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Soziologie

Christian
Ruch
01.02.20 - 04:30 Uhr
PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Vor ein paar Tagen hat mich das romanische Radio RTR dazu interviewt, wie ich als Soziologe die Debatte um den Wolf sehe. Ich spreche weder Romanisch noch habe ich Ahnung von Wölfen, beste Voraussetzungen für qualifizierte Aussagen also. Das ist das Schöne an der Soziologie: Da alles irgendwie Gesellschaft ist, traut man ihr als wahrscheinlich einzige Wissenschaft zu, zu allem etwas zu sagen zu haben. Psychologen glauben das von sich übrigens auch, darum sind Psychologen die Erzfeinde der Soziologen. Ausserdem glauben Psychologen, der Mensch sei von Natur aus pervers, doch wir Soziologen wissen, er wird es erst durch die Gesellschaft.

Auch die Lieblingsbündnerin an meiner Seite hat grosses Vertrauen in den Lieblingssoziologen an ihrer Seite. Neulich hat sie mich gefragt, was ich von der 5G-Technik halte. Die Frage ist berechtigt: In Chur stehen gemäss dieser Zeitung schon 15 5G-Antennen herum. Gleichzeitig sind in Chur derzeit alle Schutzmasken ausverkauft. Aufgabe der Soziologie wäre es nun zu erforschen, ob in Chur die Schutzmasken ausverkauft sind, weil es schon 15 5G-Antennen gibt. Wenn man für dieses tolle Forschungsprojekt noch Bundessubventionen für die Förderung des Romanischen abgreifen wollte, könnte man auch untersuchen, ob Romanen mit Angst vor Wölfen eher zur Schutzmaske greifen (sofern sie überhaupt eine bekommen). Meine Hypothese: Romanen mit Angst vor Wölfen greifen seltener zur Schutzmaske, weil sie die 5G-Technik begrüssen. Denn ein schnelles Internet ermöglicht es ihnen, sich rasch über den Wolf zu informieren, wenn sie ihm begegnen. Die Lia Rumantscha könnte dazu abklären lassen, in welchem Idiom eine Wolfsinformations-App gewünscht wird. Und ob Wölfe für Romanen eigentlich eine Gefahr sind. Wenn ja, muss zum Schutz des ohnehin nicht sehr grossen Romanenbestands sofort ein Romanenschutzhund-Programm des Bundes aufgelegt werden. Wobei auch da zu fragen wäre, in welchem Idiom der Romanenschutzhund Befehle versteht. Und in welchem er bellt.

Sie sehen: Soziologie ist wirklich sehr nützlich. Leider muss ich mich nun aber vom PC entfernen und meine Schutzmaske suchen – ich bekam nämlich gerade eine E-Mail mit Virenverdacht! Man weiss ja nie…

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