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Mehr bezahlbarer Wohnraum

Die Initiative des Mieterverbandes möchte, dass 10% der in Zukunft neu zu erstellenden Wohnungen von gemeinnützigen Wohnbauträgern realisiert werden. Die gemeinnützigen Wohnbauträger, allen voran die Genossenschaften, zielen nicht auf eine möglichst hohe Rendite, sondern wollen nur die Kosten gedeckt haben. Langfristig sind die Mieten deshalb rund 20% tiefer. Weil die Genossenschaften keinen Gewinn anhäufen, sind sie beim Erwerb von Bauland weniger potent als kommerzielle Vermieter, welche in den letzten Jahren unglaubliche Gewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter erzielt haben. Um dieses Ungleichgewicht am Markt etwas zu lindern, räumt die Initiative der öffentlichen Hand ein Vorkaufsrecht für Grundstücke ein, mit dem Ziel, diese Landkäufe den Genossenschaften im Baurecht abzugeben. Selbstverständlich gegen einen Baurechtszins. Mit der Annahme der Initiative profitieren alle: Die Mieter, weil sie tiefere Mieten bezahlen, die Genossenschaften, weil sie mehr Chancen gegen die finanzstarken Immobilienakteure erhalten und die öffentliche Hand, weil sie an den Baurechtszinsen Geld verdient. Nur die fetten Gewinne der Immobilienbranche werden ein wenig geschmälert. Das ist wohl auch der Grund, weshalb sie mit grossem Geschütz Unwahrheiten verbreitet. Falsch ist, dass die Initiative in den Hotspots Zürich, Basel, Genf, etc. nichts nütze, weil z.B. in Zürich bereits 25% der Wohnungen im Besitz der Genossenschaften sei. Aber darum geht es gar nicht. Es geht nicht um den Bestand, sondern um die Neubauten. Da schadet es keiner Gegend, wenn 10% davon mit vernünftigen Preisen vermietet werden. Falsch ist auch, dass die Initiative gar nicht mehr nötig sei, weil die Leerwohnungsziffer in den letzten Jahren gestiegen sei. Die Initiative führt eine Prozentzahl ein. Braucht es in einigen Regionen weniger Wohnungen, müssen wegen der Initiative nicht mehr gebaut werden. 10% von wenig Neubauten sind dann eben auch weniger als dort, wo die Nachfrage gross ist. Aber von den neu gebauten soll jede zehnte mit vernünftigen Preisen vermietet werden. Völlig an den Haaren herbeigezogen ist die Behauptung, die Initiative führe die Planwirtschaft ein. Die Initiative gibt dem Staat nicht das Recht, auch nur eine einzige Wohnung zusätzlich zu bauen, oder eine nicht zu bauen. Wo da die Planwirtschaft geortet wird, ist mir schlicht schleierhaft. Die Mieterverbands-Initiative ist sehr moderat und nur ein bescheidenes Korrektivum zu den unverschämten Renditen im Immobilienmarkt. Deshalb lege ich ein völlig überzeugtes Ja in die Urne.

Hugo Wehrli
17.01.20 - 17:57 Uhr
Leserbrief
Ort:
St.Gallen
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Herr Wehrli, Ihren Leserbrief habe ich mit Interesse gelesen. Ich finde darin absolut plausible Gründe um ein überzeugtes „Ja“ in die Urne zu legen. (Was ich ohnehin getan hätte). Die vielen übergrossen Nein-Plakate mit unglaubwürdigen Schlagwörtern wecken den Verdacht, dass hier finanzkräftige Immobilienbesitzer Angst um ihre „Pfründe“ haben. Dies sollte eigentlich dem aufmerksamen, nicht zu dieser Elite gehörenden Stimmbürger, einleuchten.