×

Geht die «Goldene Gans»? Allianz zwischen Trump und Fox bröckelt

Es war nicht das erste Mal, dass Donald Trump seinen Lieblingssender Fox News kritisierte.

Agentur
sda
13.11.20 - 12:17 Uhr
Politik
ARCHIV - Donald Trump (l), Präsident der USA, spricht während einer Fernsehaufzeichnung mit dem US-Sender Fox News im Lincoln Memorial. Aufstieg und Präsidentschaft Trumps waren beispiellos eng an den TV-Sender Fox News gekettet. Nach seiner…
ARCHIV - Donald Trump (l), Präsident der USA, spricht während einer Fernsehaufzeichnung mit dem US-Sender Fox News im Lincoln Memorial. Aufstieg und Präsidentschaft Trumps waren beispiellos eng an den TV-Sender Fox News gekettet. Nach seiner…
Keystone/AP/Evan Vucci

Doch am Donnerstag holte er auf Twitter zu einem Schlag gegen den konservativen Kanal aus, der das Ende der wohl mächtigsten Allianz zwischen dem Weissen Haus und einem Medium in der jüngeren US-Geschichte andeutet.

«Die Einschaltquoten sind völlig zusammengebrochen. Tagsüber am Wochenende noch schlimmer. Sehr traurig, das zu sehen, aber sie haben vergessen, was sie erfolgreich gemacht hat, was sie dorthin gebracht hat. Sie haben die Goldene Gans vergessen. Der grösste Unterschied zwischen der Wahl 2016 und 2020 war Fox News», schrieb Trump bei Twitter. Mit der Goldenen Gans meinte er offensichtlich sich selbst - als Quotenmagnet für den konservativen Nachrichtensender des Medien-Moguls Rupert Murdoch.

Trump ist wütend auf Fox News, jenen Sender, der in den letzten Jahren treu zu ihm gehalten hatte. Denn der Kanal erkennt Joe Bidens Wahlsieg an und behandelt Trumps unbelegte Behauptungen über Wahlbetrug zumindest in den Sendungen tagsüber kritisch. Trumps Rache: Er verbreitete am Donnerstag auf Twitter eine Reihe von Botschaften unbekannter Nutzer, die sich enttäuscht zeigten. Eine davon lautete: «Fox News ist tot».

Donald Trump und Fox News - das ist ein Bündnis, das Jahre vor dem sensationellen Einzug des Immobilien-Magnaten ins Weisse Haus begann. Schon 2011 rief er als fester Teil der Morning-Show «Fox and Friends» immer montags durch. Als Kandidat fürs Weisse Haus bekam er nicht nur wohlwollende Berichte, sondern auch viele ungefilterte Interviews.

Murdoch - dem auch eine Reihe weiterer Fox-Sender sowie die Zeitungen «Wall Street Journal» und «New York Post» gehören - soll ihn zwar persönlich nicht sonderlich gemocht haben, wie viele Beobachter der Szene beschrieben. Doch er sah in Trump die historische Chance, seine Macht bis ins Innerste des Weissen Hauses auszudehnen.

Der Plan ging auf, Fox News wurde mehr als nur ein Nachrichtensender. Trumps Unwahrheiten gab er mehr Raum als andere grosse Kanäle. Die Meinungssendungen am Abend wurden mit Trump-freundlichen Moderatoren besetzt. Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham bezeichnet Trump als seine «Freunde» - sie liefern Tag für Tag ein huldigendes Programm, das an Regierungspropaganda erinnert.

