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Naturbasierter Gesundheitstourismus als neuer Trend?

Fachhochschule
Graubünden
19.07.19 - 15:16 Uhr
SHUTTERSTOCK

An der Fachhochschule Graubünden wird ausgebildet und geforscht. Über 2000 Studierende besuchen Bachelor-, Master- und Weiterbildungsstudiengänge. In diesem Blog geben Studierende, Dozierende und Mitarbeitende Einblicke in den Hochschulalltag und in Themen, welche sie gerade beschäftigen.

Von Prof. Jan Mosedale

Der Tourismus in Graubünden hat in der Vergangenheit mit Mineral- und Thermalquellen sowie dem alpinen Klima stark vom Gesundheitstourismustrend profitiert. Neue medizinische Behandlungsmethoden haben allerdings am Anfang des 20. Jahrhunderts die alpine Kur als Heilmittel verdrängt. Alpine Destinationen mussten sich touristisch neu positionieren. Ist jetzt die Zeit für eine neue Form des Gesundheitstourismus gekommen?

Intuitiv wissen wir, dass die Natur gut für unsere Gesundheit ist. Bei einer Wanderung am Wochenende tanken wir Energie für die kommende Arbeitswoche. Verschiedene wissenschaftliche Studien der letzten Jahre bestätigen diese Intuition: die Natur hat eine positive Einwirkung auf unsere geistige und körperliche Gesundheit. Unsere Umgebung, d.h. was wir sehen, hören und erleben, verändert unsere Stimmung. Diese hat dadurch Auswirkungen auf unser Stressniveau und somit auch auf unser Nerven-, Hormon- und Immunsystem. Andererseits können aber auch bestimmte natürliche Ressourcen gesundheitsfördernd wirken. Zum Beispiel zeigt eine klinische Studie, dass der Krimmler Wasserfall im Nationalpark Hohe Tauern, Österreich, eine reinigende und immunmodulierende Wirkung aufweist: beim Aufprall werden die einzelnen Wassermoleküle in negativ geladene, lungengängige, nanometergrosse Wasserfragmente geteilt, die durch ihre geringe Grösse besonders tief in die Atemwege eindringen können. Dadurch werden die Atemwege gereinigt, Allergie und Asthmasymptome abgeschwächt, bzw. beseitigt und allergische Entzündungen nachhaltig gelindert.

Auf der einen Seite steht somit die positive Wirkung der Natur auf unsere Gesundheit. Auf der anderen Seite ist eine dramatische Zunahme von Zivilisationserkrankungen erkennbar, welche durch eine steigende Urbanisierung und einem veränderten Lebensstil (Fehlernährung, Stress,  Bewegungsmangel) hervorgerufen werden. Aktivitäten in freier Natur sind und werden zu einem immer wichtigeren Aspekt einer gesunden Lebensweise. Ein stark wachsendes Segment in der Gesellschaft sind sogenannte LOHAS (Lifestyle of health and sustainability): sie sind qualitätsorientiert, gesundheitsbewusst und möchten negative Auswirkungen ihres Konsumverhaltens auf die Umwelt und Gesellschaft minimieren.

Die HTW Chur hat in einem von der EU teilfinanzierten Vorprojekt anhand einer explorativen, nicht-repräsentativen Erhebung herausgefunden, dass 92% der Befragten die Alpen als ein gutes Urlaubsziel für einen Gesundheits-Aufenthalt erachten. Ein gesundheitlicher Nutzen wird vor allem der frischen Luft (96%), alpinen Gewässern (88%) und der alpinen Landschaft (85%) zugesprochen. Interesse an naturbasierten gesundheitstouristischen Produkten besteht also. Auch im Gesundheitssystem kommt es langsam zu einem Umdenken. So erlaubt die Gesundheitsbehörde der Shetland Inseln seit letztem Jahr Ärzten sogenannte «Naturrezepte» unter anderem für psychische Erkrankungen, Diabetes, Herzerkrankungen, Stress und weiteren Erkrankungen zu verschreiben.

Graubünden erfüllt durch seine einzigartige Natur, sein kulturelles Erbe, das gesunde Klima und die lange Tourismustradition wichtige Grundvoraussetzungen, um von diesem Trend zu profitieren. Als Nachfolgeprojekt ist ein Team der HTW Chur Teil eines Interreg Alpine Space Antrags, um im Kanton naturbasierte, gesundheitstouristische Produkte zu entwickeln.

Prof. Jan Mosedale arbeitet als Dozent, ist Studienleiter des Masterangebots Tourism und Projektleiter am Institut für Tourismus und Freizeit (ITF).

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