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Candinas: «Ich freue mich, habe aber auch Respekt»

Der Berner SVP-Politiker Andreas Aebi ist neuer Präsident des Nationalrats und damit höchster Schweizer. Mit dem CVP-Politiker Martin Candinas dürfte 2023 dann ein Bündner übernehmen. Wir konnten mit Candinas nach seiner Wahl ein Interview führen.

Südostschweiz
30.11.20 - 16:04 Uhr
Politik

Der Berner SVP-Politiker Andreas Aebi ist neuer Präsident des Nationalrates und damit höchster Schweizer. Er wurde am Montag mit 178 von 183 gültigen Stimmen gewählt. Im Vergleich zum langjährigen Mittel ist das ein überdurchschnittliches Resultat.

Dass der 62-jährige Aebi nun Nationalratspräsident ist, ist der Nichtwiederwahl des Bündner Nationalrats Heinz Brand vor einem Jahr geschuldet. Im September 2018 hatte die SVP-Fraktion nämlich Brand zum Kandidaten fürs zweite Vizepräsidium der grossen Kammer bestimmt und er wäre damit dieses Jahr für das Amt an der Reihe gewesen.

Mitmischen tut aber trotzdem ein Bündner. Zum neuen zweiten Vizepräsidenten wählte der Nationalrat am Montag den 40-jährigen Martin Candinas (CVP), mit 154 von 170 gültigen Stimmen. Candinas ist seit 2011 Nationalrat und ein Vertreter der Romanischsprachigen. Die Wahl bedeutet für Candinas voraussichtlich, dass er 2023 das Zepter als Präsident übernehmen und damit höchster Schweizer wird. Denn turnusgemäss übernimmt dann die Mitte-Fraktion den Vorsitz der grossen Kammer. Doch so weit ist es für Candinas noch nicht, wie dieser kurz nach seiner Wahl im Interview sagte:

Martin Candinas, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl als zweiter Vizepräsident des Nationalrates.

Danke. Ich bin einfach froh und dankbar, dass meine Partei und meine Fraktion mir das ermöglicht hat. Und natürlich, dass meine Kolleginnen und Kollegen diese Wahl vorgenommen haben. Nun kann ich als zweiter Vizepräsident lernen, wie man den Nationalrat führt. Darauf freue ich mich riesig und ich hoffe, in zwei Jahren das Nationalratspräsidium übernehmen zu können.»

«Ich habe aber auch Respekt vor den anstehenden Aufgaben.»

Sie sind 35 Jahre nach Martin Bundi (SP) wieder ein Bündner, der den Nationalrat führen wird. Ist das für Sie speziell?

Als die Anfrage gestellt wurde, wollte ich in diesem internen Kampf nominiert und gewählt werden. Jetzt freue ich mich, dieses Amt antreten zu können. Ich habe aber auch Respekt vor den anstehenden Aufgaben. Ich gehe davon aus, dass ich in zwei Jahren für das Präsidium bereit bin.

Nach einer zweijährigen Lehre, wie Sie es nennen, gilt es ernst. Das dauert noch ein Weilchen.

Erst vor drei Monaten machte ich mir Gedanken, ob ich mich bewerben soll. Ich musste meinen Platz räumen, nun sitze ich vorne im Ratssaal. Und der Präsident sagte mir am Montag, dass ich als zweiter Vizepräsident schon in dieser Session den Rat einmal führen darf. So gesehen ist das Präsidium zwar noch weit weg – aber doch auch sehr nah.

«Es freut mich für Graubünden.»

Was sind Ihre Ziele während Ihrer Zeit bis zum Präsidium und während des Präsidiums?

Es ist etwas Besonderes. Es freut mich für Graubünden und ehrt mich. Wichtig ist aber nicht meine Person, sondern der Kanton Graubünden und die rätoromanische Sprache. Das war für mich eine Motivation. Durch dieses Amt kann Rätoromanisch im Nationalrat präsenter und noch stärker wahrgenommen werden in der nationalen Politik.

Was ist denn nun Ihre Aufgabe?

Den zweiten Vizepräsidenten spürt man nur, wenn der Präsident und der erste Vizepräsident verhindert sind. Ich habe eine Vorlaufzeit. Und diese Zeit nehme ich mir auch.

Und was für einen Martin Candinas wird der Nationalrat in den kommenden zwei Jahren erleben?

Ich nehme mir die Freiheit, zugunsten der ländlichen Gegenden und der sprachlichen Minderheiten kräftig weiter zu politisieren.

Die Aufgabe des Ratspräsidenten
Der Ratspräsident leitet die Verhandlungen des Rats, legt im Rahmen der Sessionsplanung des Büros die Tagesordnung fest, leitet das Ratsbüro und vertritt den Rat nach aussen.

In der Regel äussern sich Ratspräsidenten und -präsidentinnen nicht zur Sache und stimmen nur dann mit, wenn die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes Rates erforderlich ist. Bei Stimmengleichheit fällt er oder sie den Stichentscheid.

Neue erste Vizepräsidentin des Nationalrats ist die Aargauerin Irène Kälin (Grüne). Sie wurde mit 137 von 168 gültigen Stimmen gewählt. Die 33-Jährige ist seit 2017 Mitglied des Nationalrats und übernimmt das Ratspräsidium voraussichtlich in einem Jahr von Aebi, für das Jahr 2022. Zur Mitte-Fraktion gehören neben der CVP die EVP und die BDP. (so/sda)

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