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Was kommt nach Kalsarikännit?

Kennt Ihr die Formulierung «oversexed and underfucked»?

Single
Bock
29.04.20 - 16:30 Uhr
Wer hier mehr sieht, als eine Melone, dem geht es so wie dem Singlebock.
Wer hier mehr sieht, als eine Melone, dem geht es so wie dem Singlebock.

Bau ein Haus, pflanz einen Baum, mach ein Kind – dass dieser Lebensentwurf nicht zwangsläufig auf jeden Menschen zugeschnitten ist, beweisen die anonymen Liebesbriefe ans wunderschöne, elende Single-Leben. Ein Hoch auf Selbstgespräche, Dosen-Ravioli und Liebeleien.

Kennt Ihr die Formulierung «oversexed and underfucked»? Unter diesem Titel ist Frau Osswald-Rinner, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Koblenz, im Jahr 2011 der gesellschaftlichen Konstruktion der Lust wissenschaftlich auf den Grund gegangen. (Das eBook gibt es online für rund 30 Franken zu kaufen). Zur Klarstellung vorneweg: Ich habe das Buch nicht gelesen und meine heutige Kolumne hat auch keinerlei Anspruch darauf, einer wissenschaftlichen Überprüfung standzuhalten. ABER: ich fühle mich nach mehreren Wochen Corona-Lockdown durchaus oversexed and underfucked. Wie geht es den Singles unter Euch?

Während Paare im Moment wohl damit hadern, sich zu oft und zu lange zu sehen, verbringe ich meine komplette Freizeit daheim. Ich würde mich ja als ausdauernden Couchpotato bezeichnen. Ich bin gerne draussen – ich war aber bis anhin auch sehr gerne alleine daheim auf meinem Sofa, habe Netflix verschlungen, die Game-Storylines auf meiner Konsole penetriert und dazu die eine oder andere Büchse Bier...ähm...verführt (Meine Wortwahl spricht grad Bände, Freunde). Die Finnen nennen das oder Varianten davon «Kalsarikännit». Wikipedia beschreibt es so: «Kalsarikännit ist eine aus Finnland stammende Entspannungstechnik. Das Wort bedeutet übersetzt so viel wie ‘sich in Unterhosen daheim betrinken’». Ich ging und gehe gerne mal ein paar Schritte auf dem «finnish way of life». In den letzten paar Wochen vermutlich etwas zu oft.

Irgendwann hat man die eigenen vier Wände aber dann gesehen. Es ist mittlerweile soweit, dass ich alleine Spazieren gehe. Sicher um die Coronapfunde wieder loszuwerden, ganz sicher aber auch, um meine Libido irgendwie mit sonstiger körperlicher Aktivität im Zaum halten zu können. Ich werde kalsarikännit nicht aus meinem Leben verbannen, aber ich möchte jetzt dann doch bald mal wieder unter Leute, mit Frauen flirten, rumknutschen, ein leichtes Verliebtheits-High haben und dann mal abwarten, wie sich das Ganze (kurz- oder gerne auch längerfristig) weiterentwickelt.

Und da verorte ich nun ein Post-Corona-Problem: Wie mir, wird es wohl auch einigen von euch gehen. Die ersten Lockerungen der Schutzmassnahmen ziehen uns ja bereits den sprichwörtlichen Speck durchs Maul. Es dauert wohl noch etwas – aber es ist gefühlt irgendwie abzusehen, dass wir wieder unter Menschen können. Was passiert aber dann? Sodom und Gomorrha? Zustände wie im alten Rom?

Nicht doch. Wir können das doch anständig und mit einer gewissen Struktur angehen. Wir wollen ja nicht, dass – wenn wir denn wieder ausgehen dürfen – in den Gassen des Welschdörfli wild umherkopuliert wird. Es geht ja auch darum, das Lockdown-Ende gesittet zu feiern. Daher schlage ich vor, dass wir Singles uns am ersten Ausgeh-Wochenende nach Corona irgendwie zu erkennen geben. Möglichkeiten haben wir ja viele: Wir Herren könnten uns aus Toilettenpapier – davon haben wir ja schliesslich Jahresreserven angelegt – eine Pochette basteln und sie uns in die Brusttasche stopfen. Die Damen könnten sich WC-Papier ins Haar flechten oder sich aus einer Schutzmaske ein Diadem anfertigen. Eine weitere Möglichkeit wären Ohrringe aus Desinfektionsmittelflaschen. Oder wir parfümieren uns direkt mit Desinfektionsmittel. Uns fällt dann schon was ein, wenn es dann soweit ist. Im Moment gilt es aber natürlich noch, die Schutzmassnahmen des Bundes einzuhalten. Und ganz wichtig, wenn es dann mal soweit ist. Auch wenn der Lockdown durch ist und ihr noch so «oversexed and underfucked» seid: Ein NEIN ist ein NEIN.

In der Zwischenzeit wünsche ich euch viel Spass beim Perfektionieren von Kalsarikännit und viel Erfolg beim Basteln von Pochetten, Haarbändern, Diademen und Ohrringen (weitere Ideen für Erkennungsmerkmale gerne in den Kommentaren).

Wir sehen uns (irgendwann) auf den Gassen Churs. Bleibt gesund und bleibt zuhause.

Euer Singlebock

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Klasse Artikel «Herr Bock» :-). Hat doch das eine oder andere Schmunzeln auf mein Gesicht gezaubert, trotz Lockdown-Melancholie und Underfuckedheit...