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Sechs Alphörner auf Kreuzfahrt

Hans Peter
Danuser
24.09.19 - 04:30 Uhr

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Vom 21. bis 28. September ist die Medienfamilie Südostschweiz erstmals auf Kreuzfahrt. Mit an Bord sind Leser, Hörer, Zuschauer, Online-User und Somedia-Profis, aber auch bekannte Vertreter der Schlager- und Volksmusikszene. Darunter Stars wie Francine Jordi, Marie Louise Werth, die Calimeros und die Ländlerkapelle Oberalp.

Dass auch das Alphorn Ensemble Engiadina St. Moritz dabei ist, überrascht und liegt wohl eher an den Hörnern als an den Bläsern. Das sind alles Amateure aus verschiedenen Berufssparten: zwei Polizeikommandanten, ein Kurdirektor, ein Bauunternehmer – alle in Pension, eine Versicherungsfrau und eine Ärztin. Was uns auf die Kreuzfahrt mit der MSC Fantasia gebracht hat, ist das Alphorn und der Boom, den diesen in den letzten Jahrzehnten erlebt hat. Wie ist es dazu gekommen? Hier einige Stichworte zur Entwicklung des Alphorns vom «Lock- zum Rockinstrument».

  • 1555 hat Conrad Gessner am Pilatus ein Hirtenhorn gesehen, gehört und beschrieben: ca. 330 cm lang, aus Holz, unten mit krummem, rundem Becher.
  • Bis 1800 diente es den Alphirten als Lock- und Beruhigungsinstrument für das Vieh sowie für Tonsignale zu Menschen auf der Alp oder im Tal. Akustische Reichweite: bis zu acht Kilometer.
  • Im Winter spielten arbeitslose Hirten auch in den Städten Alphorn, um etwas zu essen zu kriegen, wie der deutsche Komponist Michael Praetorius 1619 berichtete.
  • 1805 fand bei Interlaken das erste «Fest der Heimat» in Unspunnen statt, für das nur noch zwei Alphornbläser gefunden wurden. Die Städte Bern und Luzern beschlossen in der Folge gezielte Fördermassnahmen.
  • 1827 bezeichnete der französische Musiker Francois Fétis das Alphorn erstmals als Schweizer Nationalinstrument.
  • 1829 komponierte Gioachino Rossini in der Ouvertüre zur Oper Wilhelm Tell eine Alphornmelodie. Weitere grosse Komponisten taten es ihm gleich: Leopold Mozart, Johannes Brahms, Richard Strauss, …
  • 1835 schrieb der Luzerner Komponist Franz Xaver Schnyder von Wartensee das «Alphornlied auf Rigi Scheideck» für Chor und Alphorn.
  • 1910 Gründung des Eidgenössischen Jodlerverbandes EJV. Er pflegt und fördert Jodeln, Alphorn- und Büchel-Blasen sowie Fahnenschwingen fortan systematisch schweizweit und bei passender Gelegenheit auch im Ausland.
  • 1972 wurde das «Concerto pour cor des Alpes et orchestre » von Jean Daetwiler durch den Hornisten Josef Molnar in Paris uraufgeführt. Molnar war fast 40 Jahre Solo-Hornist des Kammerorchesters Lausanne und trat mit dem Alphorn bei berühmten Orchestern in Amerika, Asien und Europa auf, etwa in Philadelphia unter Eugene Ormandy oder bei den Salzburger Festspielen.
  • 1976 mit dem Popsong «Swiss Lady» von Peter Reber (aufgenommen mit dem Pepe Lienhard Orchester) wird das ursprüngliche Hirteninstrument zum Trend.
  • 1999 erscheint das Buch von Brigitte Bachmann-Geiser u.a.: «Das Alphorn. Vom Lock- zum Rockinstrument», Bern.
  • 2006 folgt die CD «Zum Gipfel und zurück. Neue Alphornmusik in der Reihe Musiques Suisses des Migros Kulturprozent.» Sie enthält Werke von und mit Arkady Shilkloper, Hans-Jürg Sommer, Mathias Rüegg, Hans Kennel u. a.

Heute gibt es in der Schweiz geschätzte 5000 aktive Alphornbläser, wovon etwa die Hälfte dem EJV angehören. Der Bundesrat hat Jodeln samt Alphornblasen und Fahnenschwingen mit weiteren sieben Tradition der Schweiz zur Kandidatur als Unesco-Welterbe ausgewählt, weil es in seiner Ausprägung typisch und weltweit einzigartig ist.

Das Alphorn Ensemble Engadina St. Moritz gibt es seit 1991 (700 Jahre Schweiz) und hat seither über 2500 Konzerteinsätze geleistet, darunter im Kölner Dom, der Wiener Hofburg, in Asien, und Amerika. Zusammen mit dem EJV hat die Gruppe die legendären Konzerte zur Eröffnung des Vereina-Tunnels(1999 mit 222 Alphörnern) und zu wichtigen Schweizer Jubiläen an der Weltausstellung Expo 2015 sowie auf dem Domplatz von Mailand initiiert und organisiert: über 400 Alphörner für 500 Jahre Schweizer Neutralität (1515 Marignano), 200 Jahre Unabhängigkeit (1815 Wiener Kongress) sowie die Ankündigung des längsten Eisenbahntunnels der Schweiz –  Gottardo 2016.

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