weltweit einzige UNESCO-Biosphäre, in der auch eine UNESCO Weltkulturerbe steht. Das Tal gehört mit diesen Labels zur globalen Champions League des Natur- und Kulturtourismus, verkauft sich aber weit unter seinem Wert.

Es gibt ein Angebot erst, wenn man es kennt. Dazu braucht es ein klares Profil, das über attraktive Alleinstellungsmerkmale erreicht werden kann. Zwei UNESCO-Labels für ein kleines Tal sind ein solches, einzigartiges Merkmal. So wertvoll diese Siegel sind: man kann sie nicht kaufen. Aber wenn man sie schon hat, sollte man sie auch nutzen. Zusammen mit dem Nationalpark, der Hotellerie und Landwirtschaft ergibt sich da ein starkes Angebot.

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