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Miteinander oder gegeneinander – Probleme lösen oder Fronten aufbauen?

Mit Befremden habe ich die verschiedenen Artikel von Frau Hassler zum Thema Kritik am Bildungszentrum Gesundheit und Soziales gelesen und möchte aus Sicht einer Ausbildungsverantwortlichen in einem Pflege- und Altersheim dazu Stellung nehmen.
Wir leben in einer Zeit, wo es immer schwieriger wird genügend gut ausgebildetes Pflegepersonal zu rekrutieren und die offenen Stellen zu besetzen. Und Frau Hassler, in einer Langzeitinstitution genügt es nicht «viel Gutes zu tun». Waren Sie schon einmal in einem Alters- und Pflegeheim? Wissen Sie mit welchen Situationen, komplexen Krankheitsbildern und anspruchsvollen Betreuungsaufgaben wir es zu tun haben? Um diesen Menschen und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, braucht es ein aktuelles und breitgefächertes Fachwissen. Und ja, die Arbeit in einem Pflegeheim ist psychisch und körperlich anspruchsvoll, für alle MitarbeiterInnen von der Raumpflege über die Pflegehilfe bis zur dipl. Fachperson, auch für Praktikantinnen, Lernende und Studierende. Wenn man das Gefühl hat zu wenig zu verdienen und ausgenutzt zu werden gibt es eine Gewerkschaft und eine Ombudsstelle. Die Löhne sind soweit ich das beurteilen kann geregelt und nicht einfach willkürlich.
Und jetzt zum BGS: Seit vielen Jahren schätze ich die Zusammenarbeit mit der Institution, im Besonderen mit den verschiedenen Lehrpersonen. Gemeinsam suchen wir z.B. Lösungen, wenn es bei einzelnen Lernenden im schulischen Bereich Probleme gibt. Wir sind in persönlichen Kontakt oder im Austausch an den verschiedenen Foren. Das BGS als 2. Lernort ist ein unverzichtbarer Partner in der dualen Berufsausbildung der Sekundarstufe 2 wie auch in der tertiären Ausbildung und leistet gute Arbeit. Ich denke es ist allen im Artikel Aufgeführten (Politik, Regierung, Spitex-Verband) klar, dass die Praxis alleine keine Ausbildung gewährleisten kann. Deshalb ist der Satz „Jetzt will man (der Spitex-Verband und die Langzeit-Institutionen) das Personal selber ausbilden, statt es dem hochangesehenen BGS zu überlassen ziemlich «daneben».
Um den am Anfang erwähnten Mangel an Pflegepersonal anzugehen hier mein Votum:
Es geht nur gemeinsam indem alle zusammen flexible Lösungen suchen und das heisst:
- einander als gleichwertige Partner ansehen. Ein Akutspital, ein Pflegeheim, eine Spitex usw. haben zwar unterschiedliche Schwerpunkte, sind aber alle HF-würdige Ausbildungsstätten, diese Sicht erwarte ich von einem Bildungszentrum.
- ein zwei Mal jährlich beginnender HF-Studiengang
- ein Ende der freien Praktikumsortwahl für Studierende, damit alle die diesen Beruf erlernen möchten dies auch im Kanton Graubünden tun können.
- sowohl das Schulorts- wie auch das Lehrortsprinzip anbieten, was übrigens bereits in einem Pilotprojekt mit der Direktanstellung so möglich ist.
- aufhören mit dem beleidigt sein und raus aus der «sein eigenes Gärtli pflegen-Mentalität».

Wir brauchen mehr denn je ein gesundes und attraktives Berufsimage für unseren Nachwuchs und alle im Gesundheitswesen in irgendeiner Form Tätigen, wie auch für diejenigen Menschen, welche auf diese Dienstleistungen angewiesen sind.

Annemarie Hänni
Ausbildungsverantwortliche Pflege und Betreuung
Evang. Pflege- und Altersheim Thusis

Annemarie Hänni
10.10.19 - 10:55 Uhr
Leserbrief
Ort:
Thusis
Zum Artikel:
Massiver Druck auf Gesundheitsschule, Ausgabe Südostschweiz GR, 9.10.2019
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Danke Frau Hänni für diese differenzierte Sichtweise. Der Bericht und der einseitige Kommentar von Frau Hassler hat uns vom Spitexverband wie auch von den Basisorganisstionen sehr befremdet. Diese Art des Journalismus trägt nicht zur Lösung dieses ernst zu nehmenden Themas bei. Fakt ist, dass Vertreterinnen und Vertreter von Spitex, Heimen und Spitälern, ja selbst die Bündner Regierung, Handlungsbedarf beim BGS sehen. Die Kommentare auf Facebook sind ebenfalls eindeutig. Ich verstehe es wirklich nicht, wie man als Tageszeitung von Graubünden seiner Verantwortung nicht besser nachkommt. Da wäre auch Handlungsbedarf angesagt...