In seinem Buch «Hoax» beschreibt der Medienjournalist des Senders CNN - der ausgesprochen kritisch über den Präsidenten berichtet - die mannigfaltigen Verknüpfungen zwischen der Trump-Regierung und Fox News. Der Kanal sei eine «Propagandamaschine, wie sie die Vereinigten Staaten nie zuvor gesehen hatten», schreibt Brian Stelter. Und eine Echokammer: Trump bezog Ideen für seine Politik aus den Sendungen, die dann lobend über seine Politik berichten. Laut einer Umfrage vom Mai 2019 genoss Trump bei Fox-News-Konsumenten eine deutlich höhere Zustimmung für seine Arbeit als bei Zuschauern anderer Sender

Stelter stellt Sean Hannity als einen der wichtigsten Ratgeber Trumps während seiner Präsidentschaft dar. Er soll Einfluss auf Personal- und Richtungsentscheidungen gehabt haben. Dabei ist Hannity nicht der Einzige im Ohr des Präsidenten: Einen geplanten Angriff auf den Iran, der zu einem Krieg hätte führen können, soll Trump übereinstimmenden Berichten zufolge auch wegen Tucker Carlson abgesagt haben. Dieser hatte in seiner Sendung zuvor für Zurückhaltung geworben.

Hinter den Kulissen von Fox News stehen sich zwei Lager gegenüber: Die Mitarbeiter der Meinungsshows und die Nachrichten-Journalisten wie zum Beispiel Chris Wallace, der auch das erste TV-Duell zwischen Trump und Biden moderierte. Letztere waren Stelter zufolge während der Präsidentschaft zunehmend frustriert von der Schlagseite, die der Sender durch die Kommentatoren bekommen hatte.

Bei der US-Wahl dann schlug die Stunde der News-Reporter und unabhängigen Daten-Analysten des Kanals. In der Wahlnacht rief der Sender den «Swing State» Arizona früh für Biden aus. Nach Darstellung der «New York Times» ein Schock für das Trump-Team. Präsidenten-Schwiegersohn Jared Kushner habe Murdoch angerufen und versucht, den Sender zum Rückzug zu bewegen - vergeblich.

Als Biden dann die notwendigen 270 Stimmen des Wahlkollegiums zusammen hatte, nannte der Sender Biden den «gewählten Präsidenten». Fox News-Reporter Eric Shawn erlangte Aufmerksamkeit, als er zu einer Behauptung des Trump-Teams über angebliche Unregelmässigkeiten bei der Wahl sagte: «Das stimmt nicht. Das stimmt nicht. Das stimmt einfach nicht.» Und Moderator Neil Cavuto schaltete von einer Pressekonferenz mit einer Trump-Sprecherin zum selben Thema nach wenigen Augenblicken weg. Seine Begründung: «Wenn sie nicht mehr Details hat, um das zu belegen, kann ich Ihnen das nicht mit gutem Gewissen weiter zeigen.»

Nicht nur Trump hat das verärgert, sondern auch einige seiner Unterstützer, die Fox nun Verrat am Präsidenten vorwerfen und zu kleineren TV-Sendern wie OANN (One America News Network) oder Newsmax wechseln wollen. Diese verzerren die Wahrheit regelmässig bis zur Unkenntlichkeit. Die Quoten von Newsmax sind in den vergangenen Tagen bereits um ein Vielfaches gestiegen. Dazu gratulierte Trump Newsmax-Chef Christopher Ruddy dessen Aussagen zufolge persönlich in einem Anruf aus dem Oval Office.

Trump hatte immer wieder damit gedroht, dass Mainstream-Medien, die negativ über ihn berichten, nach seinem Abgang bitterlich leiden würden - tatsächlich haben US-Medien wie Fox News oder auch die «New York Times» wegen Trump Abonnenten und Zuschauer gewonnen. Im politischen Überlebenskampf könnte der scheidende Präsident sich nun von seinem Sender abwenden.

Doch wie gehts dann weiter? «Trump will die Kontrolle», zitiert Journalist Stelter einen Informanten in seinem kurz vor der Wahl erschienenen Buch. «Er will Trump TV». Sein eigenes Medien-Imperium. Trump könnte demnach bald als Gegner Murdochs um die Gunst der Zuschauer buhlen, mit vielen Sendestunden nur für seine Sicht auf die Welt, direkt aus seinem Domizil Mar-a-Lago in Florida - womöglich mit Shows für seine Kinder Ivanka, Eric und Don Junior. «Trump ist wie Fox's Frankenstein», zitiert Stelter eine andere Quelle. «Sie halfen dabei, ihn zu erschaffen, und er ist ausser Kontrolle.»

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR