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Heinz Strunk schreibt Liebesroman - und bleibt sich trotzdem treu

Hat Heinz Strunk plötzlich die Seiten gewechselt? Weg von den eher düsteren Beschreibungen meist trister Lebensrealitäten, hin zu lockerleichten, rosaroten Liebesgeschichten? Obwohl das neue Werk des Hamburgers ein Liebesroman ist, können die Fans seiner Kunst beruhigt sein: Heinz Strunk bleibt sich treu und wechselt nicht zu sonnigen, blumigen Geschichten. «Das würde, glaube ich, nicht meine Spezialität sein», sagte der 59-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Das Buch «Es ist immer so schön mit dir» beschreibt eine katastrophale Liebe.

Agentur
sda
20.07.21 - 13:23 Uhr
Kultur
PRODUKTION - Autor Heinz Strunk Foto: Marcus Brandt/dpa
PRODUKTION - Autor Heinz Strunk Foto: Marcus Brandt/dpa
Keystone/dpa/Marcus Brandt

Im Mittelpunkt des im Hamburger Rowohlt-Verlag erschienenen Romans steht ein einst aufstrebender Musiker, dem der nachhaltige Erfolg allerdings nicht gelungen ist. Stattdessen hält er sich nun mit seinem Ein-Mann-Tonstudio über Wasser. Der Roman sei deshalb durchaus in diesem Nebenstrang eine Art Mini-Fortsetzung von «Fleisch ist mein Gemüse», sagt Strunk dazu.

Doch es geht weniger um die Karriere als Musiker, die ist ja auch tot. Stattdessen sind Beziehungen zu Frauen nun die neue Herausforderung, die der Protagonist in seinen 40ern aber auch nur so mässig meistert. Seine langjährige Beziehung zu Julia langweilt ihn so sehr wie er sich auch selbst langweilt.

Und dann taucht plötzlich Vanessa auf. Deutlich jünger, dünner und irgendwie total anders. Er ist fasziniert, überfordert und kann dennoch nicht loslassen. Also verstrickt er sich mit ihr in eine durchaus ungesunde Beziehung voller Zweifel, Machtspiele, Unterwürfigkeit, Sehnsucht, Abscheu, unerwartetem Glück und der totalen Zerrissenheit zwischen all diesen Seiten.

Dabei spart Strunk nicht mit den für ihn üblichen Beschreibungen der Menschen, der Räume, der Gefühle und der dazugehörigen abgründigen Gedanken. Die sind vor allem düster, unschön bis hässlich und meist recht beklemmend. «Eigentlich ist meine Sicht auf die Menschen gar nicht so schlecht, sondern realistisch», sagt Strunk auf die Frage, ob er Menschen vielleicht nicht so recht mag. Auch seine Grundeinstellung zum Leben sei nicht grundsätzlich negativ. «Obwohl ich ein grundsätzlich eher schwermütigeres Naturell habe, bin ich aber kein Pessimist», sagt der Schriftsteller beim Interview in seiner Wohnung.

«Es ist immer so schön mit dir» sollte nun eine neue Seite von Heinz Strunk zeigen. «Ich mache ja mit jedem Buch irgendwie ein neues Fass auf», so der 59-Jährige. Und mit dem Liebesroman wollte er «dem unendlichen Kanon der Liebesgeschichten im weitesten Sinne irgendwie eine Facette hinzuzufügen, die es so vielleicht noch nicht gegeben hat». Schweigen, Ohnmacht, Verzweiflung und ewige Leidensverlängerung - er wollte das Innenleben einer Beziehung erzählen, das gar nicht so unüblich sei.

Zum Teil habe auch dieses Buch wieder biografische Züge. Aber eben nicht alles. «Das ist im Grunde das komprimierte Erleben aus 40 Jahren Liebesleben und Beziehung.» Bis 2012 habe er sich für seine Bücher noch aus seinem biografischen Fundus bedient. «Die Erlebnisdichte meines Lebens ist nicht sonderlich hoch. Da muss man dann eben auch in der Lage sein, das zu fiktionalisieren; sich was auszudenken.» Auch die Frauen in seinem Roman haben deshalb keine konkrete Frau zum Vorbild. «Sie sind die Summe aus vielen.»

2014 hatte er bereits die erste Fassung des Buches geschrieben. Dann hielten ihn andere Projekte wie zum Beispiel Fatih Akins Verfilmung seines zuvor veröffentlichten Buches «Der goldene Handschuh» davon ab. Erst 2018 hat er sich an die Bearbeitung der Rohfassung gesetzt - mit der für ihn üblichen, disziplinierten Herangehensweise. «Ich stelle mir immer meinen digitalen Eierwecker. Der steht gerade auf genau 61 Minuten. Und verordne mir genau vier Arbeitseinheiten à eine Stunde, wenn ich im Schreibmodus bin», sagt Strunk. Dabei schreibe er am liebsten am Laptop in seinem braunen Wohnzimmersessel seiner Wohnung in Hamburg-Altona.

Herausgekommen ist ein Liebesroman, der anders ist und der zu Strunk passt. Das Lesen tut wie immer emotional durchaus weh und die gesamte Zeit über droht das Unheil auf den folgenden Seiten. So mancher Dreh, manche Beschreibung scheint in «Es ist immer so schön mit dir» zu viel zu sein. Und doch spürt man dadurch das verlängerte Leiden des mittelmässigen Musikers besonders gut. Und freut sich beim Zuklappen des Buches vielleicht einmal mehr, dass man es doch eigentlich ganz gut hat.

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