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Slowakei erinnert an 100 Jahre Unabhängigkeit von Ungarn

Nationale Tragödie oder Befreiung? Die Slowakei und Ungarn haben des Friedensvertrags von Trianon vor 100 Jahren gedacht.

Agentur
sda
04.06.20 - 16:14 Uhr
Politik
Boris Kollar (r), Parlamentspräsident des Nationalrats der Slowakei, bei der Kranzniederlegung im Rahmen der Feierlichkeiten des Friedensvertrag von Trianon vor 100 Jahren. Foto: Jaroslav Novák/TASR/dpa
Boris Kollar (r), Parlamentspräsident des Nationalrats der Slowakei, bei der Kranzniederlegung im Rahmen der Feierlichkeiten des Friedensvertrag von Trianon vor 100 Jahren. Foto: Jaroslav Novák/TASR/dpa
Keystone/TASR/Jaroslav Novák

Der am 4. Juni 1920 unterzeichnete Vertrag zwischen den Siegermächten des Ersten Weltkriegs und Ungarn brachte den Slowaken erstmals eine nationale Unabhängigkeit. Sie lösten sich nach rund 1000 Jahren vom Königreich Ungarn und bildeten mit den vorher zum österreichischen Teil der Habsburgermonarchie Österreich-Ungarn gehörenden Tschechen einen gemeinsamen Staat, die Tschechoslowakei. Von vielen Ungarn wird der Verlust zahlreicher Territorien bis heute als Trauma empfunden.

100 Jahre nach dem Vertrag sollten sich die Slowakei und Ungarn bei der gemeinsamen Aufarbeitung ihrer Geschichte ein Beispiel an Deutschland und Frankreich nehmen, forderte der sozialdemokratische Parlamentsvizepräsident Peter Pellegrini während einer im Freien abgehaltenen Festzeremonie in Bratislava.

Auch der rechtspopulistische Parlamentspräsident Boris Kollar betonte, angesichts der gegenwärtig sehr guten Beziehungen zwischen Ungarn und der Slowakei sei es an der Zeit, auch die Vergangenheit nicht mehr als trennend zu bewerten.

Die in Budapest dominierende Geschichtsdarstellung sieht den Vertrag von Trianon als nationale Tragödie, weil Ungarn damit einen grossen Teil seines Reichsgebiets verlor und Millionen Ungarn zu Minderheiten in den neu entstandenen Nachbarländern wurden. Für slowakische Historiker hingegen bedeutet Trianon eine Befreiung aus ungarischer Unterdrückung.

In Ungarn waren zum 100. Jahrestag wegen der Corona-Pandemie keine Grossveranstaltungen geplant. Gegenüber dem Parlament lässt die Regierung von Viktor Orban ein monumentales Mahnmal errichten - einen 100 Meter langen, begehbaren Graben. In seine Wände sind die Namen von 12537 Ortschaften eingraviert, die einst zum «historischen» Ungarn gehörten.

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