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«Schweizer Polizeibeamtenverband hat ein Rassismusproblem»

Ein Flimser Polizist heisst genau gleich wie ein deutscher Generalfeldmarschall aus der Zeit des Nationalsozialismus - und er kokettierte mutmasslich damit. Der Schweizer Rechtssoziologe Tarek Naguib sieht unabhängig vom Flimser Fall ein generelles Rassismusproblem im Verband Schweizerischer Polizei-Beamter.

Südostschweiz
18.04.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Die umstrittenen Profilbilder eines Flimser Gemeindepolizisten lösten eine Rassismus-Debatte aus.
Die umstrittenen Profilbilder eines Flimser Gemeindepolizisten lösten eine Rassismus-Debatte aus.
SCREENSHOTS FACEBOOK

Der Fall Erwin Rommel schlug hohe Wellen. Ein Flimser Gemeindepolizist, seines Zeichens Mitglied des Zentralvorstandes des Schweizerischen Polizeibeamtenverbandes, kokettierte mutmasslich öffentlich auf Facebook mit seinem berühmt-berüchtigten Namensvetter. Rommels Profilbild zierte zum Beispiel nicht ganz zufällig das Bild eines Wüstenfuchs in Anlehnung an den deutschen Generalfeldmarschall zu Zeiten des Nationalsozialismus.

Für Tarek Naguib, Jurist mit Schwerpunkt Antidiskriminierungsrecht, wird im Fall des Bündner Polizisten Erwin Rommel ziemlich offensichtlich, dass er mit rassistischem Gedankengut sympathisiere. «Wer sich mit Stolz mit einem Nationalsozialisten in Beziehung setzt, der verharmlost das rassistische Gedankengut», so Naguib. Und: Eine Person, die mit rassistischem Gedankengut sympathisiere, sei in einer Polizeifunktion am falschen Ort. «Ein Polizist hat die Aufgabe, die Sicherheit, Grund- und Menschenrechte in der Schweiz zu gewährleisten.

Kritik am Polizeibeamtenverband

Der Schweizerische Polizeibeamtenverband hält sich weiterhin bedeckt. Er will sich zum Fall nicht weiter äussern. In einer ersten Stellungnahme hiess es lediglich, dass der Verband keine urteilende Behörde sei. «Wenn eine Polizistin oder ein Polizist effektiv gegen Regeln verstösst, ist es Sache der Justiz, sich damit zu befassen.»

«Dass sich die Verbandsspitze ohne interne Abklärungen gegenüber den Medien in einer gewissen Zurückhaltung übt, kann ich nachvollziehen», sagt Naguib. Hingegen sei der Verband im weiteren Verlauf verpflichtet, einem derartigen Vorwurf sorgfältig nachzugehen. Umso mehr, wenn ein Spitzenbeamter einer Polizeigewerkschaft signalisiere, dass er es in Ordnung finde, mit rassistischem Gedankengut zu sympathisieren.

Der Schweizerische Polizistenverband sei dahingehend nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren passiv aufgefallen. «Es gibt immer wieder Kritik von zivilgesellschaftlichen Akteuren wegen rassistischen Polizeikontrollen.» Zwei Studien, die demnächst erscheinen, würden aufzeigen, dass die Polizei durchaus ein Problem mit rassistisch motivierten Kontrollen habe. Und weiter: «Der Verband hat insofern ein Rassismusproblem, als dass er die Problematik von strukturellem und institutionellem Rassismus in der Schweizer Polizei und Gesellschaft negiert.»

Der Schweizerische Polizeiverband sei gut beraten, den Fall nicht «auszusitzen». «Wenn er dies macht, signalisiert er an die eigenen Polizistinnen und Polizisten schweizweit: Rassismus wird toleriert», so Naguib. «Ein unglaublich fatales Zeichen für die Gesellschaft insgesamt.»

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